Wirtschaftliche Nutzung von Meeresschnecken

Teil 1: Wirtschaftliche Schneckenzucht (Landschnecken) Teil 2: Wirtschaftliche Nutzung von Meeresschnecken Teil 3: Kaurischnecken (Cypraeidae) Teil 4: Kegelschnecken (Conidae)
 
1. Abschnitt 2. Abschnitt
   

 
YouTube Video: "Mollusks: More than a Shell: Changing Seas". Video: South Florida PBS (Englisch).
Inhalt

1. Abschnitt:

2. Abschnitt:

Nutzung von Meeresschnecken – Eine Jahrtausende alte Tradition

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Meeresschnecken spielen seit Jahrtausenden eine wichtige Rolle in der Geschichte des Menschen. Von der Antike bis zur Moderne wurden sie nicht nur als Nahrungsmittel genutzt, sondern lieferten auch wertvolle Rohstoffe wie Farbstoffe und Perlmutt. Die Purpurschnecken der Familie Muricidae lieferten den berühmten Tyrischen Purpur, ein Zeichen königlicher Macht und Reichtums, während die Schalen von Meerohrschnecken (Abalonen, Haliotidae) für ihre schillernden Innenflächen bekannt sind und bis heute in der Schmuckherstellung Verwendung finden, auch wenn ein großer Teil davon heute durch Kunststoffe ersetzt wird.

Doch auch als Delikatesse sind Meeresschnecken nicht wegzudenken: In vielen Küstenregionen Europas, Asiens und Amerikas stehen Wellhornschnecken (Buccinum undatum), Strandschnecken (Littorina littorea) und Meerohrschnecken (Abalonen) auf den Speisekarten. Die Zucht dieser Tiere hat sich in vielen Ländern zu einem bedeutenden Wirtschaftszweig entwickelt, der jährlich Tausende Tonnen an Schneckenfleisch liefert.

In jüngerer Zeit stehen Nachhaltigkeit und der Schutz der Meeresökosysteme stärker im Fokus. Überfischung und Umweltverschmutzung setzen den Beständen zu, und die Aquakultur gewinnt zunehmend an Bedeutung. Während die Zucht von Abalonen und Wellhornschnecken bereits in mehreren Ländern etabliert ist, werden Methoden zur nachhaltigen Nutzung auch für andere Arten erforscht.

Die folgenden Abschnitte geben einen Überblick über die wirtschaftlich genutzten Meeresschnecken und beleuchten ihre Bedeutung, Nutzung und die Herausforderungen, denen sie heute gegenüberstehen.

Purpurschnecken (Muricidae) – Die Farben der Antike

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Wussten Sie schon?


Herkuleskeule (Bolinus brandaris). Bild: Bernat Garrigós.

Stachelschnecken, wie die Herkuleskeule, sind nicht immer stachelig: Bolinus brandaris lebt auf weichem Ozeanboden und auf felsigem Untergrund. Auf Hart-boden bilden die Schnecken aber weniger und kür-zere Stacheln aus: Diese verhindern, dass das Tier im weichen Boden einsinkt.


Die Riesenstachelschnecke (Chicoreus ramosus) lebt im tropischen Indopazifik
und wird über 30 cm groß. Wie andere Stachelschnecken frisst sie vor allem
andere Weichtiere, wie Schnecken und Muscheln. Bild: H. Zell.
 
Stachelschnecken (Muricidae) waren bereits in der Antike von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Aus einer besonderen Drüse der Schnecken, der Hypobranchialdrüse, gewannen die Phönizier und später die Römer den kostbaren Tyrischen Purpur, einen Farbstoff, der für seine intensive Langlebigkeit und seine leuchtende Farbe bekannt war. Der Purpur war so wertvoll, dass er zeitweise nur Königen und hohen Würdenträgern und Beamten (wie z.B. römischen hohen Magistraten, Ritter (Eques) und Senatoren) vorbehalten war. Zeitweilig gab es im römischen Imperium Gesetze, wer Purpur tragen durfte und wer nicht. Wahrscheinlich ist aber, dass die Nutzung von Schnecken für die Purpurgewinnung deutlich älter ist und mindestens bis in die minoische Zeit zurück geht.

Die bekanntesten Vertreter der Purpurschnecken sind:

  • Stachelschnecke oder Herkuleskeule (Bolinus brandaris).
  • Keulhornschnecke (Hexaplex trunculus).
  • Blutkielschnecke (Stramonita haemastoma).

In den Gewässern nördlich des Mittelmeers, vom Nordatlantik über die Nord- und Ostsee bis nach Grönland und Kanada wird auch die Nordische Purpurschnecke (Nucella lapillus) zu den Purpurschnecken gezählt, allerdings kam es nördlich des Mittelmeers in deutlich geringerem Maße zur Produktion von Purpur. Aus dem 7. Jahrhundert konnte aber eine Färberwerkstatt im irischen County Mayo nachgewiesen werden, in der diese Schnecken zur Farbherstellung benutzt wurden.

Aufgrund ihrer Bedrohung aufgrund der Wasserverschmutzung durch Tributylzinn (vgl. Abschnitt "Wellhornschnecken") ist Nucella lapillus in der Nord- und Ostsee nach der deutschen Bundesartenschutzverordnung geschützt.

GUCKELSBERGER, M. (2013): Purple Murex Dye in Antiquity. Studienarbeit an der Universität Island, Fak. f. Geisteswissenschaften, Latein, 2013. S. 8 - 12. (Link).
Purpurfärberei von der frühen Römischen Kaiserzeit bis zum Ende des Byzantinischen Reiches (Wikipedia).
Nordische Purpurschnecke (Nucella lapillus) (Wikipedia).
Nordische Purpurschnecke, Steinchenschnecke (Nucella lapillus). In: WIESE, V., JANKE, K.: Die Meeresschnecken und -muscheln Deutschlands, S. 174. Quelle & Meyer Verlag 2021.

Lebensweise und ökologische Bedeutung

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Stachelschnecken sind nicht nur für ihre Verwendung in der Purpurherstellung bekannt, sondern auch für ihre besondere Lebensweise. Als Raubschnecken ernähren sie sich hauptsächlich von anderen Weichtieren wie Muscheln, Schnecken und sogar Artgenossen. Ihre Jagdmethoden variieren dabei je nach Art:


Rotmund-Leistenschnecke (Stramonita haemastoma) bei
Lumio, Korsika. Bild: David Renoult (iNaturalist).
 
Die Blutkielschnecke oder Rotmund-Leistenschnecke (Stramonita haemastoma), im Englischen treffend "Southern Oyster Drill" genannt (ein Ausdruck, der allerdings auch andere Schnecken bezeichnet), verwendet eine Kombination aus mechanischer Kraft und chemischen Hilfsmitteln. Mithilfe ihrer Raspelzunge (Radula), bohrt sie ein Loch in die Schalen ihrer Beutetiere - Muscheln und Seepocken. Diesen Vorgang unterstützt sie durch eine besondere Drüse in der Fußsohle, das so genannte Akzessorische Bohrorgan, mit dessen Hilfe sie Kalk auflösen kann, vergleichbar mit manchen landlebenden Raubschnecken, wie etwa der Dalmatinischen Raubschnecke (Poiretia cornea).

Zusätzlich injiziert sie ein proteolytisches Enzym, das das Gewebe im Inneren auflöst, sowie einen lähmenden Wirkstoff, der verhindert, dass die Muschel ihre Klappen effektiv schließen kann. Diese Methode ist besonders für Austernfarmen in den USA problematisch, da sie erhebliche wirtschaftliche Schäden verursachen kann.

CARRIKER, M. R. (1981): Shell penetration and feeding by naticacean and muricacean predatory gastropods: a synthesis. Malacologia 20 (2), S. 403–422. (PDF; 7,3 MB).

Die Herkuleskeule (Bolinus brandaris) verfolgt hingegen eine andere Strategie: Anders als viele ihrer Verwandten bohrt sie kein Loch in die Schalen ihrer Beute. Stattdessen nutzt sie die robuste Struktur ihres Schalenrandes, um die Muschelschalen aufzuhebeln. Durch die enorme Hebelwirkung kann sie die Klappen der Muschel öffnen und das Gewebe im Inneren fressen. Andere Stachelschnecken werden teilweise durch die Stacheln angegriffen und von dort aus aufgefressen, da sie ihre Schalenmündung durch den hornigen Schalendeckel (Operculum) schützen.

Dieses Verhalten macht die Herkuleskeule zu einem besonders effizienten Räuber in mediterranen Gewässern. Zusammen mit der zunehmenden Überfischung und Wasserverschmutzung hat dies jedoch auch ökologische Folgen für die umgebende Meeresfauna.

Bolinus brandaris: Artikel von Domenico Pacifici auf Monaco Nature Encyclopedia.

Die Keulhornschnecke (Hexaplex trunculus), kombiniert beide Methoden je nach Situation. Sie kann sowohl bohren als auch aufhebeln, was sie zu einem flexiblen und erfolgreichen Jäger macht.

Die Gewinnung des Purpurs

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Purpurschnecken und ihre Farbstoffe.
Schemazeichnung nach Wikipedia.
Vergrößerte Ansicht.
Die Herstellung des Purpurfarbstoffs war extrem aufwendig. Um ein einziges Gramm reinen Purpur zu gewinnen, benötigte man bis zu 10.000 Schnecken. Die Tiere wurden in speziellen Becken gehalten und "gemolken", indem man die Drüsen der Schnecken vorsichtig auspresste. In späteren Zeiten wurden sie auch aufgebrochen, um das Drüsensekret direkt zu entnehmen – eine Praxis, die heute in historischen Fundstätten noch gut nachzuvollziehen ist.

Archäologische Funde, etwa in Tyros und Sidon im heutigen Libanon, zeugen von riesigen Abfallhaufen aus zertrümmerten Schneckenschalen, die auf die intensive Nutzung hinweisen. Die Produktion war nicht nur aufwendig, sondern auch extrem geruchsintensiv – Purpurwerkstätten wurden deshalb meist weit außerhalb der Städte errichtet.

Chemie des Purpurfarbstoffs

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Der Purpurfarbstoff wird aus einem speziellen Drüsensekret der Purpurschnecken gewonnen. Dieses Sekret stammt aus der sogenannten Hypobranchialdrüse und enthält komplexe Farbstoffvorstufen. Die wichtigsten chemischen Verbindungen sind 6,6'-Dibromindigo (Purpur) und 6-Bromindigo (blauviolett).

Zunächst ist das Drüsensekret farblos. Erst durch Lichteinwirkung und Sauerstoffkontakt entwickeln sich die typischen violetten bis purpurnen Farbtöne. Der chemische Prozess ist dabei besonders faszinierend: Beim Trocknen der Sekretflüssigkeit oxidieren die enthaltenen Brom-Indigo-Verbindungen und entfalten ihre kräftige Färbung.

Die genaue Farbnuance hängt dabei von der Art der Schnecke sowie der Verarbeitung ab:

Einmal getrocknet, bleibt der Farbstoff licht- und waschecht – eine Eigenschaft, die ihn in der Antike extrem begehrt machte. Die hohen Kosten der Produktion führten dazu, dass der Purpur zeitweise wertvoller war als Gold und ein Symbol für Macht und Reichtum darstellte.

Purpurschnecken heute

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Heute spielen Purpurschnecken in der Textilindustrie kaum mehr eine Rolle. Der Farbstoff kann synthetisch hergestellt werden, und der Schutz der Tiere hat Vorrang. Dennoch sind Purpurschnecken als Beifang der Fischerei häufig betroffen und gelten in einigen Regionen als gefährdet. In der Kunst und Mode bleibt der legendäre Purpur jedoch ein Symbol für Eleganz und Herrschaft. Und die als Beifang gefangenen Stachelschnecken werden in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal (in Spanien nennt man sie z.B. cañaillas) gekocht als würziges sea-food geschätzt.

Auf der anderen Seite haben Stachelschnecken, und darunter die Purpur produzierenden Schnecken, auch negative Auswirkungen auf die Umwelt. Während Stramonita haemastoma in den USA Austernbänke heimsucht und schädigt (s.o.), hat auch Bolinus brandaris merkliche Auswirkungen auf die lokale Fauna von Schnecken und Muscheln, besonders, wo die Art durch den Menschen freiwillig, oftmals aber auch unfreiwillig, eingeschleppt wird.

Wellhornschnecken - Ein unterschätzter Klassiker der Meeresküche

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Biologie und Verbreitung

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Wellhornschnecke (Buccinum undatum) an der Küste Schottlands.
Bild: Jim Greenfield (iNaturalist).
Die Wellhornschnecke (Buccinum undatum) ist eine der größten europäischen Schnecken, mit einer robusten und dickwandigen, zu 7-8 Windungen aufgetürmten Schale. Buccinum undatum ist nordatlantisch verbreitet: Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Kanada und Grönland bis hin zu den Küsten des nördlichen Europas, von Norwegen und den britischen Inseln bis zur französischen Atlantikküste, von der Nordsee bis in die westliche Ostsee. Besonders die älteren Schnecken können in Tiefen bis zu 200 m vorkommen, während sich die jungen eher in flacheren Gewässern aufhalten.

Wellhornschnecken sind Raubschnecken und Aasfresser. Sie erbeuten Muscheln, indem sie diese mit der Radula anbohren. Dabei nehmen sie eine spezialisierte Fußdrüse zu Hilfe, die den Kalk der Muschelschale auflöst. Die Diät der Wellhornschnecke ist aber vielfältig: Nicht nur Muscheln, auch Krebstiere, See-Igel und vielborstige Meereswürmer gehören zu ihrer bevorzugten Beute. Oftmals verfolgen Wellhornschnecken auch Seesterne und versuchen, von deren Beute zu profitieren. Für die Wellhornschnecke ist das nicht ganz ungefährlich: Manche Seesterne, etwa der Eis-Seestern (Marthasterias glacialis), der bevorzugt Jagd auf Weichtiere macht, können der Wellhornschnecke sehr wohl gefährlich werden. Ihr gut entwickelter Geruchssinn, unterstützt von ihrem langen Sipho, hilft der Schnecke bei der Beute- und Partnersuche, aber auch bei der Vermeidung von Feinden.

Die getrennt geschlechtlichen Wellhornschnecken paaren sich, abhängig vom Lebensraum, zu unterschiedlichen Jahreszeiten. Das Weibchen legt die Eier dann in einem Paket aus dickwandigen Eikapseln ab, von denen viele eine Anzahl von 600 bis 2000 Eiern enthalten. Doch nur aus wenigen Kapseln, schlüpfen letztendlich etwa 1% aller Jungschnecken, nachdem die vollständige Larvenentwicklung im Ei stattgefunden hat. Die übrigen Jungschnecken dienen ihren Geschwistern als Nahrung. Weitere Eikapseln sind überhaupt leer und dienen nur als zusätzlicher Schutz der "bewohnten" Kapseln.

Auch wenn die Wellhornschnecke in ihrem Verbreitungsgebiet, abhängig vom Salzgehalt des Wassers, grundsätzlich relativ häufig ist, sind die Populationen bedroht. Neben der Nutzung durch den Menschen ist dies vor allem der zunehmenden Verschmutzung des Meerwassers, etwa durch Tributylzinn aus dem Anstrich von Schiffen, aber auch der zunehmenden Erwärmung des Wassers zu schulden. Heute sind diese Wirkstoffe größtenteils verboten, doch ihre Wirkung hält noch immer an.


Einsiedlerkrebse (Pagurus bernhardus: Oosterschelde, Niederlande)
wählen oft die verlassenen Schalen von Wellhornschnecken als neue
Behausung. Bild: Adrie Rolloos (iNaturalist).
 
Für die Ökosysteme, in denen sie vorkommen, sind Wellhornschnecken sehr wichtig. Als Raubschnecken tragen sie zur Selektion anderer Tiergruppen bei, da sie auch bevorzugt verletzte oder kranke Tiere angreifen. Als Aasfresser tragen sie zur Verwertung verendeter Tiere bei. Durch ihre Ausscheidungen remineralisieren sie den Ozeanboden. Und letztlich dienen sie vielen Tieren als Beute und ihre Schale später sogar noch Einsiedlerkrebsen (Pagurus bernhardus) als Behausung.

Familie Buccinidae - Wellhornschnecken. In: WIESE, V., JANKE, K.: Die Meeresschnecken und -muscheln Deutschlands, S. 181 ff. Quelle & Meyer Verlag 2021.
Die Wellhornschnecke (Buccinum undatum): Biologie und Lebensweise.

Historische und Traditionelle Nutzung

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In vielen Küstenregionen gehört die Wellhornschnecke, einstmals auch "Kinkhorn" genannt, zu den seit historischen Zeiten vom Menschen genutzten Weichtieren. Während ihre Schalen als Musikinstrument, als Werkzeug oder als Handelgut benutzt wurden, nutzt der Mensch die Schnecke selbst seit ehemals als Nahrung: Besonders während der harten Wintermonate waren die Schnecken für die Fischer ein willkommenes Zubrot, da sie leicht zu fangen oder zu sammeln und überdies länger haltbar waren.

Daher hat die Wellhornschnecke auch in den meisten Sprachen einen eigenen Namen: Während man sie im englischen Sprachraum, zusammen mit einer Anzahl ähnlicher Schneckenarten als "whelks" bezeichnet, heißen Wellhornschnecken in Frankreich "boulots" oder "buccins", in den Niederlanden "wulken" und in Flandern "karakollen", geschuldet wahrscheinlich der spanischen Geschichte Flanderns.

Auch heute noch gehören Wellhornschnecken in der nordatlantischen Region fest zur traditionellen Küche, auch wenn die Art ihrer Zubereitung fast so vielfältig ist, wie die Namen in den unterschiedlichen Sprachen. Und so findet man heute noch Wellhornschnecken, seien es whelks, boulots oder wulken, immer noch auf den meisten Fischmärkten, die Schnecken werden als besonders in Großbritannien als streetfood mit Essig auf Märkten und an Imbissen ebenso verkauft, wie als Delikatesse in bekannten Restaurants.

Moderne Nutzung

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  Ostasiatische "Wellhornschnecken"?

Buccinum isaotakii: Diese Art ist vor allem in den kalten Gewässern rund um Hokkaido (Japan) hei-misch. Sie wird oft frisch auf Märkten angeboten und in Suppen oder gegrillt serviert.

Neptunea arthritica:Auch bekannt als "Japanese whelk". Diese Art kommt im Nordwestpazifik (und eingeschleppt im Schwarzen Meer) vor und wird häufig gekocht als Snack mit Sojasauce serviert.



"Asiatische Wellhornschnecke" (Rapana venosa, Muricidae) nahe Marseille. Bild: Frédéric André, iNaturalist.org.

Rapana venosa: Obwohl sie zur Familie der Sta-chelschnecken (Muricidae) gehört, wird sie oft als "whelk" vermarktet. Ursprünglich aus dem Japa-nischen Meer stammend, wurde sie durch Schiffs-verkehr (Ballastwasser) bis an die europäische Atlantikküste und das Schwarze Meer verschleppt. In China gilt sie als Delikatesse und wird oft gegrillt oder gedämpft angeboten.
Seit den Zeiten, als Wellhornschnecken Beifang und als "Arme-Leute-Essen" Zubrot für die Fischer der nordatlantischen Küsten waren, haben sie sich als Streetfood und als Delikatesse weit verbreitet. Während die schmackhaften Schnecken - ihr Geschmack wird als nussig bis würzig beschrieben - von Nordwestfrankreich bis nach Norwegen schon lange zur lokalen Meeresfrüchteküche gehören, hat sich das Interesse an den vielseitigen Tieren heute weit über Europa hinaus verbreitet. Besonders in asiatischen Ländern wie Japan, Korea und China gelten sie als Delikatesse. Die Familie Buccinidae, zu der die Wellhornschnecke (Buccinum undatum) gehört, ist sehr wohl auch in anderen Teilen der Welt zu finden, so zum Beispiel die Gattung Burnupena an der Küste Südafrikas. Auch in Ostasien gibt es Wellhornschneckenarten, wie z.B. unterschiedliche Buccinum-Arten und ähnliche Gattungen, wie Rapana und Neptunea (vgl. Kasten rechts). Doch ist der Bedarf an Wellhornschnecken dort so groß, dass große Mengen aus Europa importiert werden.

Whelks - scavengers that can drill into mussel shells!: Meeresbiologe Prof. Charles Griffiths berichtet über die Lebensweise südafrikanischer Wellhornschnecken (Burnupena).

Zubereitungsarten

Wellhornschnecken sind nicht nur an den Küsten Europas ein beliebtes Gericht, sondern inzwischen auch in vielen anderen Teilen der Welt. Während sie in Großbritannien traditionell in Essig eingelegt und als "Whelks in Vinegar" auf Märkten verkauft werden, gelten sie in Frankreich als Delikatesse. Hier werden sie als Bulots Mayonnaise serviert – in Salzwasser gegart und mit einer würzigen Mayonnaise gereicht. Diese Spezialität findet man vor allem in den Fischmärkten der Normandie und der Bretagne.

In Belgien heißen die Schnecken karakollen oder wulken und werden auf Jahrmärkten und Straßenfesten in kräftigen Kräutersuden gegart und heiß serviert. Ihr intensiver, leicht salziger Geschmack macht sie zu einem beliebten Snack.

Auch in Asien sind Wellhornschnecken beliebt. In Korea werden sie als Golbaengi Muchim (골뱅이 무침) zubereitet – dabei werden die Schnecken mit Gemüse, scharfer Chilipaste (gochujang) und Sesamöl angemacht und als Beilage zu kaltem Reiswein serviert. In China findet man sie häufig in Suppen und Eintöpfen, in Japan werden Wellhornschnecken als Zutat in Suppen oder roh als Sashimi verwendet.

Auch in der Delikatessenküche gewinnen Wellhornschnecken zunehmend an Bedeutung. Ein Beispiel für eine moderne Entwicklung sind die "Whelk Spring Rolls" aus der Küche des bekannten Seafood-Starkochs Rick Stein und seines Sohnes Jack Stein: Eine Fusion aus asiatischer Kochkunst und europäischer Tradition. Die zarten Schneckenstücke werden in Teigblätter eingewickelt und knusprig frittiert – ein Gericht, das sich wachsender Beliebtheit erfreut.

Unsung Seafood: Rick Stein tries Jack's Whelk Springrolls.

Export und Handel

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Weltweite Fangquoten der Wellhornschnecke (Buccinum undatum). Quelle: FAO: Whelk (Buccinum undatum).
 
Die steigende Nachfrage aus Asien hat zu einem florierenden Exportmarkt geführt. Insbesondere Großbritannien und Irland liefern große Mengen an Wellhornschnecken nach Japan und China. Die Exporte erreichen jährlich ein Volumen von mehreren tausend Tonnen (lt. Daten der FAO von 14.045t 1988 auf 42.891.352t 2019, vgl. Diagramm) und sind ein wichtiger Bestandteil der Küstenwirtschaft.

FAO: Whelk (Buccinum undatum): Seite der UN Food and Agriculture Organization (FAO) mit Daten zu Verbreitung und Fischereizahlen der Wellhornschnecke.

Ein Großteil der gefangenen Wellhornschnecken wird in speziellen Verarbeitungsbetrieben gereinigt, gekocht und konserviert, bevor sie tiefgefroren nach Asien verschifft werden. Die Schnecken werden dort entweder direkt verkauft oder weiterverarbeitet – häufig zu Konserven oder getrockneten Produkten.

In zunehmendem Maße werden sich daher Gedanken über eine nachhaltigere Nutzung der Wellhornschnecke und einen Schutz der natürlichen Populationen gemacht, die in ihren Ökosystemen eine bedeutende Rolle spielen (s.o.).

Eine Möglichkeit zur Entlastung der natürlichen Vorkommen der Wellhornschnecke sind dabei z.B. sogenannte Aquakulturen, d.h. Farmen, in denen wasserlebende Tiere, wie die Wellhornschnecke, gehalten, gezüchtet und aufgezogen werden.

Ein solches Projekt wird z.B. aus Dänemark beschrieben, ähnliche Farmen sind aber auch in Frankreich, Kanada, Großbritannien und Belgien entstanden.

NIELSEN, J.W., Rønfeldt, J.L. (2022): "Appraisal of a novel fishery of whelks (Buccinum undatum) in Danish Waters". Regional Studies in Marine Science 56. (Link).
CBC Kanada: Commercial whelk fishery opens in eastern Cape Breton (Nova Scotia, Kanada).
Northwest Atlantic Fisheries Organization (NAFO), Kanada: Whelk (Buccinum undatum) ... Newfoundland and Labrador Region: Wirtschaftliche Wellhornschnecken-Fischerei an der Südküste Neufundlands.

Nachhaltigkeit und Schutz

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Die Wellhornschnecke gilt zwar als widerstandsfähig, doch Überfischung und der Einsatz von umweltbelastenden Fischereimethoden haben in den letzten Jahren zu Bestandsrückgängen geführt. Besonders die Nutzung von Schleppnetzen beschädigt die Meeresböden, was auch die natürlichen Lebensräume der Schnecken beeinträchtigt. Darüberhinaus werden Wellhornschnecken, ebenso wie andere Meerestiere, durch die allgemeine Verschlechterung der Wasserqualität durch den Menschen, aber auch durch den Kilmawandel, beeinträchtigt. Nachdem die Wellhornschnecke eine Raubschnecke oder ein Aasfresser ist, akkumuliert sie außerdem Schadstoffe aus den Organismen ihrer Beute und wird daher noch stärker in Mitleidenschaft gezogen, als etwa pflanzenfressende Meeresschnecken.

Großbritannien hat als eines der ersten Länder Schutzmaßnahmen eingeführt, die Mindestgrößen für den Fang festlegen und bestimmte Fangmethoden regulieren. Auch in den Niederlanden und Irland wird zunehmend auf nachhaltige Fischerei geachtet, um die Bestände langfristig zu sichern.

North Western Inshore Fisheries and Conservation Authority (NWIFCA) (Großbritannien): Managing sustainable fisheries: Shellfish: Whelk.

Strandschnecken (Littorinidae)

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Biologie und Lebensweise

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Strandschnecken (Littorina littorea) bei Niedrigwasser.
Bild: L. Packer (iNaturalist), Massachusetts, USA.
 
Strandschnecken (Littorinidae) sind typische Bewohner der Gezeitenzonen der Nord- und Ostsee, sowie der atlantischen Küsten Europas und Nordamerikas. Sie sind sehr gut an die extremen Bedingungen der Gezeitenzone angepasst, wo sie regelmäßig zwischen Wasser und Trockenzone wechseln müssen: Strandschnecken besitzen, wie die meisten schalentragenden Meeresschnecken einen Schalendeckel (Operculum), mit dem sie die Mündung ihres Gehäuses bei Ebbe verschließen können. So verhindern sie es, auszutrocknen, während sie stundenlang den niedrigen Wasserstand überdauern. Einige Arten, wie die Gemeine Strandschnecke (Littorina littorea), können so bis zu mehrere Tage ohne Wasser überleben.

Bei ihrer Lebensweise in der Gezeitenzone ist den Strandschnecken besonders ihr muskulöser Fuß sehr nützlich, mit dem sie sich unter Zuhilfenahme des Sohlenschleims gut an der glatten und oft rutschigen Oberfläche der Felsen festhalten können, ohne auch bei starkem Wellengang davon gespült zu werden. Strandschnecken ernähren sich hauptsächlich vom Algenbewuchs der Küstenfelsen, den sie mit ihrer Raspelzunge (Radula) abweiden. Besonders aktiv sind die Tiere naturgemäß während der Flut, wenn ihre Nahrungsquellen unter Wasser stehen. Interessant ist auch, dass Strandschnecken je nach Standort unterschiedliche Nahrungsstrategien entwickeln: An Küsten mit starkem Wellengang neigen sie dazu, fest sitzende Algen abzuweiden, während sie in ruhigeren Gewässern auch weiche Algenfilme von der Oberfläche abraspeln.

Die Strandschnecken sind getrenntgeschlechtlich. Die Paarung erfolgt meist im Frühjahr, oft synchron mit den Gezeitenzyklen. Nach der im Inneren des Körpers stattfindenden Befruchtung legen die Weibchen kleine Eikapseln an geschützten Stellen ab. Aus den Eiern schlüpfen freischwimmende Veliger-Larven, die sich im Plankton entwickeln, bevor sie sich am Boden absetzen und zum erwachsenen Tier heranwachsen.

Verbreitung und Lebensraum

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  Strandschnecken der Nord- und Ostsee

Folgende Arten der Strandschnecken (Littorinidae) kommen an Nord- und Ostsee vor:
- Große Strandschnecke (Littorina littorea)
- Flache Strandschnecke (Littorina obtusata)
- Spitze Strandschnecke (Melarhaphe neritoides)
- Felsenstrandschnecke (Littorina saxatilis).
(vgl. MolluscaBase eds. (2025). Littorinidae CHILDREN, 1834).


Große Strandschnecke (Littorina littorea), Maine, USA.
Bild: Grace Shen, (iNaturalist)
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Bevorzugte Lebensräume:
- Melaraphe neritoides: Höhlungen, Spritzzone.
- Littorina saxatilis: Hartsubstrate, Hochwasserzone
- Littorina obtusata: Felstümpel, Gezeitenzone
- Littorina littorea: Hartsubstrate, bis 60m Tiefe
Die Familie der Strandschnecken (Littorinidae) ist in den gemäßigten Zonen der nördlichen Hemisphäre weit verbreitet. Ihr Hauptverbreitungsgebiet erstreckt sich entlang der Küstenlinien der Nord- und Ostsee, der Atlantikküste Europas sowie der Nordamerikanischen Atlantikküste.

Wikipedia: Litoral: Zonierung der Meeresküste (Erklärung derFachbegriffe).

Küstenregionen der Nord- und Ostsee

An den Küsten der Nord- und Ostsee sind Strandschnecken typische Bewohner der Gezeitenzone. Die häufigste Art ist die Große oder Gemeine Strandschnecke (Littorina littorea), die dort in riesigen Populationen auf Steinen, Buhnen und zwischen Seegraswiesen zu finden ist. Auch die Kleine Strandschnecke (Melarhaphe neritoides) besiedelt diesen Bereich, allerdings bevorzugt sie die höheren Zonen der Gezeitenbereiche, wo sie sich vor allem an senkrechten Felswänden festsetzt und in Felshöhlungen in der Spritzwasserzone lebt. Strandschnecken sind im Wesentlichen standorttreu, sie orientieren sich am Sonnenstand, um an ihren Ausgangspunkt zurückzukehren.

Familie Littorinidae - Strandschnecken. In: WIESE, V., JANKE, K.: Die Meeresschnecken und -muscheln Deutschlands, S. 98 ff. Quelle & Meyer Verlag 2021.

Atlantikküste Europas

Entlang der atlantischen Küste Europas, von Norwegen bis nach Portugal, sind Strandschnecken ebenfalls weit verbreitet. In diesen Regionen besiedeln sie felsige Küstenabschnitte ebenso wie Salzmarschen und Ästuare, wo sie sich perfekt an den Wechsel der Gezeiten angepasst haben.

Nordamerikanische Atlantikküste

An der Ostküste Nordamerikas sind vor allem die Große Strandschnecke (Littorina littorea) und die Felsenstrandschnecke (Littorina saxatilis) anzutreffen. Besonders die Große Strandschnecke gilt dort als invasive Art, die vermutlich im 19. Jahrhundert durch Schiffe aus Europa eingeführt wurde. Mittlerweile hat sie sich entlang der gesamten Küste bis nach Kanada verbreitet und wird sogar wirtschaftlich genutzt.

Ökologische Bedeutung

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Strandschnecke (Littorina littorea) beim Abweiden des Algenbewuchses.
Bild: Matreks (iNaturalist), Norwegen.
 
Strandschnecken spielen eine wesentliche Rolle im ökologischen Gefüge der Gezeitenzonen: Ihre Hauptnahrung besteht aus Algen und Aufwuchs, die sie von Felsen, Steinen und Seegras abweiden. Dieser Fressvorgang hinterlässt charakteristische Fraßspuren, die oft als feine Linien und Muster auf dem Gestein sichtbar sind. Die intensive Weideaktivität der Strandschnecken trägt zur Kontrolle des Algenbewuchses bei und fördert das Wachstum neuer Algenpopulationen, indem übermäßiges Wachstum reduziert wird.

Auch in den Seegraswiesen sind Strandschnecken sehr wichtig: Sie weiden den Algenbewuchs von den Seegraspflanzen ab und unterstützen dadurch das Wachstum der Pflanze. Seegraswiesen wiederum sind ein bedeutendes Ökosystem des Meeres.

Man bezeichnet Strandschnecken daher auch als "Gärtner der Gezeitenzonen".

NABU: Putzkolonne für Seegraswiesen: Strandschnecken (Littorinidae spp.).

Durch ihre hohe Populationsdichte beeinflussen Strandschnecken auch andere Organismen. Die von ihnen freigelegten Flächen bieten Platz für die Ansiedlung neuer Algen und Kleinstlebewesen. Gleichzeitig sind die Schnecken auich eine wichtige Nahrungsquelle für viele Küstenvögel, Fische und Krebse. Auch die Schalen von Strandschnecken werden nach deren Ableben von Einsiedlerkrebsen, wie dem Langarm-Einsiedlerkrebs (Pagurus longicarpus) genutzt. Ursprünglich an der amerikanischen Ostküste verbreitet, wurde diese Krebsart inzwischen im Ballastwasser von Schiffen bis in die Nordsee verschleppt, wo sie seit 2022 nachgewiesen ist.

NEUMANN, H., KNEBELSBERGER, T., BARCO, A., HASLOB, H. (2022): First record and spread of the long-wristed hermit crab Pagurus longicarpus SAY, 1817 in the North Frisian Wadden Sea (Germany). BioInvasions Records 11/2, pp. 482–494 (PDF).
BLACKSTONE, N.W., JOSLYN, A.R. (1984): Utilization and preference for the introduced gastropod Littorina littorea (L.) by the hermit crab Pagurus longicarpus (SAY) at Guilford, Connecticut. Journal of Experimental Marine Biology and Ecology 80/1, pp. 1-9 (Abstract).

Da sie in direktem Kontakt mit dem Wasser leben und Schadstoffe über ihre Nahrung aufnehmen, spiegeln die Bestandszahlen und Gesundheit von Strandschnecken den Zustand ihrer Lebensräume wider. Sie sind daher nützliche Bioindikatoren für Umweltveränderungen. In der Nord- und Ostsee werden die Populationen von Strandschnecken regelmäßig in Umweltmonitoring-Programmen untersucht, um Rückschlüsse auf Schadstoffbelastung, Temperaturveränderungen und Versauerung der Meere ziehen zu können. Ähnlich, wie auch die Wellhornschnecken werden auch die Strandschnecken von den Auswirkungen der Meeresverschmutzung durch TBT in Mitleidenschaft gezogen.

In der Ostsee ist die Große Strandschnecke (Littorina littorea) auch ein Leitfossil: Nach dieser Art wurde das sogenannte Littorina-Meer benannt, das vor etwa 7000 Jahren im Gebiet der heutigen Ostsee entstand. Salzhaltiges Meerwasser drang dabei aus dem Atlantik in das bis dahin mit Süßwasser gefüllte Ostseebecken ein. Die sogenannte Littorina-Transgression, die tiefgreifende Auswirkungen auf Ökosysteme ebenso wie die Siedlungstätigkeit in der Umgebung hatte, ist dabei nach fossilen Nachweisen von Littorina littorea benannt, die aus der damaligen Zeit erstmals plötzlich nachgewiesen werden konnten.

Littorina-Transgression (Wikipedia).
RÖSSLER, D. (2006): Reconstruction of the Littorina Transgression in the Western Baltic Sea. Meereswissenschaftliche Berichte, Nr. 67. Institut für Ostseeforschung. (PDF).

Kulinarische Bedeutung

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Große Strandschnecke (Littorina littorea) bei Niedrigwasser.
Bild: jsep1 (iNaturalist), Massachusetts, USA.
Besonders in Frankreich sind die kleinen Schnecken heute unter dem Namen "Bigorneaux" bekannt, werden aber auch in Großbritannien, Belgien und den Niederlanden als Delikatesse geschätzt. Neben der Bezeichnung "Bigorneaux" haben Strandschnecken in Frankreich  eine Vielzahl regionaler Namen. Im englischen Sprachraum nennt man sie "periwinkles"; ähnlich wie beim Ausdruck "whelks" für Wellhornschnecken, bezeichnet dies auch hier alle kleineren Schnecken, die annähernd so aussehen wie eine Strandschnecke. Aber auch in Frankreich bezeichnet man als "bigorneaux perceurs" Stachelschnecken, wie z.B. die Nordsiche Purpurschnecke (Nucella lapillus: "Bigorneau blanc" oder "poupre") oder die Gerippte Purpurschnecke (Ocenebra erinacea: "cormaillot").


Strandschnecken (caracolillos) in einem Restaurant in
Spanien. Bild: L'irlandés (Wikipedia).
 
Wikipedia: Bigorneaux perceurs (Französisch).
Wikipedia: Autres noms vernaculaires (Französisch).

Die Zubereitung der Strandschnecken erfolgt traditionell durch einfaches Kochen in Salzwasser, oft verfeinert mit einem Schuss Weißwein, Lorbeerblättern und etwas Knoblauch. Nach einer Kochzeit von etwa 10 bis 15 Minuten sind die Schnecken gar und werden häufig als Vorspeise oder Beilage serviert. Der Verzehr erfolgt direkt aus der Schale. Mit einer speziellen kleinen Nadel oder einem Zahnstocher wird das Schneckenfleisch aus dem Gehäuse gezogen. Der Geschmack ist leicht nussig und erinnert an Muscheln, jedoch mit einer eigenen, unverwechselbaren Note. In Frankreich gehören Bigorneaux zu den festen Bestandteilen der Plateaux de Fruits de Mer, der berühmten Meeresfrüchte-Platten, die auf vielen Märkten und in Restaurants angeboten werden. Auch in Belgien und den Niederlanden sind gekochte Strandschnecken häufig auf Wochenmärkten zu finden. Besonders in den Hafenstädten wird diese traditionelle Delikatesse oft frisch zubereitet verkauft.

Der Fang der Strandschnecken erfolgt traditionell per Hand oder mit speziellen Reusen, die zwischen Felsen und Seegras ausgebracht werden. In den letzten Jahren wurde die Nachhaltigkeit dieser Fischerei stärker reguliert, um Überfischung zu vermeiden und den Bestand der Strandschnecken zu schützen. In Frankreich hat es allerdings auch Tradition, bei Strandspaziergängen Strandschnecken zu sammeln und diese dann anschließend frisch zubereitet zu konsumieren.

La pêche des bigorneaux (Französisch): Sammeln von Strandschnecken als traditionelle Freizeitaktivität an den französischen Meeresküsten.

In Kantabrien im Norden Spaniens haben Strandschnecken sogar eine besonders lange Tradition: In der Grotte von Altamira an der Nordküste Spaniens wurden fossile Schalen-Überreste gefunden, die darauf hinweisen, dass Menschen bereits vor 15.000 Jahren dort Strandschnecken als Nahrung sammelten.

Wikipedia: Littorina littorea - Utilisation (Französisch).

Auch heute noch gehören im nordspanischen Kantabrien Strandschnecken, caracolillos genannt, zur Lokalküche. Die kleinen Schnecken werden meist in Salzwasser gekocht und mit einer einfachen, aber schmackhaften Sauce serviert.

Auch in den Häfen Galiciens oder in den Buchten des Baskenlandes sind Strandschnecken auf den Märkten zu finden, oft zusammen mit anderen Meeresfrüchten, wie Miesmuscheln oder Herzmuscheln. Vor allem auf den traditionellen Volksfesten sind sie ein fester Bestandteil der lokalen Gastronomie. Und auch in der Geschichte florierte der Handel mit den Schnecken: Auf dem historischen Markt von Bilbao, dem Mercado de la Ribera, dem größten überdachten Markt Spaniens, wurde schon im 19. Jahrhundert mit Schnecken gehandelt, die von den Händlern direkt aus den Küstengewässern Kantabriens und Galiciens hergebracht wurden, oft in Fässern eingelegt, so dass sie länger haltbar blieben. In den engen Gassen rund um den Markt wurden sie dann in großen Töpfen gekocht.

Damals war es in Bilbao sehr beliebt, die Schnecken mit einer kräftigen Knoblauchsauce oder einer scharfen Tomatenmarinade zu servieren, ein Gericht, das auch heute noch bei den Semana-Grande-Feierlichkeiten (Aste Nagusia) in Bilbao zur Anwendung kommt, wo man dieses Gericht in der Altstadt frisch zubereitet erhält.

In ähnlicher Weise fand auch hierzulande in den vergangenen Jahrhunderten ein schwunghafter Handel mit Weinbergschnecken von Schwaben nach Wien statt: ( Geschichte der Schneckenzucht).

Wirtschaftliche Nutzung

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Strandschnecken sind in vielen Küstenregionen nicht nur eine kulinarische Delikatesse, sondern auch von wirtschaftlicher Bedeutung: Insbesondere in Frankreich und Spanien, Belgien und den Niederlanden, sowie in Großbritannien sind sie ein fester Bestandteil des Meeresfrüchtemarktes.

Der Fang der Schnecken erfolgt traditionell von Hand, vor allem während der Ebbe, wenn die Tiere in den Gezeitentümpeln und an den Felsküsten leicht erreichbar sind. In einigen Regionen werden dazu auch spezielle Reusen oder Körbe verwendet, die zwischen den Felsen ausgelegt werden, um die Schnecken einzufangen. Oft werden die Schnecken werden dann in kleinen Netzen oder Körben abgepackt und an Marktständen angeboten.

Die größte Nachfrage nach Strandschnecken besteht in Frankreich und Großbritannien. Interessanterweise wird allerdings ein Teil der in Großbritannien gefangenen Schnecken auch nach Asien exportiert, wo sie als Delikatesse gelten, besonders nach Südkorea und Japan, wo Strandschnecken als Snack in Dosen konserviert und angeboten werden. Die Verarbeitung für den Export erfolgt meist direkt in den Küstenregionen, wo die Schnecken gereinigt, vorgekocht und dann entweder tiefgefroren oder in Dosen verpackt versandt werden. Durch diese Konservierungsmethoden sind sie auch außerhalb der Erntezeit verfügbar und können weltweit gehandelt werden.

In den letzten Jahren wurde die Nachhaltigkeit des Strandschneckenfangs stärker reguliert. In Großbritannien und Irland gibt es mittlerweile festgelegte Fangquoten sowie Mindestgrößen für den Fang, um die Bestände zu schützen. Auch in Frankreich gibt es strenge Vorschriften, um eine Überfischung der Bestände zu vermeiden. Die Einführung solcher Regulierungen war notwendig, da die Nachfrage in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen hat und Überfischung in manchen Regionen bereits spürbar wurde. Projekte zur Aufzucht und nachhaltigen Nutzung von Strandschnecken werden mittlerweile erforscht, um eine langfristige Sicherung der Bestände zu gewährleisten.

Meerohrschnecken (Haliotidae)

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Inhalt

Einführung und Biologie

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Was sind Abalones?

Der Ausdruck Abalone stammt ursprünglich von den indigenen Einwohnern des heutigen Kalifornien. Die spanischen Kolonisten machten daraus "abulón", was auf Englisch zur Bezeichnung "Abalone" führte.



Meerohr (Haliotis asinina), Heron Island, Queensland, AUS. Bild: Pete Woodall, iNaturalist.org.

Auf deutsch hat sich aufgrund der charakteristischen Schalenform der Begriff "Meerohr" durchgesetzt.
 
Die Meerohrschnecken oder Seeohren, auch als Abalonen bekannt, gehören zur Familie Haliotidae. Weltweit sind 66 rezente Arten bekannt, von denen die meisten in den gemäßigten und subtropischen Küstenregionen des Pazifiks beheimatet sind. Besonders große Populationen finden sich an den Küsten Japans, Kaliforniens, Australiens, Neuseelands und Südafrikas. Die größte Art ist mit 30 cm Schalendurchmesser das Rote Seeohr (Haliotis rufescens) mit Verbreitungsgebiet an der Westküste der USA.

Die auffällig flachen Gehäuse der Meerohrschnecken haben aufgrund ihrer sehr stark erweiterten Endwindung nicht nur eine charakteristische ohrförmige Form, sondern auch eine Reihe von kleinen Öffnungen entlang des Gehäuserandes. Diese Öffnungen dienen der Ableitung von Atemwasser sowie von Abfallstoffen aus der Mantelhöhle.

 
Schalenansicht (Ober- und Unterseite) eines Meerohrs (Haliotis asinina). Rechts: Großaufnahme des
Schalen-Gewindes. Bild: H. Zell (Wikipedia), bearbeitet.
Die Schaleninnenseite der Meerohrschnecken ist von Perlmutt bedeckt, das in schillernden Farben schimmert, weshalb Meerohren auch als "Irismuscheln" bezeichnet werden. Trotz der charakteristischen Perlmuttschicht sind Meerohrschnecken natürlich keine Muscheln, sondern Schnecken: Wenn das Tier umherkriecht, kann man erkennen, dass es einen Kopf mit zwei Fühlern besitzt und bei genauerem Hinsehen kann man auch erkennen, dass Meerohren sehr wohl eine Schalengewinde haben, nur ist es im Vergleich zur stark erweiterten Endwindung eben sehr klein.

Manche Meerohrschnecken (Haliotis gigantea) können sogar Perlen bilden, eine Fähigkeit, die sonst nur manche Muscheln besitzen.

Meerohrschnecken sind meist auf felsigen Untergründen zu finden, wo sie sich mit dem kräftigen, muskulösen Fuß festklammern. Das macht es potenziellen Fressfeinden, wie Seesternen, Kraken und bestimmten Fischarten und letztlich auch dem Menschen, sehr schwer, sie zu lösen, ähnlich wie eine Napfschnecke (Patellidae).

Die Hauptnahrung der Meerohrschnecken besteht aus Algen, die die Schnecken mithilfe ihrer Raspelzunge (Radula), vom Fels abweiden. Durch diese Ernährungsweise tragen sie zur Sauberkeit und Stabilität der Unterwasser-Vegetation bei und sind ein wesentlicher Bestandteil des marinen Ökosystems.

Wikipedia: Seeohren (Haliotis).
Peter Haffner: "Schnecken mit Schrecken - Abalone-Fischen in Kalifornien". Mare 98 (2013).

Meerohren vermehren sich durch externe Befruchtung, d.h. Männchen und Weibchen entlassen Ei- und Samenzellen ins umgebende Wasser, wo die Befruchtung stattfindet. Dabei produzieren die Tiere teilweise sehr große Mengen an Eiern, so kann die Rote Abalone (Haliotis rufescens) über 12 Mio. Eier produzieren. Die Entwicklung findet planktontisch über mehrere Larvenstadien (Trochophora- und Veliger-Larve) statt, bis zur Entwicklung der Jungschnecken, die sich dann an geeigneten Orten ansiedeln.

WILSON, N.H.F. & SCHIEL, D.R. (1995): Reproduction on two species of abalone (Haliotis iris and H. australis) in southern New Zealand. Marine and Freshwater Research 46(3), pp. 629 - 637. (Abstract).
Joshua Williams and Sarah Yesil: Haliotis fulgens auf Animal Diversity Web.
Wikipedia: Haliotis asinina: Life Cycle (Englisch).

Verbreitung und Lebensraum

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"Pāua" (Haliotis iris) sind in der Natur kaum vom Untergrund zu unter-
scheiden. Bild: Kevin Frank (iNaturalist), Wellington, NZ.
 
Meerohrschnecken (Haliotidae) sind weltweit in gemäßigten und tropischen Meeresregionen verbreitet. Die größten Populationen finden sich entlang der Küsten Nordamerikas, Südafrikas, Japans, Australiens und Neuseelands. Im Ostatlantik, bis ins Mittelmeer, im Norden bis zu den Kanalinseln, kommt das Grüne Meerohr (Haliotis tuberculata) vor.

Besonders an der Westküste der USA und in Mexiko sind große Bestände der Roten Abalone (Haliotis rufescens) zu finden. Kalifornien gilt als eines der historischen Zentren der Abalonenfischerei. Auch Japan, Südkorea und China betreiben großflächige Aquakulturen zur kommerziellen Nutzung der Meerohrschnecken. Australien und Neuseeland beheimaten ebenfalls große Populationen, wie die Schwarze Abalone (Haliotis rubra) und die Pāua (Haliotis iris), die wegen ihres farbenprächtigen Perlmutts, auch bei den neuseeländischen Ureinwohnern (Māori), besonders begehrt ist.

Südafrika beherbergt einige der seltensten und wertvollsten Arten der Haliotidae: Besonders die dort endemische Haliotis midae, auf Afrikaans perlemoen genannt, wird hier auch in nachhaltigen Aquakulturen gezüchtet. In freier Wildbahn sind die Bestände jedoch durch Überfischung stark gefährdet.

 
"Pāua" (Haliotis iris) sind bei den Māori beliebte Kunstobjekte.
Bild: Peter de Lange (iNaturalist), Kapiti Island, NZ.
Meerwasser-Lexikon: Haliotis midae - Perlemoen.
Wikipedia: Haliotis midae (Englisch).

Meerohrschnecken bevorzugen felsige Küstenregionen, wo sie sich in Spalten und unter Überhängen verbergen. Sie sind oft in der Gezeitenzone anzutreffen, wo sie sich von Algen ernähren. Die Jungtiere siedeln sich in seichterem Wasser an, während ältere Exemplare bis in Tiefen von 20 bis 30 Metern zu finden sind.

Die Schnecken sind strikt ortstreu und verlassen ihren Lebensraum selten, es sei denn, sie werden durch äußere Einflüsse wie Strömungen oder Stürme davongetragen. Diese Standorttreue macht sie jedoch auch anfällig für Umweltveränderungen, Verschmutzung und Überfischung.

Ökologische Bedeutung

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Meerohrschnecken spielen in marinen Ökosystemen eine entscheidende Rolle. Als spezialisierte Weidegänger ernähren sie sich von verschiedenen Algen, insbesondere von Makroalgen wie Seetang und Kelp. Durch ihren Weidetätigkeit tragen sie wesentlich zur Regulierung des Algenwachstums bei und verhindern so das Überwuchern von Korallenriffen und anderen marinen Lebensräumen. In Gebieten mit stabilen Abalone-Populationen entstehen häufig sogenannte Kelpwälder, die Lebensraum und Nahrung für unzählige marine Arten bieten. Gleichzeitig schaffen die Meerohrschnecken durch ihren Fraß freie Flächen auf Felsen, die wiederum neuen Algenbewuchs und Siedlungsflächen für andere Organismen ermöglichen. Besonders Haliotis rufescens an der Westküste der USA trägt erheblich zur Stabilität dieser Ökosysteme bei.

Über diese ökologische Bedeutung hinaus sind Meerohrschnecken auch ein bedeutender Bestandteil des marinen Nahrungskreislauf: Sie dienen verschiedenen Meerestieren als Nahrungsquelle, darunter Kraken, Seesterne, Hummer und bestimmte Fischarten wie die Lippfische (Labridae). In Australien und Neuseeland gehören die Pāua-Schnecken (Haliotis iris) zur Beute großer Populationen von Hummern.

Aufgrund ihrer Standorttreue sind Meerohrschnecken sehr empfindlich gegenüber Umweltveränderungen aufgrund von Meeresverschmutzung, Überfischung und Klimawandel. Die Bestände sind daher ein wertvoller Indikator für die ökologische Gesundheit mariner Lebensräume. In Regionen mit starker Wasserverschmutzung gehen die Populationen rapide zurück, was wiederum das Gleichgewicht der Algenbestände gefährdet.

Wikipedia: Haliotis: Conservation (Englisch).

Kulinarische und wirtschaftliche Nutzung

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Meerohrschnecken, auch bekannt als Abalone (Mz.: Abalonen), gelten in vielen Teilen der Welt als exquisite Delikatesse. Besonders in Asien, Australien, Neuseeland und den USA sind sie hoch geschätzt und gelten als Zeichen von Luxus und feiner Küche. Die Zubereitung von Abalone ist eine Kunst für sich, die teils über Generationen weitergegeben wird.

 
Tokobushi Sashimi in einem japanischen Restaurant. Quelle: Wikipedia.
Abalone zeichnet sich durch ihr festes, zugleich zartes Fleisch aus, das einen leicht süßlichen, nussigen Geschmack besitzt. Besonders die Pāua-Schnecke (Haliotis iris) aus Neuseeland und die Rote Abalone (Haliotis rufescens) aus Kalifornien genießen weltweit einen hervorragenden Ruf. In Japan ist die Awabi (アワビ), wie die Meerohrschnecke dort genannt wird, ein unverzichtbarer Bestandteil der gehobenen Küche. Häufig wird sie dort roh als Sashimi oder in feinen Scheiben gegrillt serviert.

Japanische Tokobushi (トコブシ) sind Haliotis diversicolor, oftmals auch unter dem obsoleten Namen Sulculus diversicolor supertexta zu finden. Nachdem die japanischen Vorkommen der Schneckenart von Hokkaido bis Kyushu die Ansprüche des japanischen Marktes nicht stillen können, müssen die Tiere in größeren Mengen aus Taiwan und China, oder eine verwandte Art (Haliotis glabra GMELIN 1791) von den Philippinen importiert werden.

Sushiuniversity.jp: What is tokobushi abalone sushi?.
WoRMS: MolluscaBase eds. (2025): Haliotis diversicolor REEVE, 1846.

Zubereitungsmethoden rund um den Globus:

Aufgrund ihrer langsamen Wachstumsrate und der hohen Nachfrage gelten Abalonen heute als Luxusgut. Frisch geerntete Exemplare erreichen Spitzenpreise auf den Märkten und sind in Gourmetrestaurants weltweit eine seltene Delikatesse. Der Verzehr von wild gesammelten Abalonen ist in vielen Regionen streng reguliert oder gar verboten, um die Bestände zu schützen. Zunehmend wird daher auf Aquakultur gesetzt, um den hohen Bedarf zu decken, ohne die natürlichen Populationen weiter zu gefährden.

Die wirtschaftliche Nutzung der Meerohrschnecken ist weltweit von großer Bedeutung und reicht von der Lebensmittelindustrie bis hin zur Schmuckherstellung. Aufgrund ihres hohen Marktwerts zählen Abalone-Farmen heute zu den lukrativsten Aquakulturen in den Küstenregionen von Asien, Australien, Neuseeland, Südafrika und den USA. Wilde Bestände der Meerohrschnecken sind in vielen Regionen stark dezimiert, vor allem durch Überfischung und Umweltveränderungen. Daher hat sich die Aquakultur als nachhaltige Alternative etabliert:

Auch in manchen Teilen Europas wird das Grüne Meerohr (Haliotis tuberculata) vom Menschen als seafood genutzt. "Ormering" (nach der englischen Bezeichnung green ormer für Haliotis tuberculata) ist auf den Kanalinseln (Jersey, Guernesey und Anglesey) eine ähnlich traditionelle Freizeitbeschäftigung wie das Sammeln von Strandschnecken in Nordfrankreich. Nachdem die Schnecke aufgrund der ökologischen Belastung der Nordsee und des Englischen Kanals, sowie wegen der übermäßigen Befischung stellenweise selten geworden ist, ist das Sammeln grüner Meerohrschnecken auf den Kanalinseln heute streng reglementiert.


Grünes Meerohr (Haliotis tuberculata): Lanzarote, Kanaren.
Bild: Oscar Sampedro (iNaturalist).
 
Wikipedia: Green ormer (Haliotis tuberculata): Human Use (Englisch).

Historische und kulturelle Bedeutung

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Māori-Schnitzerei mit Augen aus Pāua (Haliotis
iris
). Bild: James Shook (Wikipedia).
Ein weiteres wirtschaftliches Standbein der Meerohrschnecken ist die Schmuckherstellung. Die Innenseite der Schale, das sogenannte Perlmutt, schimmert in brillanten Farben und wird seit Jahrhunderten für die Herstellung von Schmuck, Knöpfen und Kunstobjekten genutzt.

  • Pāua-Schmuck: In Neuseeland sind kunstvoll gefertigte Schmuckstücke aus der Schale der Pāua-Schnecke (Haliotis iris) ein fester Bestandteil der Māori-Kultur und ein beliebtes Souvenir.
  • Perlmuttknöpfe: In Europa waren Knöpfe aus Abalone-Schalen im 19. und frühen 20. Jahrhundert sehr gefragt. Heute erleben sie als hochwertiges Accessoire in der Modebranche ein Comeback.
  • Intarsienarbeiten: Besonders in Asien und dem Nahen Osten wird das schimmernde Perlmutt für edle Intarsien in Möbeln und Kunstobjekten verwendet.

Aufgrund der hohen Nachfrage und der begrenzten Verfügbarkeit entwickelte sich in den letzten Jahrzehnten ein lukrativer Schwarzmarkt. Besonders in Südafrika, Australien und Neuseeland gibt es illegale Abalone-Fischerei, die oft von organisierten Verbrechergruppen kontrolliert wird. Die gestohlenen Bestände werden häufig nach China exportiert, wo sie als Delikatesse zu hohen Preisen verkauft werden. Überfischung und illegaler Handel haben in einigen Regionen zusätzlich zu einem dramatischen Rückgang der Bestände geführt. Besonders betroffen sind die Perlemoen (Haliotis midae) in Südafrika und die "Blacklip Abalone" (Haliotis rubra) in Australien, sowie die Pāua (Haliotis iris) in Neuseeland.

Wikipedia: Abalone fishing in South Africa (Englisch)
Wikipedia: Pāua: Harvesting (Englisch).

Die Chumash, ein indigenes Volk Kaliforniens, nutzten die Schalen von Meerohrschnecken als Währungseinheit. Dabei wurden kleine, flache Perlen aus dem Perlmutt der Schalen geschliffen und aufgefädelt. Diese Perlen dienten dann als Zahlungsmittel und hatten je nach Größe und Glanz unterschiedliche Werte. Auch andere Stämme der amerikanischen Westküste wie die Pomo und die Wiyot verwendeten Abalone-Schalen als Tauschmittel. Die Perlen galten als wertvoller als die unbearbeiteten Schalen und wurden häufig gegen Werkzeuge, Lebensmittel oder Schmuck eingetauscht.

Ähnlich wie die Kaurischnecken (Cypraeidae, z.B. Monetaria moneta), die in Afrika, Asien und Ozeanien als Währung genutzt wurden, erfüllten die Abalone-Schalen im pazifischen Raum eine ähnliche Rolle: Während Kaurischnecken aufgrund ihrer geringen Größe und der stabilen Form als Münzen dienten, wurden Abalone-Perlen in langen Schnüren aufgefädelt, die den Wert bestimmten.

Beide Währungen haben eine tiefe kulturelle Bedeutung. Die Kaurischnecke stand für Fruchtbarkeit und Wohlstand, während die Abalone-Schalen in der Symbolik der amerikanischen Ureinwohner für Wohlstand, Schutz und Verbundenheit zur Küste standen.

 

Letzte Änderung: 01.07.2025 (Robert Nordsieck).