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Landschnecken

Gastropoda Cuvier, 1795

 

 
Bezeichnung Artenzahl Prozent
Gastropoda ca. 65.000 - 80.000 ~ 76%
Bivalvia ca. 20.000 ~ 21%
Cephalopoda ca. 900 ~ 1%
Scaphopoda ca. 900 ~ 1%
Monoplacophora ca. 25 < 1%
Polyplacophora ca. 1.000 ~ 1%
Solenogastres ca. 300 < 1%
Caudofoveata ca. 150 < 1%
Mollusca ca. 85.000 - 100.000  
 


Diagramm: Vergrößerte Darstellung!
  Artenzahlen der Mollusca, verteilt auf Untergruppen, prozentual. Quellen: WoRMS: MolluscaBase eds. (2025): Mollusca LINNAEUS, 1758.
Inhalt

Einleitung

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Bauchige Zwerghornschnecke (Carychium minimum): Arcata, CA, USA.
Bild: Alex Bairstow (iNaturalist).
 
Die Weichtiere (Mollusca) sind mit heute geschätzten 85.000 bis 100.000 Arten der zweitgrößte rezente Tierstamm nach den Gliederfüßern (Arthropoda). Etwa 65.000 bis 80.000 Arten davon sind Schnecken (Gastropoda).

Wie kam es zu diesem unverhältnismäßig großen Artenreichtum innerhalb der Schnecken? Die Grundlage dafür liegt darin, dass die Schnecken neben den Muscheln (Bivalvia) die einzige Teilgruppe der Weichtiere sind, die nicht nur im Meer, sondern auch im Süßwasser leben. Und von allen Weichtieren ist es nur den Schnecken als einzige gelungen, das trockene Land zu besiedeln.

Im Gegensatz zu den Lebensräumen der Ozeane sind die Lebensräume an Land sehr viel unterschiedlicher und vielseitiger. Die vielfältigen Anpassungen, die es den Schnecken erlaubten, auf der Erde fast alle terrestrischen Lebensräume zu besiedeln, führten zu einer wahren Explosion an Artenvielfalt, die erklärt, warum es sehr viel mehr Schneckenarten als Arten anderer Weichtiere auf der Erde gibt.

 
Westliche Heideschnecke (Helicella itala): Asturias, Spanien.
Bild: Miguel A. Casado (iNaturalist).
Die Besiedlung des trockenen Landes hat aber im Verlauf der stammesgeschichtlichen Entwicklung der Schnecken nicht nur einmal stattgefunden, sondern mehrfach, auf unterschiedlichen Wegen. Aus diesem Grund bezeichnet der Ausdruck "Landschnecken" auch nicht nur eine zusammenhängende Gruppe von Schnecken, sondern ist vielmehr ein Überbegriff für mehrere unterschiedliche Gruppen von Schnecken, die nicht notwendigerweise näher miteinander verwandt sind, sondern den unterschiedlichsten Schneckengruppen entstammen. Gemeinsam ist ihnen nur, dass sie an Land leben können. Ihre nächsten Verwandten sind oftmals entweder süßwasser- oder meereslebende Schneckengruppen.

Um außerhalb des Wassers überleben zu können, mussten die Schnecken zahlreiche Fähigkeiten entwickeln. Nachdem Schnecken, wie andere Weichtiere, keine harte oder widerstandsfähige Außenhaut besitzen, entpuppte sich das trockene Land als buchstäblich der größte Feind der Schnecken, die an Land fast ununterbrochen von der Austrocknung bedroht sind. Die meisten Schnecken sind unterdies durch ihre widerstandsfähige Kalkschale und durch ihre Schleimschicht geschützt. Zudem ruhen viele Landschneckenarten während Zeiten der Trockenheit und kommen außer bei Regenwetter vor allem von abends bis morgens heraus, wenn die Gefahr der Verdunstung nicht ganz so groß ist.

Dennoch gibt es verblüffenderweise unterschiedliche Schneckengruppen, die wärmeliebend (xerophil) sind, wie z.B. die Heideschnecken (Geomitridae, Bild rechts). Bei anderen Schneckengruppen ist die Schale sogar zugunsten größerer Beweglichkeit teilweise (Halbnacktschnecken) oder vollständig (Nacktschnecken) zurückgebildet.

Einteilung der Landschnecken

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Landschnecken: Systematischer Überblick

Klasse Gastropoda

Unterklasse Neritimorpha
Ordnung Cycloneritida
Überfamilie Helicinoidea
Familie Helicinidae ( Seite)

Unterklasse Caenogastropoda
Ordnung Architaenioglossa
Überfamilie Cyclophoroidea
Familie Aciculidae ( Seite)
Familie Cochlostomatidae ( Seite)

Unterklasse Caenogastropoda
Ordnung Littorinimorpha
Überfamilie Littorinoidea
Familie Pomatiidae ( Seite)

Unterklasse Heterobranchia
Überordnung Eupulmonata
Ordnung Ellobiida
Überfamilie Ellobioidea
Familie Ellobiidae ( Seite)
Familie Carychiidae ( Seite)

Ordnung Stylommatophora A. Schmidt, 1855

Quelle: MolluscaBase (2025): Gastropoda Cuvier, 1795.

 
Wie dem Systematischen Überblick zu entnehmen ist, gibt es innerhalb der Schnecken unterschiedliche systematische Gruppen, in denen landlebende (terrestrische) Gruppen vorkommen. Nicht notwendigerweise sind diese Gruppen jedoch näher miteinander verwandt.

 
Helicina unizonata (Helicinidae):  Orellana, Ecuador.
Bild: Stephen Luk (iNaturalist).
 
Schöne Landdeckelschnecke (Pomatias elegans): Asturias,
Spanien. Bild: Gilberto Sánchez Jardón (iNaturalist).
       
 
Kleine Walddeckelschnecke (Cochlostoma septemspirale), aus
dem Salzkammergut. Bild: Martina Eleveld.
 
Schlanke Zwerghornschnecke (Carychium tridentatum): Kan-
ton St. Gallen, Schweiz. Bild: © Stefan Haller.
Die ersten beiden Unterklassen, Neritimorpha und Caenogastropoda, wurden früher, nach Thiele (1929 - 1931) zur großen Gruppe der Vorderkiemerschnecken (Prosobranchia) gezählt, da ihnen gemeinsam ist, dass aufgrund der Torsion des Eingeweidesacks die Kiemen vor dem Herzen angeordnet sind. Zusätzlich sind diese Schnecken grundsätzlich getrennt geschlechtlich, besitzen einen Schalendeckel (Operculum) und ihr Kopf weist nur ein Paar Fühler auf, an deren Basis sich die Augen befinden.

MolluscaBase eds. (2025): Prosobranchia Milne-Edwards, 1848: Notes.

Weitergehende Forschung im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte hatte jedoch ergeben, dass diese Schneckengruppen nicht näher miteinander verwandt sind, als mit außerhalb stehenden, nicht zu den Vorderkiemern gehörenden Gruppen. Daher wurden sie in der modernen Systematik neu angeordet und in eigene Unterklassen aufgeteilt.

Weiterführende Informationen zur Systematik der Schnecken.

Zu den Neritimorpha gehören zum Beispiel die meeres- und süßwasserlebenden Kahnschnecken (Neritidae), vertreten etwa durch die süßwasserlebende (limnische) Gemeine Kahnschnecke (Theodoxus fluviatilis). Neben diesen wasserlebenden Kahnschnecken gibt es aber auch landlebende Verwandte in der Familie Helicinidae. Vermutlich haben diese sich aus amphibisch lebenden Vorfahren auf dem Weg durch Mangrovensümpfe und ähnliche Brackwasser-Habitate entwickelt.

Meeresschnecken: Neritimorpha.

Im Gegensatz dazu steht die sehr vielgestaltige Gruppe der Caenogastropoda, die etwa 35% der geschätzten Schneckenarten auf der Erde umfassen. Hier sind mehrere Entwicklungswege vorstellbar, auf denen die Schnecken das Land besiedeln konnten:

In der Ordnung Architaenioglossa, zu der unter anderem die süßwasserlebenden Sumpfdeckelschnecken (Viviparidae) und Apfelschnecken (Ampullariidae) gehören, haben sich außerdem die Cyclophoroidea entwickelt, eine Überfamilie, zu der die landlebenden Mulmnadeln (Aciculidae) und die Walddeckelschnecken (Cochlostomatidae) gehören. Dies lässt die Annahme zu, dass diese Schneckengruppen sich aus süßwasserlebenden Vorfahren entwickelt haben.

In der zweiten Ordnung Littorinimorpha, sind die an der Küste lebenden Strandschnecken (Littorinidae) zu finden, aber auch sehr viele andere bekannte Meeresschnecken. Landlebende Angehörige der Littorinimorpha sind andererseits die Landdeckelschnecken (Pomatiidae). Auch heute noch leben diese Schnecken unter anderem auch in Küstennähe, wo sie manchmal sogar in der Spritzwasserzone zu finden sind. Dies lässt die Vermutung zu, dass sich Landschnecken aus küstenlebenden Meeresschnecken ähnlich den Strandschnecken, entwickelt haben.

Meeresschnecken: Caenogastropoda.


Mäuseöhrchen (Myosotella myosotis): Bouches-du-Rhône,
Frankreich. Bild: Daniel Pavon (iNaturalist).
 
Zylinder-Felsenschnecke (Cylindrus obtusus): Schneeberg.
Niederösterreich. Bild: Martina Eleveld.
 
Die letzte und artenreichste Gruppe sind innerhalb der Unterklasse Heterobranchia mit etwa 39% der geschätzten Schneckenarten die Lungenschnecken (heute Eupulmonata). Diese zeichnen sich besonders daurch aus, dass ihnen der Schalendeckel (Operculum) fehlt und dass sie ihre Kiemen zugunsten einer einfachen Lunge (s.u.) zurückgebildet haben. Zu den Lungenschnecken gehören zum einen in der Ordnung Ellobiida die amphibisch lebenden Küstenschnecken (Ellobiidae, z.B. das Mäuseöhrchen Myosotella myosotis) und die landlebenden Zwerghornschnecken (Carychiidae).

Weichtier des Jahres 2008: Mäuseöhrchen - Mysotella myosotis (Draparnaud, 1801).
Küstenschnecken (Ellobioidea).

Zum anderen gehört dazu auch die Ordnung der Landlungenschnecken (Stylommatophora). Zu dieser Schneckengruppe gehören weitaus die meisten landlebenden Schneckenarten und vermutlich die meisten allgemein bekannten Landschnecken. Man erkennt sie vor allem daran, dass sie, anders als andere Schnecken anstatt einem Fühlerpaar zwei besitzen, von denen das größere Paar jeweils am Ende ein Auge trägt.

Außerdem sind sie im Gegensatz zu den Deckel tragenden Landschnecken Zwitter, besitzen also sowohl männliche, als auch weibliche Geschlechtsorgane in einem gemeinsamen so genannten Genitalapparat. Zusätzlich bedeutet Zwittrigkeit für eine Tiergruppe doppelt so gute Fortpflanzungschancen in Regionen und Zeiten mit geringer Individuenzahl. Im Gegensatz zur Entwicklung der Meeresschnecken über frei lebende oder planktontische Larvenstadien findet die Entwicklung der Landlungenschnecken geschlossen im Ei statt, aus dem schließlich vollständige Jungschnecken schlüpfen, die in den wichtigsten Merkmalen bereits den erwachsenen Tieren ähneln.

 
Punktschnecke (Punctum pygmaeum) im Vergleich mit einer
Berg-Vielfraßschnecke (Ena montana), aus der Schweiz.
Bilder: © Stefan Haller, (schneckenfoto.ch).
Meeresschnecken: Pulmonata.

Anmerkung: Mit Ausnahme der größtenteils meeres- oder amphibisch lebenden Küstenschnecken sind Lungenschnecken eigentlich keine Meeresschnecken, werden aber der Vollständigkeit halber dennoch auf der angegebenen Seite aufgeführt.

Zu den Stylommatophora gehören so winzige Arten wie die Punktschnecke (Punctum pygmaeum, Gehäusebreite bis 1,6 mm) und so riesige Arten wie die Echte Achatschnecke (Achatina achatina, bis 20 cm Gehäuselänge). Im ganzen sind fast 23.000 Arten (auf Stand von 2024) von Landlungenschnecken anerkannt. Die Entstehung der Gruppe wird in der Kreidezeit ( Erdzeitalter) vermutet.

Wie gelangten die Schnecken an Land?

Anpassungen an das Landleben

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Welche Anpassungen ermöglichten den ursprünglich wasserlebenden Schnecken das Leben auf dem trockenen Land?

Feuchtigkeit

Weinbergschnecke mit reparierter Schale
Weinbergschnecke (Helix pomatia) mit beschädigter und repa-
rierter Schale. Bild: Robert Nordsieck.
 
 
Gartenbänderschnecke (Cepaea hortensis) im Trockenschlaf.
Bilder: Robert Nordsieck.
   
  Cornu aspersum
"Hüpfende" Cornu aspersum (vgl. Text).
Bild: Robert Nordsieck.
Im Gegensatz zu vielen anderen Tiergruppen besitzen Schnecken keine harte Außenhaut. Daher sind sie an Land andauernd von Austrocknung bedroht. Der beste Schutz der Landschnecken ist andererseits ihre aus Kalk bestehende Schale (Gehäuse). Diese ist über den Hauptrückzieh- oder Spindelmuskel fest mit dem Körper verbunden. Schnecken können ihre Schale also nicht verlieren, der Verlust wäre für die Schnecken tödlich. Während ein Teil des Körpers der Schnecke (der Eingeweidesack) immer in der Schale verbleibt, kann sich die Schnecke mittels ihres Spindelmuskels bei Bedarf schnell auch mit dem Rest ihres Körpers in die Schale zurückziehen. Der Mantel, die Gewebeschicht, die den Eingeweidesack und die Schalenmündung schützt, hat überdies die Aufgabe, Kalk zum Bau der Schale auszuscheiden, den die Schnecke zuvor mit ihrer Nahrung aufgenommen hatte. Dadurch wächst die Schale mit dem Körper der Schnecke mit, bis diese die Geschlechtsreife erreicht hat und zusätzlich kann die Schnecke Schäden an ihrer Schale auch reparieren.

Während die Landdeckelschnecken (s.o.) ihre Schalenmündung nach dem Zurückziehen in die Schale mit dem Schalendeckel (Operculum) verschließen können, haben die Landlungenschnecken (Stylommatophora, s.o.) diese Möglichkeit nicht. Daher verbringen viele von ihnen Trockenheitsperioden entweder im Boden vergraben oder an einer Oberfläche klebend. Für diesen Trockenschlaf (Ästivation) verschließen sie die Schalenmündung mit einem Häutchen aus getrocknetem Schleim.

Trockenschlaf der Weinbergschnecke.

Eine Besonderheit sind die Schließmundschnecken (Clausiliidae). Diese haben ihren Namen vom Clausiliar, einem Schließapparat, der aus einem Schließplättchen (Clausilium) und mehreren Lamellen im Mündungsbereich und den Endwindungen der Schale besteht. Im Gegensatz zum Operculum der Deckelschnecken befindet sich das Clausilium aber nicht an der Schwanzspitze des Fußes, sondern ist mit der Schalenspindel (Columella) verbunden und verschließt die Mündung, wenn die Schnecke sich in die Schale zurückzieht.


Gemeine Schließmundschnecke (Alinda biplicata): Lambrecht,
Rheinland-Pfalz. Bild: Matthias Buck (iNaturalist).
 
Endwindungen von Alinda biplicata, geöffnet. Sichtbar sind
die Schalenspindel (Columella) und das Clausilium.
Bild: Mathijs Zonneveld (iNaturalist). Bild vergrößern!
 
Schließmundschnecken (Clausiliidae).

Ein weiterer, sehr wichtiger Schutz der Landschnecken gegen Austrocknung ist ihr Schleim, der den ganzen Körper bedeckt und beim Kriechen außerdem als Schleimspur zurückbleibt. Der Schleim der Schnecken ist hygroskopisch, er bindet also Wasser, anstatt des abzugeben, wie man besonders beim Schleim vieler Nacktschnecken (s.u.) merkt, der sich nur schwer abwaschen lässt. Dadurch schützt er aber auch die Schnecke vor Austrockung.

Schnecken können unterschiedliche Arten von Schleim produzieren, so schützt der Schleim die Schnecke außerdem vor Fressfeinden und unterstützt sie beim Kriechen auf dem Untergrund. Dank ihres Sohlenschleims können Schnecken auch scharfkantige Oberflächen unbeschadent überwinden. Besonders Schnecken wärmerer Lebensräume, wie die Gefleckte Weinbergschnecke (Cornu aspersum) bewegen sich bei trockenerem Wetter fort, indem sie nur mit Teilen der Fußsohle den Boden berühren, so dass sie weniger Wasser durch Austrocknung verlieren, eine Fortbewegungsmethode, die man bei Schnecken auch als "Hüpfen" bezeichnet.

Schnecken: Fortbewegung..

Trockenheit und Sonneneinstrahlung ist ein wichtiger Faktor für die Verbreitung der Schnecken an Land. Dies kann man sehr gut an den Schließmundschnecken sehen, die es auf der südlichen Balkanhalbinsel zu einer sehr großen Vielfalt gebracht haben: In Griechenland und angrenzenden Ländern ist beispielsweise die Gattung Albinaria mit einer großen Artenzahl weit verbreitet. Vorkommen sind jedoch oft voneinander isoliert, was zur allopatrischen Artbildung führt.

MolluscaBase eds. (2025): Albinaria Vest, 1867.

 
Östliche Heideschnecke (Xerolenta obvia):
Puławy, Polen. Bild: Ewa Rauner-Bułczyńska
(iNaturalist).
Es gibt allerdings auch wärmeliebende (xerophile) Schneckenarten, wie z.B. die einheimischen Heideschnecken (Geomitridae) und die zu den Vielfraßschnecken gehörende Zebraschnecke (Zebrina detrita). Wie man gerade an den beiden genannten Beispielen sehr gut sehen kann, besitzen viele dieser xerophilen Schneckenarten eine weißliche Schale, die das Sonnenlicht reflektiert und so die Verdunstung reduziert, wenn die Schnecke im Trockenschlaf (im Fall der Heideschnecken oft in großer Zahl) an einer Oberfläche hängt.

Luftatmung

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Gemeine Wegschnecke (Arion vulgaris)
Gemeine Wegschnecke (Arion vulgaris) öffnet das Atemloch und gewährt
dadurch einen Blick in die Atemhöhle und auf das Lungengeflecht.
 Film: Martina Eleveld.

Film 1: Filmwiedergabe in neuem Fenster öffnen!
 
Möglicherweise die wichtigste Anpassung der Landschnecken ist ihre Fähigkeit, Sauerstoff aus der Luft zu atmen, während die Meeres- und viele Süßwasserschnecken mit Kiemen atmen, die sich in der Mantelhöhle befinden. Bei den Lungenschnecken ("Pulmonata") wurden die Kiemen zurückgebildet und die gut durchblutete Wand der Mantelhöhle dient nun als einfache Lunge: Atemluft strömt in die Mantelhöhle und Sauerstoff diffundiert, dem Gradienten folgend, aus der Luft un den Blutstrom der Schnecke. Bei den Landlungenschnecken (Stylommatophora) wird die Mantel- oder Atemhöhle durch das Atemloch (Pneumostom) verschlossen, das die Schnecke öffnen und schließen kann, um zu atmen. Auf diese Weise wird der Wasserverlust durch Verdunstung aus der Atemluft minimiert.

Die landlebenden Deckelschnecken besitzen keine Atemöffnung. Bei ihnen strömt die Luft direkt in die Mantelhöhle, wo der Sauerstoff absorbiert wird. Wenn die Schnecke sich in ihre Schale zurückzieht und die Schalenmündung durch das Operculum verschlossen wird, reduziert die Schnecke ihren Sauerstoffverbrauch so stark wie möglich, allerdings schließt das Operculum die Schalenmündung auch nicht luftdicht ab.

Landdeckelschnecken: Sekundäre Luftatmung.

Mit Ausnahme mancher Wasserlungenschnecken verwenden auch Landschnecken als Blutfarbstoff Hämocyanin, das auf Kupfer anstatt Eisen basiert und dfür sorgt dass das Blut einer Schnecke im sauerstoffangereicherten Zustand bläulich ist.

Schnecken: Atmung.

Orientierung

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Augenfühler einer Weinbergschnecke. Bild: Martina Eleveld.
Mit der Besiedlung des trockenen Landes veränderten sich auch die Anforderungen an die Fähigkeit der Schnecken, sich in ihrer Umgebung zu orientieren. So besitzen die Landlungenschnecken (Stylommatophora), und damit die große Mehrzahl aller Landschnecken, anstatt einem Fühlerpaar zwei Paar Fühler: Das untere Fühlerpaar dient vorwiegend als Tastorgane und weist außerdem zahlreiche Geruchssinneszellen auf.

Das obere Fühlerpaar dient zwar auch Tastorgane, hat aber vordringlich die Aufgabe, als Augenträger zu dienen und so der Schnecke ein deutlich größeres Gesichtsfeld zu verschaffen. Zwar haben die Landlungenschnecken die am höchsten entwickelten Augen aller Schnecken, die sogar über eine einfache Linse verfügen. Jedoch sind diese mit den Augen der Wirbeltiere kaum zu vergleichen, da sie der Schnecke nur ein unscharfes Bild der Umgebung verschaffen. Aus diesem Grund ist es auch sehr wichtig, dass Landlungenschnecken alle Fühler durch Muskelkraft einziehen können, falls sie auf ein Hindernis stoßen, wohingegen Blut in die Fühler gepresst werden muss, um sie auszustrecken.

YouTube Kanal von weichtiere.at: Weinbergschnecke (Helix pomatia) streckt einen Fühler aus.


Kopf der Rosigen Wolfsschnecke (Euglandina rosea): Seminole
County, Florida, USA. Bild: Jeffrey Gammon (iNaturalist).
 
Neben den Augen haben Landschnecken mithilfe über die außerhalb der Schale sichtbare Körperoberfläche verteilter Lichtsinneszellen auch einen diffusen Lichtsinn, der vor allem dazu dient, die Schnecke zu warnen, wenn ein über sie fallender Schatten einen Beutegreifer ankündigt, was der Schnecke hoffentlich die Möglichkeit verschafft, sich rechtzeitig schnell in die schützende Schale zurückzuziehen.

Unterhalb des kleineren Fühlerpaars befinden sich die Mundlappen oder Lippen der Schnecke. Diese sind mit Geschmackssinneszellen besetzt, mit deren Hilfe die Schnecke z.B. Nahrungsquellen finden und identifizieren kann. Anhand der Schleimspur einer anderen Schnecke kann sie außerdem herausfinden, ob es sich um einen potenziellen Partner handelt, oder möglicherweise um eine feindliche Raubschnecke.

Zusätzlich beschränken die Schleimspuren anderer Schnecken der gleichen Art bei Weinbergschnecken aber die Paarungsbereitschaft, wenn die Schnecke auf diesem Weg feststellt, dass die Populationsdichte bereits zu groß ist. Einen ähnlichen Crowding-Effekt hat man auch schon bei Achatschnecken (Achatinidae) beobachtet.

Andererseits können landlebende Raubschnecken, von denen es überraschend viele gibt, mit Hilfe ihrer Fühler und Mundlappen auch Beute finden. Raubschnecken, die Jagd auf andere Schnecken machen, wie z.B. die in Florida und Umgebung heimische Rosige Wolfsschnecke (Euglandina rosea) verfolgen die Schleimspuren anderer Schnecken, teilweise auch durch Gewässer und auf Bäume, bis sie der Beute habhaft geworden sind. Ihr Trivialname Wolfsschnecke macht also durchaus Sinn. Die Mundlappen der Wolfsschnecken sind stark verlängert, so dass sie den Eindruck eines dritten Fühlerpaars erwecken.

Schnecken: Augen, Sinnesorgane.
Schnecken: Fühler.

Bodenbeschaffenheit

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  Poiretia dilatata   Ätzschaden von Poiretia dilatata an Pomatias elegans
Der Ätzschaden einer Poiretia
dilatata
an einer Landdeckel-
schnecke (Pomatias elegans).

Links: Poiretia dilatata greift
Pomatias elegans an.

Bilder: Fabio Liberto.
Manche Raubschnecken, wie z.B. die Dalmatinische Raubschnecke (Poiretia cornea), können ihren Sohlenschleim mit Kohlendioxid ansäuern und so die Schalen ihrer Beute punktuell auflösen. Andere Schnecken, wie die Sizilianische Weinbergschnecke (Cornu mazzullii), nutzen den angesäuerten Sohlenschleim, um sich in Felsen einzugraben oder Kalk für die Schalenproduktion aus dem Gestein des Untergrundes zu lösen. Zusätzlich dazu nehmen die Schnecken Kalk, vor allem zum Bau ihrer Schale, mit der Nahrung auf.

Dalmatinische Raubschnecke (Poiretia cornea).
Schnecken: Ernährung II.

Daher zählt auch die Beschaffenheit des Untergrundes zu den begrenzenden Faktoren für die Ausbreitung von Schnecken. Aus mehreren Gründen kommen vor allem Schalenschneckenarten vorwiegend auf kalkreichem Untergrund vor: Zum einen können die Schnecken hier Kalk mit der Nahrung aufnehmen. manche Schneckenarten fressen dazu auch Bodenmaterie. Zum anderen bildet sich auf Kalkstein durch Verwitterung eine dünne, aber fruchtbare Bodendecke, die mit ausreichender Feuchtigkeit auch reiche Vegetation unterhalten kann. Diese kann den Schnecken dann als Nahrung ebenso wie zum Schutz vor Fressfeinden und vor der Sonnenstrahlung dienen.


Die Schalenhaut (Periostracum) dieser Weinbergschnecke ist
durch Umweltverschmutzung stark in Mitleidenschaft gezogen.
Bild: Robert Nordsieck.
 
Kalkstein hat allerdings auch den Nachteil, mechanisch zwar sehr hart, auf der anderen Seite aber sehr wasserdurchlässig zu sein. Das hat zur Folge, dass Kalksteingebiete oftmals sehr trocken sein können, es im Extremfall sogar zur Karstbildung kommen kann. Zwar das kann dann auch begrenzend auf die Ausbreitung von Schnecken wirken. Andererseits ist die Schneckenschale aus genau diesem Grund mehrschichtig aufgebaut: Eine organische Schalenhaut, das Periostracum, deckt die Kalkschicht der Schalenwand, das Ostracum, nach außen ab, um sie vor chemischen Einflüssen zu schützen. Dennoch werden Schnecken oftmals aufgrund ihrer langsamen, vielfach auch ortstreuen Lebensweise, durch die Schadstoffe in Luft und Niederschlägen (saurer Regen) in Mitleidenschaft gezogen, wie man dann an der beschädigten Schalenhaut sehen kann.

Schnecken: Schale.

Tarnung

Im Gegensatz zu vielen ihrer meereslebenden Verwandten sind Landschnecken im Allgemeinen deutlich weniger bunt gefärbt, allerdings mit einigen notablen Ausnahmen, von denen eine beispielsweise die Kubanischen Baumschnecken (Polymita picta) sind.

 
Kubanische Baumschnecke (Polymita picta): Maisi, Kuba.
Bild: Miguel Ernesto Suárez Blancart (iNaturalist).
 
Gemeine Haarschnecke (Trochulus hispidus): Zuid Holland,
Niederlande. Bild: Rob Westerduijn (iNaturalist).
Die meisten Landschnecken jedoch findet man vor allem in erdigen Farbtönen vor, mit der Ausnahme etwa wärmeliebender (xerophiler) Schneckenarten, die eine eher schwarz-weißes oder sogar ganz weiße Schale besitzen. Manche Landschneckengruppen, bilden mit ihrer Schalenhaut (Periostracum, s.o.) sogar Härchen oder Wimpern, die zum einen Wasser binden und damit der Verdunstung Einhalt gebieten sollen, zum anderen bei vielen Arten auch der Tarnung (Camouflage) mit Erdkrumen oder Kot dienen.

Laubschnecken (Hygromiidae) Teil 2.


Kleine Vielfraßschnecke (Merdigera obscura).
Bild: Robert Nordsieck.
 
Eine Schneckenart, Napaeus barquini (Familie Enidae) von der kanarischen Insel La Gomera tarnt sich sogar aktiv mit Flechten, die sie auf ihrer Schale anbringt. Eine andere, einheimische, Art aus der selben Familie, die Kleine Vielfraßschnecke (Merdigera obscura) hat ihren wissenschaftlichen Namen daher, dass sie ihr Gehäuse mit Erdkrumen und Kot so gut tarnt, dass man sie vor dem Hintergrund oft kaum erkennt.

Tarnung bei Schnecken.

Das genaue Gegenteil scheinen die in mehreren Farben und Mustern auftretenden (polymorphen) Bänderschnecken (Cepaea hortensis und Cepaea nemoralis) zu erzielen, die mit ihren gelb, braun und rosa gefärbten und kein, ein oder mehrere Längsbänder aufweisenden Schalen so gut sichtbar sind, dass jedermann sie schon einmal gesehen hat. Der Vorteil für die Schnecken ist jedoch, dass immer ein gewisser Anteil der Population auf einem gegebenen Bodenuntergrund und Vegetationsbewuchs gut getarnt ist, und somit von ihren wichtigsten Fressfeinden, Singvögeln wie der Singdrossel (Turdus philomelos), nicht gesehen und daher auch nicht gefressen wird.

Die Häufigkeit der einheimischen Bänderschnecken spricht für die Wirksamkeit dieser Strategie. Eine ähnliche Strategie scheint auch der Buntheit der eingangs erwähnten Kubanischen Baumschnecken (Polymita picta) zugrunde zu liegen, deren Haupt-Fressfeind ebenfalls auf Sicht jagende Vögel sind, allerdings in diesem Fall Raubvögel, wie der Schneckenweih (Gattung Rostrhamus).

Bänderschnecken.
Kubanische Baumschnecken (Polymita picta).

Nacktschnecken

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Graugelbe Rucksackschnecke (Testacella haliotidea):
Auckland, Neuseeland.
 
Bilder: Joseph Knight (iNaturalist).
Ebenso wie bei den Meeresschnecken ist es auch bei den Landschnecken mehrfach dazu gekommen, dass die Schale, der wichtigste Schutz der Schnecken, nachträglich wieder zurückgebildet wurde. Diese Entwicklung kann man in unterschiedlichen Stadien bei Gruppen wie den Glasschnecken (Vitrinidae) sehen, weswegen man diese Tendenz auch als Vitriniserung bezeichnet.

Vitrinisierung: Die Rückbildung der Schneckenschale bei Landschnecken.

Vor allem im Erdboden lebende und manche räuberischen Schnecken haben im Verlauf ihrer Entwicklung die charakteristische Schneckenschale zugunsten größerer Beweglichkeit zurück gebildet. Betrachtet man die bereits erwähnte Familie der Glasschnecken, so findet man zwischen den Gattungen Oligolimax mit einer vollständigen Schale und Semilimax mit einer stark verkleinerten, fast vollständig vom Mantel überwachsenen Schale fast alle Übergangsstufen.

Zusätzlich dazu gibt es gleich zwei einheimische Raubschneckengruppen, die als Rucksackschnecken bezeichnete Familie Testacellidae und die zu den Glanzschnecken (Oxychilidae) gehörende Unterfamilie Daudebardiinae, die man gemeinhin als Halbnacktschnecken bezeichnet. Zwar besitzen diese Schnecken noch eine Schale, allerdings ist sie zu einem rudimentären Schalenrest verkümmert, den die Schnecke am Fußende auf dem Rücken trägt. Gemeinsam ist beiden, dass sie vorwiegend unterirdisch leben und vor allem nach Regenwürmern jagen.


Spanische Wegschnecke (Arion vulgaris).
Bild: Robert Nordsieck.
 
Außerdem gibt es aber auch zahlreiche Schneckengruppen, bei denen die Schale zumindest äußerlich vollständig zurück gebildet ist: Nacktschnecken. Zu den einheimischen Nacktschnecken gehören zum einen große Arten, wie Schnegel (Limacidae) und Wegschnecken (Arionidae), zum anderen zahlreiche kleine Gruppen, wie z.B. Wurmschnegel (Boettgerillidae) und Ackerschnecken (Agriolimacidae). Aber auch die bereits genannten Schnegel und Wegschnecken enthalten auch deutlich kleinere Arten, wie z.B. den etwa 7,5 cm langen Baumschnegel (Lehmannia marginata) oder die mit bis zu 5 cm Länge deutlich kleinere Gartenwegschnecke (Arion hortensis).

Die größte europäische Landschnecke ist jedoch der Schwarze Schnegel (Limax cinereoniger), der bis zu 20 cm lang werden und in Ausnahmefällen auch 30 cm erreichen kann. Wegschnecken und Schnegel kann man optisch gut unterscheiden: Schnegel sind gemeinhin deutlich schlanker als Wegschnecken und weisen eine deutlich erkennbare Kante am hinteren Drittel des Rückens auf. Weitere Unterschiede sieht man nur nach einer anatomischen Untersuchung: Schnegel besitzen noch einen rudimentären inneren Schalenrest unter dem Mantelschild. Dieser fehlt den Wegschnecken vollständig.

 
Hermann Löns beobachtet eine Nacktschnecke.
Nachdem sie ihre Schale im Verlauf ihrer Entwicklung verloren haben, wie können Nacktschnecken sich dann gegen Fressfeinde und Austrocknung schützen?

Der wichtigste Schutz dieser Schnecken ist vor allem ihre Schleimschicht. Wie bereits erwähnt, ist Schneckenschleim hygroskopisch. Der Schleim der meisten Nacktschnecken ist zudem deutlich zäher als der vieler Schalenschnecken. Gerade der Schleim vieler Wegschnecken schmeckt außerdem äußerst widerlich, wie der Dichter Hermann Löns (1866 - 1914), ein bekannter Malakologe ( Malakologie), 1911 in seiner Geschichte "Ein ekliges Tier" beschrieb. Der klebrige Schleim einer Nacktschnecke macht es selbst Tieren, die sonst oft Schnecken fressen, wie Igeln, Kröten und Ringelnattern, außerdem recht schwer, die Schnecke zu packen und zu verschlucken.

Hermann Löns: "Ein ekliges Tier" (1911).

Eine weitere Anpassung ist außerdem, dass Nacktschnecken im Allgemeinen nur bei Regen oder in der Nacht herauskommen und sich tagsüber ein geeignetes Versteck suchen. Das minimiert die Gefahr der Verdunstung, der sie sich aussetzen, und oftmal auch die Gefahr, von Feinden gefressen zu werden, obwohl es natürlich genug Tiere gibt, die auch nachts auf Nahrungssuche gehen.

Nacktschnecken.

Bestimmung von Landschnecken

  Palatalansicht von Herilla bosniensis
Bosnische Schließmundschnecken (Herilla bosniensis) in der Klausen bei Mödling. Rechts: Palatalansicht.
Bilder: © Alexander Mrkvicka, Wien.
 
Vor allem aus Gründen der für das Überleben ihrer Bewohner erforderlichen Tarnung sind die Schalen landlebender Schneckenarten im Allgemeinen nicht so bunt gefärbt, wie die ihrer meereslebenden Verwandten und werden daher außerhalb der Fachwelt deutlich seltener gesammelt, als etwa Meeresschneckenschalen.

Dennoch haben Sammlungen von Landschneckenschalen vor allem in wissenschaftlicher Hinsicht eine sehr große Bedeutung für das Verständnis der Zusammensetzung eines Lebensraums (Habitats oder Biotops).

Anhand der Schalenmerkmale kann man vor allem mithilfe eines Bestimmungsbuchs (vgl. Literatur) auch als Laie meist zumindest ungefähr die Artzugehörigkeit einer Schnecke bestimmen. Nicht nur im Gelände kann außerdem auch ein Bestimmungsschlüssel durch die vereinfachte Auswahl zwischen bestimmten Merkmalen bei der Bestimmung von Schnecken hilfreich sein. Unter anderem kann man Landschnecken nach der Farbe, Musterung und Form ihres Gehäuses unterscheiden.

Andererseits gibt es viele Schneckengruppen, wie etwa die Schließmundschnecken (Clausiliidae), deren Bestimmung aufgrund des großen Artenreichtums und der auf den ersten Blick großen Ähnlichkeit der Arten dem Laien eher schwer fallen wird. Zudem erfordert eine genauere Bestimmung oftmals sogar eine anatomischen Untersuchung, etwa des Genitalapparats, durch den Fachmann.

Schalenmerkmale zur Bestimmung.
Bestimmungsschlüssel Schnecken (Gastropoda).

Links

Literatur

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Mit Bildern von Stefan Haller:
http://www.schneckenfoto.ch.

Letzte Änderung: 28.09.2025 (Robert Nordsieck).