Walddeckelschnecken

Cochlostomatidae Kobelt, 1902

Einleitung

 
Cochlostoma septemspirale aus der Schweiz.
Bild: © Stefan Haller, (schneckenfoto.ch).
Ähnlich, wie die Landdeckelschnecken (Pomatiidae) sind auch die Walddeckelschnecken (Cochlostomatidae) landlebende Schnecken, die aber einen Deckel (Operculum) tragen und näher mit wasserlebenden Gruppen verwandt sind, als mit anderen Landschnecken. Mit den Landdeckelschnecken sind wiederum aber auch die Walddeckelschnecken nicht nennenswert näher verwandt. Zu ihren Verwandten gehören aber die Apfelschneckenverwandten (Ampullarioidea), also auch die süßwasserlebenden Fluss- und Sumpfdeckelschnecken (Viviparidae).

Hier besteht also die Möglichkeit, dass Schnecken das Land auf dem Umweg über das Süßwasser besiedelt haben, nicht auf direktem Wege, wie etwa sie mit den Strandschnecken (Littorinidae) verwandten Landdeckelschnecken oder die Verwandten der Küstenschnecken (Ellobioidea), zu denen auch die Zwerghornschnecken (Carychiidae) gehören.

Wie die Schnecken an Land gelangten.

Walddeckelschnecken haben ein getürmtes, spitzes Gehäuse mit mehr oder minder gerundeten Umgängen und einer charakteristisch kreisrunden Mündung mit breiter Mündungslippe. Die Schalenoberfläche weist eine Oberflächenstruktur aus Rippen auf, deren Form und Dichte in ähnlicher Weise zur Bestimmung der Art heran gezogen wird, wie bei den Schließmundschnecken (Clausiliidae). Walddeckelschnecken sind getrennt geschlechtlich, ebenso wie die Landdeckelschnecken.

Systematik

Gastropoda
Unterklasse: Orthogastropoda
Überordnung: Caenogastropoda
Ordnung: Architaenioglossa
Überfamilie: Cyclophoroidea
Familie: Cochlostomatidae Kobelt, 1902

Quelle: MolluscaBase eds. (2025): Cochlostomatidae Kobelt, 1902.

Taxonomie der Gastropoda: Klade Caenogastropoda: Cochlostomatidae.

Links

Literatur

Die Walddeckelschnecken (Cochlostomatidae) Österreichs

Quelle: Wolfgang Fischer et al.: Checklist of Austrian Mollusca.

Kleine Walddeckelschnecke - Cochlostoma septemspirale (Razoumowsky, 1789)


Cochlostoma septemspirale, aus dem Salzkammergut.
Bild: Martina Eleveld.
 
Beschreibung: Die Kleine Walddeckelschnecke besitzt ein graues oder weiß graues bis leicht rötlich braun gefärbtes Gehäuse mit drei Reihen von spiralig verlaufenden, mehr oder weniger deutlichen dunklen Flecken. Der Nabel ist sehr eng und nadelförmig; er ist teilweise durch den umgebogenen Mundsaum bedeckt.  Die Oberfläche ist stark gerippt, etwa sechs bis acht Rippen kommen auf einen Millimeter. Die Oberfläche des Gehäuses weist 6 Querrippen pro Millimeter auf. Die Schalenmündung ist innen weiß. Der Schalendeckel (Operculum) ist hornig und biegsam.

Der Weichkörper der Schnecke ist dunkelgrau bis schwarz gefärbt, der Fuß des Tieres ist ungeteilt. Die Tiere sind getrenntgeschlechtlich (s.o.), es ist ein leichter Sexualdimorphismus erkennbar: Die Gehäuse der Weibchen sind etwas schlanker, dafür etwas größer. Die Mündung ist bei den Weibchen etwas in der Höhe reduziert. Das Volumen der Gehäuse der Weibchen ist ungefähr um ein Fünftel größer als das der Gehäuse der Männchen. Der letzte Umgang bei den Gehäusen der Weibchen ist geringfügig weniger stark pigmentiert als bei den Männchen, außerdem ist die mittlere Dichte der Rippen bei den Weibchen höher.

Alle Merkmale überlappen stark und für sich allein genommen eignet sich kein Merkmal, Weibchen und Männchen anhand des Gehäuses sicher zu unterscheiden. In einem Analyseversuch, bei dem fünf Merkmale heran gezogen wurden, gelang es jedoch, 90% aller Gehäuse sicher einem Geschlecht zuzuordnen.

Reichenbach, F.; Baur, H.; Neubert, E. (2012): Sexual dimorphism in shells of Cochlostoma septemspirale. In: Zookeys (208), S. 1–16. (Link).

Fossil sind die Cochlostomatidae seit dem Paläozän bekannt.

 
Cochlostoma septemspirale aus der Schweiz.
Bild: © Stefan Haller, (schneckenfoto.ch).
   
 
Cochlostoma septemspirale mit zwei Schließmundschnecken
(Clausiliidae): Isère, Rhône-Alpes, Frankreich.
Bild: Guillaume Hoffmann (iNaturalist).
Bild von Cochlostoma septemspirale von Stefan Haller.

Maße: H: 6,7 - 10,2 mm; B: 3,2 - 4,4 mm; U: 7 - 10. Information: Abkürzungen

Lebensweise und Verbreitung: Die Kleine Walddeckelschnecke lebt auf Kalkboden, an Felsen und Bäumen, bei Trockenheit unter Laub und Geröll. Das Tier kriecht recht langsam, ist sehr scheu und nur bei feuchter Witterung aktiv. Bei Trockenheit verschließt es den Deckel. Bei feuchtem Wetter kann die Kleine Walddeckelschnecke bis zu 2 m an Bäumen empor klettern. Cochlostoma septemspirale lebt von Pflanzenresten und weidet Algen von Steinen und Baumrinde.

Das Verbreitungsgebiet der Art erstreckt sich von den Pyrenäen über Südeuropa und Süddeutschland bis auf den mittleren Balkan. Im Gebirge tritt die Kleine Walddeckelschnecke bis in einer Höhe von 2100 m NN auf. In Deutschland ist Cochlostoma septemspirale im Oberrheingebiet, in Südostbayern, bei Kelheim an der Donau und an der untersten Altmühl anzutreffen.

Bedrohungssituation: In der Roten Liste Deutschlands (2012) wird die Kleine Walddeckelschnecke als extrem selten eingestuft ( vgl. Gefährdungskategorien gemäß Roter Liste).

Unterarten

In der Art Cochlostoma septemspirale unterscheidet man mehrere Unterarten:

Links

Graue Turmdeckelschnecke - Cochlostoma henricae (Strobel, 1851)


Graue Turmdeckelschnecke (Cochlostoma hen-
ricae
): Trentino, Südtirol.
Bild: Gaëtan Jouvenez (iNaturalist).
 
Beschreibung: Das rechtsgewundene Gehäuse  der Grauen Turmdeckelschnecke ist schlank-turmförmig und  langsam zunehmende, schwach gewölbte Umgänge. Die ersten Windungen sind gleichmäßig mit kräftigen Rippen versehen; diese werden auf den folgenden Windungen schwächer und unregelmäßig. Auf der letzten Windung finden sich nur noch einige wenige Zuwachsstreifen mit breiten, glatten Zwischenbereichen. Der letzte Umgang kann zur Mündung hin an der Basis eine stumpfe Kante ausbilden. Die Basis ist leicht abgeflacht.

Der Nabel ist offen. Die letzte Windung ist stark erweitert. Die Mündung ist annähernd rund, der Mundrand ist verdickt und etwas nach außen gebogen. Dieser äußere Bereich ist in einen inneren und äußeren Teil gegliedert. Innen ist der Mundsaum durch eine weiße, kräftige Lippe verdickt. Der Gaumenbereich ist mehr oder weniger stark braun gefärbt. Diese Verdickung ist jedoch oft nicht ganz geschlossen.

In den Gehäusen von Cochlostoma henricae ist ein schwacher Geschlechtsdimorphismus erkennbar: bei den Weibchen sind die Umgänge etwas stärker gewölbt. Das Gehäuse ist blass rötlich bis graubraun gefärbt, die Oberfläche ist schwach glänzend oder wirkt schwach blaugrau bereift. Flecken oder Farbbänder sind nicht vorhanden.

Die Gehäuse ähneln denjenigen der Kleinen Walddeckelschnecke (Cochlostoma septemspirale). Bei der letzteren Art sind die Umgänge jedoch deutlich stärker gewölbt.

Maße: H: 7,7 - 11,5 mm; B: 3,5 - 4,8 mm; U: 8½ bis 9. Information: Abkürzungen

 
Cochlostoma henricae: Liezen, Österreich.
Bilder: Alexander Mrkvicka (iNaturalist).
 
Lebensweise und Verbreitung: Die Graue Turmdeckelschnecke lebt bevorzugt auf Kalkfelsen und die Tiere sind sehr widerstandsfähig gegen Trockenheit. In den Ostalpen ist Cochlostoma henricae bis auf 2400 m über Meereshöhe zu finden. Das Verbreitungsgebiet der Art ist auf Norditalien (Südalpen) und Südostösterreich (Ostalpen) beschränkt.

Unterart Cochlostoma henricae huettneri (A. J. Wagner, 1897)

Das Gehäuse dieser Unterart der Grauen Turmdeckelschnecke ist gelblich hornfarben und weist drei in Flecken aufgelöste, rotbraune Bänder auf. Alternativ sind auch rotbraune Radiärstriemen vorhanden. Die Berippung ist an den oberen Umgängen dicht und deutlich ausgeprägt. Die Rippen werden zur Mündung hin schwächer. Der Mündungsrand ist nur schwach zweigeteilt. Die Mündung weist innen eine weiße Lamelle auf. Das Gehäuse ist 6,5 bis 8,4 mm hoch und 3 bis 4 mm breit und besitzt 8 Umgänge.

Die Unterart ist in Oberösterreich und der Steiermark auf den weiteren Bereich der Salzkammergutseen beschränkt. Sie kommt dort von 500 bis 2000 m über Meereshöhe vor.

Gemäß Hausdorf et al. (2024) (s.u.) lautet der korrekte Name dieser Unterart Cochlostoma henricae insigne (De Betta, 1870).

Edlinger, K.; Mildner, P. (1979): Monographie der in Kärnten lebenden Prosobranchiergattung Cochlostoma. In: Carinthia II. 169. Jahrgang, Klagenfurt. S. 281–304 (PDF).

Unterarten

In der Art Cochlostoma henricae unterscheidet man zwei Unterarten:

Links

Literatur

 


Mit Bildern von Stefan Haller:
http://www.schneckenfoto.ch.

Letzte Änderung: 13.09.2025 (Robert Nordsieck).