Teil 1: Wirtschaftliche Schneckenzucht (Landschnecken) | Teil 2: Wirtschaftliche Nutzung von Meeresschnecken |
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Teil 4: Kegelschnecken (Conidae) |
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![]() Unterschiedliche Kaurischnecken (Cypraeidae). Quelle: Wikipedia. ![]() |
![]() Tiger-Porzellanschnecke (Cypraea tigris), Queensland, Australien. Bild: Nathan Cook (iNaturalist). |
Kaurischnecken (Familie Cypraeidae) gehören zur Ordnung der Littorinimorpha und sind weltweit in tropischen und subtropischen Meeren verbreitet. Typisch für diese Schneckenfamilie ist ihr auffällig glattes, glänzendes Gehäuse, das durch das fortwährende Überziehen mit dem Mantelrand (dem sogenannten Mantel-Lappen) poliert wird. Anders als bei vielen anderen Schnecken bleibt das Gehäuse der Kaurischnecken immer makellos – es wird nicht durch Algenbewuchs oder andere Meeresorganismen überwuchert. Der Mantel bildet auch lange fühlerähnliche Fortsätze, die sogenannten Papillen (vgl. Bild oben). Es ist nicht ganz klar, welchem Zweck diese dienen: Möglicherweise unterstützen sie die Tarnung der Schnecke, indem sie ihre Oberflächenform verschleiern, möglicherweise unterstützen sie die Schnecke auch bei der Aufnahme von Sauerstoff durch die Haut. Eine weitere Theorie besagt, dass die Schnecken möglicherweise Nesselanhänge vortäuschen wollen, wie sie z.B. viele Nacktkiemerschnecken (Nudibranchia) besitzen, um damit potenzielle Fressfeinde abzuschrecken (vgl.: Eischnecken, Ovulidae).
Waikiki Aquarium (Hawaii, USA):
Tiger Cowry (Englisch).
Die Gehäuse der Kaurischnecken sind meist eiförmig bis länglich, relativ dickwandig und porzellanartig glänzend, was zur deutschen Bezeichnung Porzellanschnecken für die ganze Familie der Cypraeidae geführt hat. Porzellan- oder Kaurischneckenschalen glänzen in den unterschiedlichsten Farben und Mustern: Von schneeweiß über leuchtend orange bis hin zu gesprenkeltem Braun. Besonders auffällig sind z.B. Arten wie die Tiger-Porzellanschnecke (Cypraea tigris) oder die Schlangenkopf-Kaurischnecke (Monetaria caputserpentis). Aufgrund ihrer schönen porzellanartigen Schalenoberfläche, ihrer charakteristischen Schalenform und den vielfach sehr bunten Musterungen sind Kaurischnecken schon seit prähistorischer Zeit aus wirtschaftlichen, kulturellen oder rituellen vom Menschen gesammelt worden (vgl. Kaurischnecken in Kultur und Wirtschaft).
Insgesamt sind etwa 200 Arten der Cypraeidae bekannt, die zusammen mit den verwandten Familien der Scheinkaurischnecken (Triviidae) und der Eischnecken (Ovulidae) in einer gemeinsamen Überfamilie, den Cypraeoidea, zusammengefasst werden.
![]() ![]() Porzellanschnecke (Cypraeidae). Links: Röntgenbild (Bild: Michel Royon). Rechts: Ober- und Unterseite des Gehäuses von Cypraea tigris. (Bild: Amir Ali Iranshahi). Quelle: Wikipedia. |
![]() Die Schale einer Blasenschnecke (Bulla ampulla): Die Schalen juveniler Kaurischnecken haben eine ähnliche Form. Bild: Donna Pomeroy (iNaturalist): Kanton Island, Kiribati. |
Tafel:
Mauritia arabica: Schalenwachstum vom Jungtier zur erwachsenen
Schnecke.
Denis W. Riek:
Juvenile stages of Cypraeidae shells.
Mit zunehmendem Alter und Wachstum der Schnecke überwachsen die neuen Schalenwindungen die alten, so sass diese vollständig im Schaleninneren verschwinden - ein Vorgang, den man als Involution bezeichnet. Dies führt zur charakteristischen Form der adulten Kaurischneckenschale (vgl. Bild rechts), bei dem die Schalenwindung nur noch im Röntgenbild oder nach dem Aufsägen der Schale zu erkennen ist.
Die Schalenmündung auf der Unterseite ist länglich schlitzförmig und oft mit Zähnchen oder Lamellen versehen. Diese Verstärkungen dienen nicht nur der Stabilität, sondern schützen die Schnecke auch effektiv vor Fressfeinden. Der enge Spalt erschwert es Räubern, das Weichtier zu erreichen.
Ein weiteres besonderes Merkmal der Kaurischnecken ist die Widerstandsfähigkeit ihrer Schalen.Nachdem die Mündung der Schale mit ihrer schützenden Bezahnung fertiggestellt ist, wächst die Schale nicht mehr in der Größe, aber die Dicke der Schalenwand nimmt kontinuierlich weiter zu. Daher sind Kaurischnecken relativ wirksam gegen kleinere Fressfeinde, z.B. Fische, geschützt. Größere Fische können Kaurischnecken im Ganzen verschlingen, während andere, wie Kugelfische und Stachelrochen die Schalen zerbrechen können. Spezialisierte Fressfeinde, wie Kraken oder Kegelschnecken finden andere Wege, eine Kaurischnecke zu überwinden (vgl.: Ökologie).
Diese charakteristische Schalenform der Kaurischnecken ist bei den Schnecken nahezu einzigartig: Man findet sie nur noch bei Kaurischnecken und ihren Verwandten.
Wikipedia:
Kaurischnecken (Cypraeidae).
WoRMS: MolluscaBase eds. (2025):
Cypraeidae RAFINESQUE, 1815.
Kaurischnecken sind getrennt geschlechtlich und ihre Befruchtung findet im Inneren des Körpers statt. Das Weibchen legt Pakete aus weißen pergamentartigen Eikapseln, in denen sich die Larven entwickeln. Sie beschützt die Eikapseln, indem sie sie mit dem Fuß abdeckt, bis die Veliger-Larven schlüpfen - bei Schnecken ein bemerkenswertes Verhalten. Die Veliger-Larven leben planktonisch, bevor sie den letzten Entwicklungsschritt zu Jungschnecke abschließen und zu einer am Ozeanboden lebenden Lebensweise übergehen.
Bailey-Matthews National Shell Museum and Aquarium:
Cowrie Larvae Hatch at Museum!
![]() Schlangenkopf-Kaurischnecke (Monetaria caputserpentis) mit ausgebrei- tetem Mantellappen. Bild: Keith Willmott (iNaturalist): Westaustralien. |
![]() Macrocypraea cervus (Atlantic Deer Cowry), Florida Keys, USA. Bild: Kent Miller (iNaturalist). |
In der Karibik und im Westatlantik kommen ebenfalls einige Kaurischneckenarten vor, darunter die Atlantic Deer Cowry (Macrocypraea cervus), die als eine der größten Vertreter der Familie gilt. Die atlantischen Kaurischnecken sind jedoch insgesamt weniger artenreich als ihre pazifischen Verwandten.
Kaurischnecken bevorzugen im Allgemeinen flache Küstengewässer mit felsigem Untergrund und Seegraswiesene, besonders häufig sind sie in der Gezeitenzone (Intertidalbereich) anzutreffen. Viele Arten sind aber auch auf Korallenriffen zu finden, wo sie sich tagsüber gut versteckt halten. Einige Arten, wie die Tiger-Kaurischnecke (Cypraea tigris), sind auch in tieferen Regionen bis zu 50 Metern Tiefe anzutreffen. Während des Tages verbergen sich Kaurischnecken häufig unter Steinen oder in Korallenhöhlen, um sich vor Räubern wie Fischen und Kraken zu schützen und kommen erst in der Dämmerung heraus, um Algen und kleine sessile Organismen von Felsen und Korallen zu weiden.
PASSAMONTI,
M. (2015): The family Cypraeidae (Gastropoda Cypraeoidea) an unexpected case of
neglected animals. Biodiversity Journal 6 (1), pp. 449 - 466. (PDF).
Neben vielen Arten, die verborgen leben, sich gut tarnen und nur nachts aktiv sind, um ihre Fressfeinde zu vermeiden, gibt es auch Arten mit sehr dickwandigen, schweren Schalen, die offen während des Tages auf Nahrungssuche umherkriechen, wie etwa die wahrscheinlich bekannteste große Kaurischnecke, die Tiger-Kaurischnecke (Cypraea tigris). Andere Arten, wie Mauritia mauritiana und die Schlangenkopf-Kaurischnecke (Monetaria caputserpentis, s.o.) haben besonders angepasste Schalen mit flacher Unterseite, so dass sie sich mit ihrem starken Fuß gut am Untergrund festhalten können und Feinde es schwer haben, die Schnecke anzugreifen.
![]() Marmor-Kegelschnecke (Conus marmoreus) nähert sich einer Maulwurfs- Kaurischnecke (Talparia talpa). Marshall-Inseln, Westpazifik. Bild: Scott und Jeanette Johnson (iNaturalist). |
![]() Zerbochene Schale einer Kaurischnecke (Mauritia arabica). Diese fiel ver- mutlich einem Mangrovenkrebs (Scylla serrata) oder einem Stachelrochen (Hemitrygon fluviorum) zum Opfer. Bild: Denis K. Riek. |
Außerdem gibt es andere Räuber, die spezielle Techniken verwenden, um einer adulten Kaurischnecke Herr werden zu können: So bohrt z. B. der Gewöhnliche Krake (Octopus vulgaris) ein Loch in das Gehäuse der Schnecke und injiziert dann ein Gift, das das Tier lähmt. Aber auch Kegelschnecken (Conidae), z.B. díe Marmor-Kegelschnecke (Conus marmoreus), jagen Kaurischnecken, indem sie ihnen auflauern und sie mit einem Giftstich lähmen.
Denis W. Riek:
Cowry predation: Predatory gastropods?
Vor allem junge Kaurischnecken laufen größere Gefahr, gefressen zu werden, da ihre Schalen sind noch so dickwandig sind, wie die ihrer ausgewachsenen Verwandten und daher weniger Schutz bieten. Zudem besitzt die blasenschneckenähnliche Schale junger Kaurischnecken noch eine stark erweiterte Schalenmündung. Erst bei ausgewachsenen Kaurischnecken entwickelt sich die Schalenmündung zum charakteristischen, oft mit Zähnen oder Lamellen verstärkten Schlitz, der das Tier zusätzlich schützt (vgl. Die Kaurischneckenschale).
Manche Kaurischnecken-Arten leben auch in Symbiose mit Korallenarten, die den Schnecken Schutz bieten. Manche Arten verstecken sich tagsüber in den verzweigten Strukturen der Korallen und sind somit besser vor Fressfeinden geschützt. Auf der anderen Seite unterstützt die Schnecke die Korallen, indem sie störenden Algenbewuchs abweidet. In einigen Regionen gelten Kaurischnecken als Indikatoren für die Gesundheit mariner Ökosysteme: Ein Rückgang ihrer Populationen kann auf übermäßige Algenbildung oder die Verschmutzung des Lebensraumes hindeuten. Umgekehrt signalisiert ein stabiles Vorkommen oft ein gesundes Riff-Ökosystem mit ausreichend Nahrung und wenigen Störungen.
Scheinkaurischnecken (Triviidae)
Vom Mittelmeer über die
Atlantikküste, die Bretagne, sowie an den Westküsten Britanniens und
Ir-lands, kann man beispielsweise die bis zu 12 mm großen Schalen von Trivia monacha
finden, die auf-grund ihrer drei charakteristischen Schalenflecken auch
Kaffeebohnen-Schnecke ("spotted cowry") genannt wird.
Ihre Gehäuse-Oberfläche der ist von
deutlichen Rippen bedeckt, die sich hell von der übrigen Schale
absetzen. Die Schnecke besitzt keinen Schalendeckel (Operculum). |
Meeresschnecken der Küsten (auf
weichtiere.at).
Und tatsächlich unterscheiden sich Scheinkaurischnecken auch in ihrer Diät von den Kaurischnecken: Trivia monacha (vgl. Kasten rechts) ist ein kleiner Fleischfresser, der unterhalb der Küste und im so genannten Sublitoral von koloniebildenden Manteltieren oder Seescheiden (Tunicata) lebt. Nach der Paarung im Spätfrühling bis Sommer platziert das Weibchen in den leer gefressenen Seescheiden ihre flaschenförmigen Eipakete, aus denen frei schwimmende Veliger-Larven schlüpfen, die sich einige Monate durch das freie Wasser verbreiten.
Ebenso, wie die Porzellanschnecken zeichnet sich auch Trivia monacha durch ein besonderes Gehäuse aus, dessen Endwindung alle weiteren Windungen überwächst und daher das typische Schneckengewinde verschwinden lässt. Im Röntgenbild kann man die inneren Windungen jedoch sehr gut erkennen.
Auch die Jungtiere bis zu einer Größe von 5 mm besitzen noch das typisch gewundene Gehäuse; ihre Gehäusemündung ist weit, nicht längs verlaufend und schlitzförmig, wie bei den ausgewachsenen Tieren.
Wikipedia: Europäische Kauri.
WoRMS: MolluscaBase eds. (2025):
Triviidae TROSCHEL, 1863.
Fehse,
D., Grego, J., Manousis,
T., Dieste, I.P. (2024): "Does Trivia
arctica occur in the Mediterranean Sea?": Acta Conchyliorum 22.
![]() ![]() Eischnecke (Ovula ovum), New South Wales, Australien. Bild: Nick Lambert (iNaturalist). Bild rechts: Schalenunterseite einer Eischnecke (Ovula ovum). Bild: H. Zell. |
Ähnlich wie bei den Kaurischnecken ist die Schale zumindest konvolut, d.h. die äußerste Schalenwindung überwächst alle anderen älteren Schalenwindungen. Während bei Ovula ovum das Schalengewinde vollständig von der äußersten Windung verdeckt ist, gibt es jedoch auch Ovulidae mit einer langgestreckt spindelförmigen Schalenform, bei denen das Gewinde äußerlich noch zu erkennen ist ("Spindelkaurischnecken").
Im Gegensatz zu den Kaurischnecken sind Eischnecken jedoch Raubschnecken, die auf Korallen oder Seefedern leben und die Polypen dieser Tiere abfressen. Manche leben sogar ektoparasitisch auf Korallen, an denen sie sich mit dem Fuß verankern und dann alle Polypen abfressen, derer sie von ihrem Standort aus habhaft werden können.
Bei den Eischnecken überdeckt, ähnlich wie bei den Kaurischnecken, eine Mantelfalte die Schale fast vollständig und trägt zu deren Reinigung bei. Besonders bei Jungtieren zeigen sich oft ähnliche Papillen, wie bei den Kaurischnecken, was ihnen Tarnung, aber auch Ähnlichkeit mit Nesselzellen tragenden Nacktkiemern verschafft. Dies wiederum spricht für die Theorie, dass auch die Papillen der Kaurischnecken eine ähnliche Funktion erfüllen (s.o.).
Ebenso wie die Kaurischnecken entwickeln sich auch Eischnecken über ein planktonisch lebendes Veliger-Larvenstadium. Systematisch bilden die Eischnecken eine eigene Familie Ovulidae, die aber der Überfamilie Cypraeoidea, also den Kaurischneckenverwandten, zugerechnet wird, ebenso wie die zuvor beschriebenen Scheinkaurischnecken (Triviidae).
Wikipedia:
Ovulidae (Englisch).
WoRMS: MolluscaBase eds. (2025):
Ovulidae J. FLEMING, 1822.
Kaurischnecken: Vom Geld zur Schrift! In China fanden Kaurischnecken schon vor 3500 Jahren Verwendung. Wenig verwunderlich also, dass das Schriftzeichen für Schnecke oder Muschel, 贝 (bèi), die Wurzel vieler Schriftzeichen ist, die mit Reichtum, Wert oder Handel zu tun haben: 货 (huò) – Ware, Güter 财 (cái) – Reichtum, Vermögen 贸 (mào) – Handel 贾 (jiǎ) – Handel, Kaufmann ![]() Geld-Kaurischnecke (Monetaria moneta). Quelle: Wikipedia. |
Der Cowrie Trade: Handelsrouten in Afrika! Vor allem im Indischen Ozean und in Westafrika gab es regelrechte "Kaurihandelsrouten". Im Indischen Ozean wurden Kaurischnecken aus den Malediven und Sri Lanka in großen Mengen nach Indien und weiter bis nach Afrika exportiert. ![]() Arabische Händler mit Kaurischnecken. Quelle: Wikipedia. Besonders im 18. und 19. Jahrhundert florierte der Handel, der teilweise von europäischen Kolonial-mächten wie den Briten kontrolliert wurde. Die Kau-rischnecken kamen oft als Schiffsladung an die Küs-ten Westafrikas, wo sie gegen Gold, Elfenbein und sogar Sklaven getauscht wurden. Diese Handelsrou-ten trugen wesentlich zur Verbreitung der Kauri-schnecken als Währung bei. |
Aus China breitete sich das Kaurigeld unter anderem auch weiter nach Indien und Persien aus, wo es vor über 2000 Jahren auftauchte. Der Ausdruck "Kauri" stammt ursprünglich tatsächlich aus dem indischen Hindi. Während die Verbreitung von Kauri-Geld in Indien im 4. bis 6. Jahrhundert n.Chr. die größte Verbreitung erreichte, im 17. Jahrhundert, also zur Zeit Rembrandts, in ganz Indien und auf den Philippinen als Zahlungsmittel genutzt wurde, blieben Kaurischnecken in Indien noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts, also bereits während der britischen Kolonialzeit, in Umlauf, bis 1872 die Briten Kaurischnecken als Währung abschafften. Aus dem 1. Jahrhundert n.Chr. sind aber Funde von Kauri-Geld und Münzen erhalten: In Indien wurden also Kaurischnecken und Geld als Zahlungsmittel gleichzeitig eingesetzt. In Bengalen und Siam war eine verwandte Art, Monetaria annulus, vom 18. bis Mitte des 19. Jahrhunderts Zahlungsmittel.
Die meisten Kaurischnecken als Zahlungsmittel stammten dabei von den Malediven, einer Inselgruppe im Indischen Ozean. Noch Ende des 19. Jahrhunderts gingen dort Männer und Frauen zweimal im Monat auf die Jagd nach Kaurischnecken wobei eine Person pro Tag bis zu 12.000 Schnecken erbeuten konnte.
In Afrika, Asien und Ozeanien dienten die kleinen, glänzenden Schneckenhäuser als ebenfalls als Tauschmittel und wurden oft in langen Ketten aufgefädelt. Sie galten als Symbol für Wohlstand und Macht und spielten eine wichtige Rolle im Handel – sowohl im Binnen- als auch im Fernhandel. So wurden Kaurischnecken in Westafrika lange Zeit als Währung genutzt, bevor koloniale Mächte die Verwendung von Münzen und Banknoten durchsetzten. Ihre Form und Haltbarkeit machten sie ideal für den Handel. Andererseits nutzten die Kolonialmächte die hohe Akzeptanz der Kaurischnecken gezielt für den Handel: Vor allem britische und niederländische Händler führten große Mengen Kaurischnecken aus Indien nach Westafrika ein, um den lokalen Handel zu dominieren. Zeitweise kam es sogar zur Inflation der "Kauriwährung", weil so viele Schnecken importiert wurden.
Ganze Handelsrouten in Westafrika dienten dem Kauri-Handel. Oft wurden Kaurischnecken auch aus Indien oder von den Malediven importiert und zum Erwerb von Gold, Elfenbein und leider auch Sklaven verwendet. Für einen Sklaven wurden damals Preise von etwa 25.000 Kaurischnecken bezahlt. Jedoch profitierten davon nicht nur die Kolonialherren, die die Sklaven kauften, sondern auch die vorwiegend arabischen Händler, die sie verkauften.
Kaurischnecken wurden auch als Mitgift eingesetzt, um die Familie für den Verlust einer Tochter zu "entlohnen".
Wikipedia:
Kaurigeld.
SCHILDER,
M. (1952): Die Kaurischnecke. Geest & Portig, Leipzig, S. 30 - 40.
HOGENDORN,
J., JOHNSON, M. (1986): The Shell Money of the
Slave Trade. Cambridge University Press.
Wikipedia:
Die Bedeutung der Kaurischnecken in der Kulturgeschichte.
In vielen Kulturen weltweit waren Kaurischnecken historisch als Schmuck und als rituelle Objekte begehrt. In vielen Fällen handelte es sich dabei auch um küstenferne Gebiete, was auf historische Handelsbeziehungen schließen lässt. Die Form und Platzierung von Kaurischnecken in den Gräbern unterschiedlicher Kulturen und unterschiedlicher Zeitalter lassen dabei eine Bedeutung als weibliches Fruchtbarkeitssymbol (Grabbeigaben vor allem in Gräbern von Frauen und jungen Mädchen, wegen der Ähnlichkeit mit dem weiblichen Geschlechtsteil), sowie als Amulett gegen den "bösen Blick" (wegen der Ähnlichkeit mit einem Auge) zu.
Die frühesten Nachweise von Kaurischnecken in archäologischen Überresten finden sich in China aus der Neusteinzeit (Neolithikum) um etwa 6000 v.Chr. Auch in der südlichen Levante wurden vor allem in Gräbern junger Mädchen Kaurischnecken gefunden. Die Tradition hat sich offensichtlich bis nach Ägypten ausgebreitet, wo bis in die vordynastischen Zeit (bis 3100 v.Chr.) solche Grabbeigaben stattfanden. Auch später verlor die Kaurischnecke ihre rituelle Bedeutung in Ägypten nicht völlig; auch wenn man vorwiegend an Kunstgegenstände mit Skarabäenmotiven denkt, gab es auch Siegel und Amulette mit Kaurischnecken-Motiven aus dem 2. Jahrtausend v.Chr.
In der Hallstatt-Zeit (800 bis 475 v.Chr.) gibt es Nachweise aus Urnengräbern an der Weichsel. In Handwerk, Kunst und Kultur wurden Kaurischnecken vorwiegend dort verwendet, wo sie nicht auch gleichzeit Zahlungsmittel waren. Vielfach wurde ihnen eine Bedeutung als weibliches Fruchtbarkeitssymbol zugesprochen, worauf Funde aus vielen Teilen Europas bis in nachchristliche Zeit hindeuten (z.B. aus dem schwedischen Mälarsee-Gebiet um 900 n.Chr.).
![]() ![]() In Südwestdeutschland und der Schweiz trugen Frauen im Mittelalter Panther-Kaurischnecken (Cypraea pantherina) als Fruchtbarkeitsamulette und als Schutz gegen den bösen Blick. Bild: Philipp66 (Wikipedia). |
HOOPS,
J. (2000): Reallexikon Der Germanischen Altertumskunde. 2. Ed., B. 16. Göttingen
2000, S. 345.
![]() Kaurischnecken an einem traditionellen Frauen-Halsschmuck der Chuvash Tataren, eines Turkvolkes, das zeitweilig ein Gebiet vom Ural bis Sibirien bewohnte. Bild: Gennadij Ivanov (Wikipedia). |
Selbst heute noch halten Frauen in Japan bei der Entbindung oft eine
Kaurischnecke in der Hand.
Wikipedia:
Cowrie shells - Human Use (Englisch).
Selbst in historisch jüngerer Zeit fanden Kaurischnecken ihren Weg in die Kunst bis zu den Völkern Zentralasiens, wie z.B. den Chuvash-Tataren, einem Turkvolk, das einstmals ein großes Gebiet vom Ural bis nach Sibirien bewohnte (vgl. Bild rechts).
In der afrikanischen Yoruba-Kultur in Nigeria, Benin und Togo galten Kauris als Kommunikationsmittel zu den Göttern. Sie werden in Ritualen verwendet, um Antworten auf Fragen der Gläubigen zu erhalten. Auch bei Wahrsagerinnen und spirituellen Zeremonien finden Kauris als Orakelsteine Verwendung. Die Schnecken gelten als Zeichen von Fruchtbarkeit und Weiblichkeit. Ihre runde Form und die glatte, glänzende Oberfläche erinnern an Augen – weshalb sie in manchen Regionen als Schutz gegen den "bösen Blick" getragen werden. Die Asche verbrannter Kaurischnecken wurde zudem als Heilmittel gegen verschiedene Krankheiten eingesetzt.
![]() Kaurischnecken (Cowrie shells) Bild: Salil Kumar Mukherjee (Wikipedia). |
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![]() Tamilisches Würfelspiel mit Kaurischnecken. Schnecken, die mit der Mün- dung nach oben fallen, zählen, d.h. der Wurf zählt 3. Bild: Sodabottle (Wikipedia). |
In Ostindien, vor allem im westlichen Bengalen, wurden Kaurischnecken beispielsweise verwendet, um den Fährmann für die Überfahrt verschiedener Seelen über den Fluss "Vaitarani" zu bezahlen. Auch bei der Verehrung der Götting Lakshmi und als Glückssymbol hatten Kaurischnecken Bedeutung. Im indischen Kerala wurden Kaurischnecken auch von den Kaniyar-Panicker Astrologen bei der Wahrsagerei verwendet.
In Indien, Ceylon und Nepal wurden Kaurischnecken außerdem im Glücksspiel,
vergleichbar mit einem Würfelspiel, benutzt: Schnecken die mit der Mündung nach
oben fallen (aufgrund der Schalenform unwahrscheinlicher). werden gezählt.
Auf den Fiji-Inseln wurden die Schalen der Goldenen Kaurischnecke (Cypraea aurantium) als Statussymbol von den Häuptlingen getragen. Auf Tuvalu werden Kaurischnecken im traditionellen Handwerk der Frauen verwendet.
Eine äußerst seltene Kaurischnecke! Die Kaurischneckenart Barycypraea fultoni aus dem Gebiet von Mozambique bis Südafrika kommt in Tiefen zwischen 60 und 250 Metern vor. Bis 1970 waren erst 25 Exemplare gefunden worden. Erst durch die zunehmende Schleppnetzfischerei kam es zum Fund lebender Exemplare. ![]() Barycypraea fultoni, eine sehr seltene Kaurischneckenart. Mozambique. Bild: Lombry (iNaturalist) (Link). Bei Sammlern sind die Schnecken aufgrund ihrer Seltenheit sehr beliebt und erzielen oftmals Preise von mehreren Tausend Dollar. |
Auch in der heutigen Modewelt haben die dekorativen Schnecken einen festen Platz. Ob als Halsketten, Armbänder oder Kopfschmuck – Kaurischnecken sind weltweit beliebte Accessoires, die sowohl in traditioneller als auch in moderner Gestaltung, besonders sogenannter "Tribal-Mode", verwendet werden.
Kaurischnecken sind nicht nur im historischen Kontext sehr bedeutend. Auch in der modernen Zeit finden sie vielfältige Anwendung. Neben ihrer Bedeutung in der Mode- und Schmuckindustrie kommt die große Beliebtheit der glänzenden, bunten Schalen vor allem der großen exotischen Arten bei Schalensammlern hinzu. Während Kaurischnecken schon in historischer Zeit in vielen Naturalienkabinetten ihren festen Platz hatten, ebenso, wie andere Meeresschnecken, werden sie auch heute gerne gesammelt und lokal, vor allem auf tropischen Inseln und in Küstenregionen, aber auch international gehandelt. Besonders seltene Kaurischneckenarten aus abgelegenen Verbreitungsgebieten oder Varietäten mit ungewöhnlichen Farbmusterungen können dabei manchmal hohe Preise erreichen.
So ist Conchology Inc. von Guido und Philippe Poppe einer der weltweit größten Schalenhändler mit Basis auf den Philippinen und einem Angebot von nach eigenen Angaben über 172.000 Schalen. Während Conchology Inc. aber unter wissenschaftlicher Anleitung mit Schalen handelt (beide Besitzer sind anerkannte Malakologen), tun viele andere Schalenhändler das nicht.
Conchology Inc.: Handelshaus für Meeresschneckenschalen aus aller Welt.
Dort:
Cowrie Shells (Cypraeidae).
Durch die teilweise überhand nehmende Sammeltätigkeit, zusammen mit den negativen Auswirkungen durch Meeresverschmutzung und die Beeinträchtigung vieler Korallenriffe schrumpfen dadurch auch die natürlichen Lebensräume vieler Kaurischneckenarten. Einige Organisationen arbeiten mittlerweile an Projekten zur nachhaltigen Nutzung von Kaurischnecken, um die Artenvielfalt in den betroffenen Regionen zu bewahren. Dazu gehört etwa die kontrollierte Zucht und die Schonung besonders gefährdeter Populationen.
Kaurischnecken sind weit mehr als nur hübsche Gehäuse aus dem Meer. Sie waren einst Münzen, Schmuck und magische Gegenstände – und das über Kontinente und Jahrtausende hinweg. Auch heute noch faszinieren sie Sammler, Künstler und Handwerker weltweit. So schön diese Schnecken auch sind, so bedeutend bleibt doch der Schutz ihrer Lebensräume bleibt eine zentrale Aufgabe, um das kulturelle Erbe und die biologische Vielfalt der Meere zu bewahren.
Letzte Änderung: 11.07.2025 (Robert Nordsieck).