Fässchenschnecken (Orculidae)

Orculidae Pilsbry 1918


Fässchenschnecken (Orculidae). Von links nach rechts: Orcula dolium, Orcula
gularis
, Orcula conica. Bild: Francisco Welter-Schultes, Animal base.
 

Ebenso, wie die Kornschnecken (Chondrinidae), die Windelschnecken (Vertiginidae) und die eigentlichen Puppenschnecken (Pupillidae) gehören auch die Fässchenschnecken (Orculidae) zur großen Überfamilie der Puppenschnecken (Pupilloidea). Allerdings haben die Orculidae in jüngerer Zeit eine grundlegende Revision erfahren. Dabei kam die im folgenden genannte Arbeit von Harl et al. (2017) auf der Grundlage der Untersuchung dreier mitochondrialer und zweier nukleärer Gene zum Schluss, dass mehrere Gattungen, die zuvor zu den Orculidae gezählt worden waren, tatsächlich eigene Gruppen darstellten. Daher werden zu den Orculidae nur mehr die Gattungen Alvariella, Orcula, Orculella, Pilorcula, Schileykula und Sphyradium gezählt. Zwei neue Familien, Odontocycladidae und Pagodulinidae werden außerhalb der Orculidae neu formiert.

  Harl, J., Haring, E., Asami, T., Sittenthaler, M., Sattmann, H., Páll-Gergely, B. (2017): Molecular systematics of the land snail family Orculidae reveal paraphyly and deep splits within the clade Orthurethra (Gastropoda: Pulmonata). Zoological Journal of the Linnean Society. 181(4): pp. 778-794. (Link).
MolluscaBase: Pupilloidea. (Abgerufen 22.09.2022).
  Orcula dolium Jungtiere
Jungtiere von Orcula dolium.
Bild: Francisco Welter-Schultes, Animal base.

Wie ihr Name schon sagt, erinnern Fässchen äußerlich an ein Fass. Davon auszunehmen ist die Spitze des Gehäuses, die bei vielen Arten, z.B. bei der Großen Fässchenschnecke (Orcula dolium) flach kegelförmig ist. Jungtiere besitzen ein kegelförmiges Gehäuse, das äußerlich an eine Pyramidenschnecke erinnert. Weitere Umgänge (ausgewachsene Fässchenschnecken können bis zu 10 Umgänge aufweisen) werden mit zunehmendem Alter der Schnecke in gleich bleibender Breite angesetzt, wodurch die Fässchenform entsteht.

Fässchenschnecken werden nur einige Millimeter (zwischen 3 und 10 mm) groß. Sie leben im Moos, unter Laub und zwischen Gesteinsschutt. Bei manchen Arten, besonders auch bei den Jungtieren, findet eine Tarnung (Camouflage) durch Erdkrumen oder den Kot der Schnecke statt.

In Europa kommen rund 50 Arten vor, bei denen teilweise zahlreiche Unterarten und Rassen unterschieden werden. Darüber hinaus ist die Familie in Mittel- und Südeuropa, aber auch im Nahen Osten, in Zentralasien, in Nord- und Südafrika und auf Madagaskar verbreitet.

Große Fässchenschnecke - Orcula dolium (Draparnaud 1801)

Orcula dolium
Große Fässchenschnecke (Orcula dolium).
Bild: Olivier Gargominy (Quelle, CC 4.0).
 
 
Große Fässchenschnecke (Orcula dolium) vorne
und Roggenkornschnecke (Abida cf. secale).
Bild: © Stefan Haller, (schneckenfoto.ch).

Beschreibung: Die Große Fässchenschnecke hat ein dick walzenförmiges Gehäuse von einer gelblich braunen bis rötlich braunen Farbe, dessen Spitze (Apex) flach kegelförmig ist. Die Gehäuseoberfläche ist fein und unregelmäßig gestreift. Die Mündung ist gerundet und der Mundsaum ist breit und umgefaltet. In der Mündung sind drei Falten sichtbar, davon zwei im Spindelbereich (Columellarfalten) und eine am oberen Mündungsrand (Parietalfalte) (siehe Bild oben). Das Gehäuse der Großen Fässchenschnecke kann durch mineralische Ablagerungen schwarz verkrustet sein, zudem tarnen vor allem Jungtiere das Gehäuse mit Erdkrumen oder Kot.

Maße: B: 3 - 3,6 mm; H: 6,7 - 9 mm; U: 8½ - 10.

Lebensraum und Verbreitung: Orcula dolium lebt an Kalkfelsen, sowie im Geröll und in der Bodenstreu schuttreicher Waldhänge, vor allem in höheren Lagen der montanen Zone. Die Große Fässchenschnecke besitzt eine große Feuchtigkeitstoleranz: Sie tritt an feuchten, waldigen Standorten ebenso auf, wie an trockenen, sonnigen Hängen.

Das Verbreitungsgebiet der Großen Fässchenschnecke erstreckt sich über die Alpen (ausgenommen die eigentliche Hochgebirgszone), sowie das nördliche Alpenvorland und die Karpaten. In der Schweiz ist die Große Fässchenschnecke bis in einer Höhe von 2100 m NN zu finden. Möglicherweise dehnt sich das Verbreitungsgebiet bis Nordafrika, Äthiopien und den Iran aus.

Bedrohungssituation: Während die Große Fässchenschnecke in den Salzburger Kalkalpen eine sehr häufige Art ist, ist das Verbreitungsgebiet in der Schweiz zerstreut. In Bayern ist die Große Fässchenschnecke im Rückgang begriffen.

Francisco Welter-Schultes: Orcula dolium species homepage.
Mollbase: Orcula dolium.

Andere Arten der Fässchenschnecken sind z.B. die Schlanke Fässchenschnecke (Orcula gularis) und die Kegel-Fässchenschnecke (Orcula conica), sowie die nicht zur Gattung Orcula gehörende Kleine Fässchenschnecke (Sphyradium doliolum).

Pagodenschnecken (Pagodulinidae).


Mit Bildern von Stefan Haller:
http://www.schneckenfoto.ch.