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Schnecken (Gastropoda)

Gastropoda Cuvier, 1795

 
Bernsteinschnecken (Succinea ) leben von allen Landschnecken dem Wasser am nächsten.
Bild: Robert Nordsieck.
Schnecken betrachtet man oftmals mit Grausen. Für Gärtner reimt sich Schnecken gemeinhin auf Schrecken, und man unternimmt alles Erdenkliche, um die Weichtiere aus dem Garten fernzuhalten.

Die Welt der Schnecken hält jedoch viele interessante, unbekannte Geheimnisse verborgen!

Inhalt

Es gibt vermutlich über 70.000 Schneckenarten in einer Größenordnung zwischen weniger als einem Millimeter und 75 Zentimetern. Schnecken leben nicht nur an Land, sondern auch im Meer und im Süßwasser. Zu den Schnecken gehören die farbenfrohen Meeresnacktschnecken ebenso wie die Kaurischnecken, deren Schalen in Afrika, Asien, Ozeanien und Amerika jahrhundertelang als Zahlungsmittel benutzt wurden.

Kaurischnecken als Zahlungsmittel.
Meeresschnecken: Systematik und Vielfalt.

Bild: Guido Schmitz  
Bild: Robert Nordsieck  
Bild: Stefan Haller  
So kann eine Schnecke zum Beispiel über eine aufgestellte Messerklinge kriechen, ohne sich zu verletzen. Schnecken können über Wasser gehen – zumindest an der Wasseroberfläche hängend kriechen, wie zum Beispiel die im Süßwasser lebenden Schlammschnecken (Lymnaeidae).

Schlammschnecken (Lymnaeidae)

Giftige Schnecken und Raubschnecken

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Es gibt im Meer giftige Schnecken wie die Kegelschnecken (Conidae), die ihre Beute, selbst Fische, mit Harpunenzähnen erlegen, und andere wie Wellhornschnecken (Buccinidae), die Muscheln auflauern. Auch an Land verfolgen manche Raubschnecken ihre Beute nach dem Geruch und verfolgen sie durch Flüsse und bis auf Bäume, so lange, bis die Beute erlegt ist, wie beispielsweise die tropische Rosige Wolfsschnecke.

Rosige Wolfsschnecke (Euglandina rosea).
Kegelschnecken (Conidae)
Wellhornschnecken (Buccinidae)

In Südeuropa macht die Dalmatinische Raubschnecke (Poiretia cornea) Jagd auf landlebende Deckelschnecken (z.B. Pomatias elegans): Sie ätzt ein Loch in die Schalenwand ihrer Beute und frisst die wehrlose Deckelschnecke dann durch ihre Schalenwand auf. Andere einheimische Raubschnecken machen Jagd auf Regenwürmer: Rucksackschnecken (Testacellidae und Daudebardiidae) fressen manchmal Regenwürmer, die länger sind, als sie selbst, so dass der Regenwurm an einem Ende aus dem Maul der Schnecke schaut und am anderen bereits verdaut wird.

Landdeckelschnecken (Pomatiiidae).
Dalmatinische Raubschnecke (Poiretia cornea).
Rucksackschnecken (Testacellidae und Daudebardiidae).

Meeresnacktschnecken und der Nesselraub

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Meereslebende Nacktschnecken fressen Quallen und sammeln deren Nesselzellen, um sich selbst damit zu verteidigen. Engelhafte, durchsichtige Schnecken schwimmen im Meer und fressen andere Schnecken, die mit Netzen Plankton aus dem Wasser filtern. Ihrerseits werden sie von Fischen und Walen gefressen und sind so ein wichtiges Glied in der Nahrungskette. Eine meereslebende Raubschnecke frisst andere Schnecken, ohne selbst einen Zahn im Mund zu haben.

Nacktkiemer (Nudibranchia).

Schnecken in der Forschung

 
Schwimmender Seehase (Aplysia morio). Das Tier schwimmt nach links.
Bild: Sean Nash (Quelle).
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An Schnecken hat man die Neurobiologie des Lernens erforscht – besonders an Seehasen (Aplysiomorpha), die durch ihre gut untersuchbaren Nervenzellen berühmt geworden sind.

Seehasen (Aplysia) in der Neurobiologie.

Die wissenschaftliche Erforschung der Schnecken – ein Teilbereich der Zoologie namens Malakologie bzw. Conchylienkunde (Schalenkunde) – ist für viele biologische Disziplinen von Bedeutung. Schneckenarten gelten in der Biodiversitätsforschung als gute Bioindikatoren, da sie sehr sensibel auf Umweltveränderungen reagieren. Veranstaltungen wie die "GEO-Tage der Artenvielfalt" zeigen, welch wichtige Rolle die Weichtiere bei der Erfassung der Artenvielfalt spielen.

Neben der Biodiversität werden auch Verwandtschaft und Entwicklung unterschiedlicher Schneckengruppen untersucht. Die Systematik unternimmt dabei den Versuch, die bekannten Gruppen der Gastropoda in einem logischen System anzuordnen, das die evolutionäre Verwandtschaft und Abstammung der verschiedenen Schneckengruppen wiederspiegelt. Oftmals muss dabei auf moderne gentechnische Methoden zurückgegriffen werden, da besonders nahe verwandte Arten optisch nur sehr schwer zu unterscheiden sind.

Tag der Artenvielfalt im Biosphärenpark Wienerwald.
Schnecken und Muscheln am Tag der Artenvielfalt.
Schnecken in der Forschung (in Vorbereitung).

Nicht alle Schnecken sind schädlich

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Spanische Wegschnecke (Arion vulgaris).
Bild: Robert Nordsieck.
 
Schnecken haben allgemein einen sehr schlechten Ruf. Der Mensch kennt sie am ehesten deswegen, weil sie im Garten Nutzpflanzen abfressen, oder weil man beim Spazierengehen den großen, braunen Wegschnecken begegnet. Jedoch sind keineswegs alle Schnecken schädlich - im Gegenteil erfüllen sie in der Natur sogar eine wichtige Aufgabe: Viele Arten fressen zerfallendes organisches Material oder tote Tiere, helfen bei der Kompostherstellung und Bodenbildung und manche Schnecken fressen sogar andere Schnecken und ihre Gelege.

Schnecken im Garten.

Ökologisch gesehen spielen Schnecken eine zentrale Rolle: Sie fressen nicht nur Pflanzen, sondern sind auch selbst eine willkommene Nahrungsquelle für viele Tiere – von Igeln über Käfer bis hin zu Amphibien und Vögeln. Ohne Schnecken würden viele natürliche Kreisläufe nicht funktionieren.

 
Zwei Jungtiere der Spanischen Wegschnecke (Arion vulgaris)
beim Verzehren eines kleinen Artgenossen.
Bild: Robert Nordsieck.
Dennoch gibt es viele Schneckenarten, die in der Tat schädlich sind. Zum Teil liegt dies daran, dass den Schnecken natürliche Feinde fehlen, wie im Garten beispielsweise die bedrohte Erdkröte oder der Igel, zum Teil liegt es aber auch daran dass Schnecken, wie die so genannte Spanische Wegschnecke (Arion vulgaris), die normalerweise im Winter nach der Eiablage absterben würden, die heute aufgrund des Klimawandels deutlich milderen Winter überleben und daher im Frühjahr oft in besonders großer Zahl auftreten.

Wegschnecken (Arionidae).

Andere Schneckenarten, wie beispielsweise die Afrikanische Riesenschnecke (Achatina fulica), aber auch die Rosige Wolfsschnecke (Euglandina rosea) können, wo sie vom Menschen in einem Gebiet ohne natürliche Feinde eingeschleppt werden, sich extrem ausbreiten und zu großen Schäden in der Landwirtschaft (Achatina fulica) oder in den einheimischen Schneckenpopulationen (Euglandina rosea) führen. Auch die bereits erwähnte Spanische Wegschnecke wird vom Menschen oftmals unfreiwillig, etwa mit Gartenerde, verbreitet, und auch die Gefleckte Weinbergschnecke (Cornu aspersum), die sich in Niederösterreich aus dem Raum um Wien in manchen Gebieten stark ausbreitet, wurde zu einem Gutteil vom Menschen verschleppt und nimmt in ihrer Zahl sehr zu.

Achatschnecken (Achatinidae).
Rosige Wolfsschnecke (Euglandina rosea).
Gefleckte Weinbergschnecke (Cornu aspersum).

Das wunderliche Treiben der Schnecken

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Viele Schneckenarten sind Zwitter – das heißt, jedes Tier besitzt sowohl männliche als auch weibliche Geschlechtsorgane. Das ermöglicht einzigartige Paarungsrituale, etwa bei den Schnirkelschnecken (Helicidae) mit dem Einsatz von Liebespfeilen. Andererseits sind besonders viele Süßwasserschnecken aber auch getrennt geschlechtlich.

Der Liebespfeil bei der Fortpflanzung der Schnecken.

Einige Schnecken können extreme Trockenzeiten überdauern, indem sie sich in ihr Gehäuse zurückziehen und es mit einer Kalkplatte verschließen (Epiphragma). Andere wiederum besiedeln Höhlen, leben auf Vulkanen oder in der Tiefsee – ein Beweis für ihre erstaunliche Anpassungsfähigkeit.

Trockenruhe und Winterruhe bei der Weinbergschnecke (Helix pomatia).

Asymmetrie: Rechts und links gewundene Schnecken

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Ein Bild mit Seltenheitswert: Ein Schneckenkönig (rechts) bei
der Paarung mit einer normal gewundenen Weinbergschnecke.
Bild: Peter Leonhardt (Felix-Helix-Projekt).
 
Auch aus evolutionärer Sicht sind Schnecken interessant: Die Entwicklung der Gehäusespirale, die asymmetrische Körperanlage und die Reduktion innerer Organe machen sie zu spannenden Studienobjekten der Evolutionsbiologie. Darin unterscheiden sie sich auch deutlich erkennbar von anderen Weichtieren, wie etwa Muscheln, mit denen sie vor allem, da im englischen Sprachraum alle wasserlebenden Schnecken und Muscheln als "shells" bezeichnet werden, gerne verwechselt werden. Im Allgemeinen sind Schnecken artspezifisch rechts oder links gewunden, es gibt aber auch Ausnahmen, wie zum Beispiel die sehr seltenen Schneckenkönige der Weinbergschnecken.

 
Linke Fuchs-Schließmundschnecke (Alopia straminicollis) und Rechte Fuchs-
Schließmundschnecke (Alopia livida) aus dem Velikan-Tal (Bucegi, Rumä-
nien). Bild: Sigrid Hof (Quelle: hnords.de).
Die Torsion: Evolution der gewundenen Schneckenschale.
Schneckenkönige: Die "adligen" links gewundenen Weinbergschnecken.

Schnecken ohne Schale

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Keineswegs alle Schnecken besitzen eine Schale. Viele Schneckengruppen an Land und im Wasser, haben aus Gründen der besseren Beweglichkeit im Verlauf ihrer Evolution ihre Schale zurückgebildet oder reduziert. In Europa kann man den unterschiedlichen Grad der Schalenreduktion besonders gut bei Glasschnecken und ihren Verwandten (Vitrinidae u.a.) beobachten.

Glasschnecken (Vitrinidae).

Schnecken in Gefahr

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Leider sind viele Schneckenarten gefährdet – durch Lebensraumzerstörung, Pestizide, invasive Arten oder den Klimawandel, sowie, nicht zuletzt, die vielfache Nutzung durch den Menschen. Manche, wie die Partula-Schnecken, sind in der Natur bereits ausgestorben und überleben nur noch in Schutzprojekten.

Partula-Schnecken (Partulidae).

Schnecken in Geschichte, Kunst und Kultur

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Wendeltreppenschnecke (Epitonium scalare), Westaustralien.
Bild: Glen Whisson (iNaturalist).
In der Kulturgeschichte tauchen Schnecken ebenfalls auf – ob als Sinnbild für Langsamkeit und Geduld oder in mittelalterlichen Handschriften, Märchen und der Kunst.

Im 18. Jahrhundert war es in gehobenen Kreisen Mode, "Naturalien", also Schneckenschalen, Versteinerungen und Gesteine zu sammeln. Daraus entstand die moderne Conchyliologie und im Fall der umfassenden Naturaliensammlung Franz I. Stephan von Lothringen, des Gemahls der österreichischen Kaiserin Maria Theresia, der Grundstock des heutigen Naturhistorischen Museums in Wien, eines der bekanntesten Museen in Europa. Eines der wertvollsten seiner Besitztümer war eine Wendeltreppenschnecke (Epitonium scalare, Bild rechts), für die Franz Stephan 5000 Gulden bezahlt hatte.


Hermann Löns beobachtet eine Nacktschnecke.
 
Die Mollusken-Sammlung des Wiener Naturhistorischen Museums bildet heute noch auf ihrer Seite eine Wendeltreppenschnecke ab.

Naturhistorisches Museum Wien: Die alte Naturaliensammlung 1748-1796.
Naturhistorisches Museum Wien: Mollusken-Sammlung des Naturhistorischen Museums.

Auch in der Literatur haben Schnecken haben seit jeher Spuren hinterlassen. Die Schriftstellerin Patricia Highsmith war bekennende Schneckenfreundin und soll sogar mit lebenden Schnecken im Handtäschchen zu Empfängen erschienen sein. In ihren Texten finden sich immer wieder Anspielungen auf die Weichtiere – bis hin zu gruselig anmutenden Kurzgeschichten, in denen Schnecken zentrale Rollen spielen.

Das Buch "Das Geräusch einer Schnecke beim Fressen" von Elizabeth Tova Bailey erzählt andererseits einfühlsam und poetisch von der stillen Gesellschaft einer Schnecke während der langen Krankheit der Erzählerin.

Im Gegenzug war der bekannte Heidedichter Hermann Löns im "Nebenberuf" ein durchaus respektierter Malakologe ( Malakologie), der unterschiedliche wissenschaftliche Artikel über Schnecken, aber auch humorvolle Geschichten schrieb, in denen Schnecken eine Rolle spielten.

Hermann Löns: "Ein ekliges Tier" (1911).

In Michael Endes unsterblicher Unendlicher Geschichte reitet der Winzling Ückück auf einer Rennschnecke. Tatsächlich können es gerade die wasserlebenden Blasenschnecken (Physidae) auf für Schnecken erstaunliche Geschwindigkeiten bringen. Und auch in der unwahrscheinlichen Szenerie des Computerspiels "World of Warcraft" spielen Schnecken oftmals eine Rolle, sei es als Haustiere, Wild- oder Reittiere.

Wie schnell sind Schnecken? Ein Vergleich.
Schnecken in der Kultur (in Vorbereitung).

Daher soll es das Ziel dieser Homepage sein, Ihnen diese faszinierende Tiergruppe näherzubringen und Interesse zu wecken für eine Welt, die sich oft im Verborgenen abspielt.





Die lebende Welt der Weichtiere auf weichtiere.at von Robert Nordsieck seit 25 Jahren: 2000 - 2025!

Youtube Der Youtube-Kanal von Weichtiere.at mit mehreren Videoclips zum Anschauen!


Tigerschnegel (Limax maximus) Zwei Tigerschnegel verfolgen einander. Wegschnecke greift vorbei kriechenden Schnegel an.
Neu: Die Seite über Tigerschnegel (Limax maximus) auf schnegel.at wurde komplett überarbeitet  und mit zahlreichen neuen Bildern von Martina Eleveld,
besonders über de Paarung des Tigerschnegels, versehen, zusätzlich zu einer neuen Video-Playlist zum selben Thema auf unserem YouTube-Kanal!



Bild: Haus der Natur in Cismar.

Bestimmungskarten "Weichtiere Österreichs - Gehäuseschnecken" und
"Weichtiere Österreichs - Süßwasserschnecken und Nacktschnecken"

Zusätzliche Informationen!

Erhältlich im Naturhistorischen Museum in Wien und im Haus der Natur in Cismar, Deutschland.
Überblick über die deutschen und holländischen Bestimmungskarten: http://www.miniposter.hausdernatur.de/.




http://www.mollusca.de: Reichhaltige Seite der
Deutschen Malakozoologischen Gesellschaft
rund um die Weichtierforschung.

 


Molluskenforschung Austria

Österreichweite Plattform für Molluskenforscher.

 

Naturkundemuseum Stuttgart: Weichtiere
Naturkundemuseum Stuttgart: Weichtiere - Bestimmung, Systematik, Fundmeldungen


Weichtiere beim Naturschutzbund Deutschland (NABU)

Letzte Änderung: 29.09.2025 (Robert Nordsieck).