Genabelte Puppenschnecken

Lauriidae Steenberg, 1925

Der Trivialname Puppenschnecken bezeichnet mehrere Schneckenfamilien, so vor allem die Pupillidae. Genau genommen gibt es für die Lauriidae keinen eigenen Trivialnamen, da die Bezeichnung Genabelte Puppenschnecke eigentlich nur die Art Lauria cylindracea bezeichnet. Gemeinhin wird aber auch die gesamte Familie als Genabelte Puppenschnecken bezeichnet (vgl. z.B. Naturportal Südwest).

Systematik

 
Systematik der Pupilloidea
(Vereinfacht!)
Pupilloidea
Argnidae H
udec, 1965
Cochlicopidae P
ilsbry, 1900 (1879)
Enidae B. B. W
oodward, 1903 (1880)
Lauriidae S
teenberg, 1925
Orculidae P
ilsbry, 1918
Pagodulinidae P
ilsbry, 1924
Partulidae P
ilsbry, 1900
Pupillidae W. T
urton, 1831
Pyramidulidae K
ennard & B. B. Woodward, 1914
Valloniidae E. S. M
orse, 1864
Vertiginidae F
itzinger, 1833

Quelle: MolluscaBase eds. (2021): Pupilloidea W. Turton, 1831.
 
Lauria cylindracea: Oxelaëre, Nord-Pas-de-Calais, Frankreich.
Bild: Marie-Lou Le Grand (iNaturalist).
Die systematische Anordnung der Lauriidae ist, je nach Autor, verschieden: Kerney, Cameron, Jungbluth (1983) (s.u.) platzieren die Gruppe in die Puppenschnecken (Pupillidae), Schileyko (s. o.) stellt sie zu den Fässchenschnecken (Orculidae). Gemäß MolluscaBase (s.u.) ist die Familie neben den Puppenschnecken (Pupillidae) und den Fässchenschnecken (Orculidae), sowie u. a. den Windelschnecken (Vertiginidae) und den Grasschnecken (Valloniidae) der Überfamilie Pupilloidea zuzuordnen.

Links

Genabelte Puppenschnecke - Lauria cylindracea (Da Costa 1778)


Lauria cylindracea: Ormesson, Frankreich.
Bild: Jean-Pierre Fiocre (iNaturalist).
 
Beschreibung: Die Genabelte Puppenschnecke (Lauria cylindracea) besitzt ein braunes, durchscheinendes und glänzendes Gehäuse, das eine ovale Form mit einer stumpfen Spitze (Apex) hat. Der letzte der leicht gerundeten Umgänge hat den größten Durchmesser. Die Mündung bei ausgewachsenen Exemplaren zu einer weißen Lippe umgefaltet. Meist ist eine weißliche Parietalschwiele zu sehen. Der Nabel des Gehäuses ist offen (daher der Name), aber eng.

Die Mündung der Genabelten Puppenschnecke zeigt zwei Lamellen: Eine Parietal-(Ober-)Lamelle (siehe auch: Heimische Schließmundschnecken), die als Zahn in der Mündung sichtbar ist, und eine Columellar-(Unter-)Lamelle, die man nur bei schrägem Blick ins Gehäuse sehen kann, da sie nicht bis zum Mundsaum reicht.

Siehe auch: Schileyko, A. A. (1998): "Treatise on Recent Terrestrial Pulmonate Molluscs". Teil 1. Ruthenica, Anhang 2.

Der Weichkörper des Tieres ist dunkel, wobei Fuß und Seiten meist etwas heller sind. Die oberen Fühler sind relativ kurz, die unteren Fühler sehr kurz. Das Gehäuse wird beim Kriechen sehr hoch in einer senkrechten Position über dem Körper getragen.

Maße: H: 3 - 4 mm; B: 1,8 mm; U: 5 - 6. Information: Abkürzungen

 
Lauria cylindracea: Dunkeld, Victoria, Australien.
 
Bilder: Bruno Bell (iNaturalist). 
Lebensraum und Verbreitung: Die Genabelte Puppenschnecke bewohnt Wälder, Felsen und Wiesen auf nicht zu feuchten Standorten. Oftmals versteckt sie sich in großer Zahl unter Efeu. Während die Genabelte Puppenschnecke auf der südlichen Halbinsel Krim an trockenen Standorten in zehnfach größeren Zahlen vorkommen, als an feuchten Standorten, bevorzugt die Art hingegen in Portugal feuchte und schattige Standorte und kommt dort auf Moospolstern, unter Steinen und Totholz, sowie an Baumrinde, vor. In Großbritannien wiederum ist sie oben an Steinmauern, unter Efeu versteckt, sehr häufig.

Die Genabelte Puppenschnecke ist eine ovovivipare Schneckenart, die niemals Eier legt, sondern Jungtiere mit 2 bis 2½ Windungen zur Welt bringt.


Schale von Lauria cylindracea. Bild: H. Zell (Quelle). 
 
Lauria cylindracea kommt in den atlantisch beeinflussten Regionen Westeuropas (Britische Inseln, Frankreich, Belgien, Niederlande, Norddeutschland, Dänemark) vor, in den Küstengebieten von Skandinavien (bis zu 64° N; isoliert auf den Lofoten-Inseln), den Orkney-Inseln, Südeuropa bis zur Halbinsel Krim und im Kaukasus, im Nahen Osten (Libanon, Oberes Galiläa in Israel) und im Jemen im Südwesten der Arabischen Halbinsel. Es gibt außerdem einige isolierte Vorkommen in der Westschweiz, im mittleren Rheintal, in Mecklenburg-Vorpommern und am Isteiner Klotz (Baden-Württemberg).

Inzwischen ist die Art auch in Neuseeland, Australien (vgl. Bild rechts), Südafrika, sowie an der Südwestküste Kanadas und im Nordwesten der USA eingeschleppt worden.

Bedrohungssituation: So wie die Genabelte Puppenschnecke in Südeuropa sehr häufig ist und fast überall vorkommt (nach der Gefleckten Weinbergschnecke (Cornu aspersum) ist die Art in Portugal die häufigste Landschneckenart) und auch an alten Mauern in albanischen Städten oft zu finden ist, gehört sie auch auf den Britischen Inseln zu den häufigen Arten, ist jedoch in den Midlands im Zurückgehen begriffen.

In der Schweiz hingegen kommt sie nur an sehr warmen und trockenen Standorten vor, viele Lebensräume sind bereits zerstört worden, was zum Verschwinden der Art bis auf wenige Populationen geführt hat.


Südliche Puppenschnecke (Lauria sempronii). Mazaugues,
Dept. Var, Frankreich. Bild: Bastien Le Mort (iNaturalist).
 
In Rheinland-Pfalz ist Lauria cylindracea vom Aussterben bedroht, in Deutschland allgemein stark gefährdet, in der Schweiz und in Albanien als bedroht eingestuft (vgl. Gefährdungskategorien gemäß Roter Liste).

In Österreich ist als einziger Vertreter der Lauriidae die verwandte Südliche Puppenschnecke (Lauria sempronii: Bild rechts aus Frankreich) möglicherweise bereits ausgestorben.

Links

Literatur

Letzte Änderung: 15.08.2025 (Robert Nordsieck).