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Süßwassermuscheln

 
Bezeichnung Artenzahl Prozent
Gastropoda ca. 65.000 - 80.000 ~ 76%
Bivalvia ca. 20.000 ~ 21%
Cephalopoda ca. 900 ~ 1%
Scaphopoda ca. 900 ~ 1%
Monoplacophora ca. 25 < 1%
Polyplacophora ca. 1.000 ~ 1%
Solenogastres ca. 300 < 1%
Caudofoveata ca. 150 < 1%
Mollusca ca. 85.000 - 100.000  
 


Diagramm: Vergrößerte Darstellung!
  Artenzahlen der Weichtiere (Mollusca), verteilt auf Untergruppen, prozentual. Quellen: WoRMS: MolluscaBase eds. (2025): Mollusca LINNAEUS, 1758.
Inhalt

Einleitung

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Aus- und Einströmsipho einer Großen Teichmuschel (Anodonta
cygnea
). Bild: © Alexander Mrkvicka, Wien.
 
Schnecken und Muscheln sind die einzigen Weichtiere, die außer im Meer auch im Süßwasser, also in Flüssen und Bächen, in Teichen und Seen, vorkommen. Während die Lebensbedingungen im Meer, abgesehen von den Küstenzonen, weitgehend gleichförmig sind, stellen die Lebensräume an Land ein Mosaik aus kleinen ökologischen Räumen dar, die räumlich und zeitlich stark variieren können und daher von ihren Bewohnern eine starke ökologische Anpassung verlangen.

Im Verlauf der Evolution hat dies zur Folge, dass verwandte Gruppen durch diese ökologische Anpassung voneinander isoliert werden, es kommt zur Artbildung und zur Entstehung zahlreicher ökologisch besonders angepasster Arten. Aufgrund dessen sind die Land- und Süßwasserschnecken im Vergleich zu ihren meereslebenden Verwandten viel artenreicher, ähnliches gilt für die Muscheln.

Im Vergleich zu den übrigen, ausschließlich meereslebenden, Weichtierklassen weisen Schnecken und Muscheln dadurch eine weit höhere Artenzahl auf (vgl. Tabelle). Von den etwa 55.400 bekannten Weichtierarten nach neuerer Schätzung, nehmen Schnecken und Muscheln etwa 53.000 Arten ein, davon die Schnecken als einzige landlebende Weichtiergruppe 43.000 Arten, über drei Viertel aller Weichtierarten.

Die im Süßwasser lebenden Muscheln Mitteleuropas lassen sich nach Größe und Aussehen in zwei Gruppen unterteilen, die jeweils unterschiedliche Wurzeln innerhalb meereslebender Gruppen haben:

Großmuscheln

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Große Teichmuschel (Anodonta cygnea).
Bild: © Alexander Mrkvicka, Wien.
Die Flussmuschelverwandten (Unionoidea) sind die größten rezenten Binnenmollusken der Erde. Die größte mitteleuropäische Art, die Große Teichmuschel (Anodonta cygnea), wird bis zu 26 cm groß. Zu den Flussmuschelverwandten gehören neben den Teichmuscheln auch die Flussmuscheln (Unio) (z.B. die Malermuschel Unio pictorum und die Bachmuschel Unio crassus) und Flussperlmuscheln (Margaritifera). Besonders in der Entwicklung unterscheiden sich diese Muscheln stark von meereslebenden Arten, sie entwickeln sich über ein parasitisches Larvalstadium, das so genannte Glochidium. Glochidien brauchen, um sich zur Jungmuschel weiter entwickeln zu können, einen Wirtfisch, in dessen Gewebe sie überdauern können.

Die Flussmuschelverwandten bezeichnet man auch als Najaden. Dieser ungewohnt poetische Name bezieht sich auf Quellgöttinnen aus der Sagenwelt des antiken Griechenlands, die unter anderem für die Reinheit ihrer Quelle sorgten. Ähnlich wie die Miesmuscheln des Wattenmeers haben auch die großen Süßwassermuscheln eine große Bedeutung für das Ökosystem des Gewässers, in dem sie leben.

So dienen unterschiedliche Arten von Großmuscheln dem Bitterling (Rhodeus sericeus amarus) als Schutz für seine Jungtiere. Nicht alle Muschelarten sind dafür geeignet, im Allgemeinen bevorzugt der Bitterling Malermuscheln (Unio pictorum) oder Teichmuscheln (Anodonta anatina oder cygnea), aber in jüngerer Zeit hat sich herausgestellt, dass er gelegentlich auch auf eine Abgeplattete Teichmuschel (Pseudanodonta complanata) oder sogar auf eine Körbchenmuschel (z.B. Corbicula fluminea, s.u.) zugreifen kann.

Der Fischkindergarten in der Teichmuschel.
Weitergehende Informationen über Großmuscheln.

Kleinmuscheln

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Der Fuß einer Erbsenmuschel (Pisidium spec.) ist lang und lan-
zettförmig.
Bilder: © Alexander Mrkvicka, Wien.
 
Die Siphone der Erbsenmuscheln sind kurz und ragen nur we-
nig über den Mantelrand, bei den Kugelmuscheln sind sie viel
länger.
 
Auf der anderen Seite sind die Erbsen- und Kugelmuscheln (Sphaeriidae) die kleinsten Muscheln auf der Erde: Die größte mitteleuropäische Art, die Fluss-Kugelmuschel (Sphaerium rivicola), wird höchstens 25 mm groß. Erbsenmuscheln sind meist erheblich kleiner, die größte Art ist die große Erbsenmuschel (Pisidium amnicum) mit 7 – 11 mm. Erbsen- und Kugelmuscheln sind Zwitter und entwickeln sich über Ovoviviparie, die Larven entwickeln sich im Muttertier, Jungmuscheln werden abgesetzt.

 
Wandermuscheln (Dreissena polymorpha) überwachsen auch
andere Muscheln. Hier eine Bachmuschel (Unio crassus).
Bild: © Alexander Mrkvicka, Wien.
Die Dreikantmuscheln (Dreissenidae) waren im Tertiär viel artenreicher als heute, wo es nur noch eine Familie mit zehn Arten gibt. Die Tiere sind, ähnlich wie Miesmuscheln, mit einer Byssusdrüse ausgerüstet, mit der sie sich am Untergrund festspinnen können. Die Wandermuschel (Dreissena polymorpha) konnte sich in den vergangenen 200 Jahren auf diese Weise aus der Region um das Kaspische Meer an Schiffen in ganz Europa, sogar bis nach Amerika ausbreiten.

Heute sucht diese Muschelart Gewässer in der ganzen Region heim und kann zum Schädling werden, da sie nicht nur Steine und Felsen überwächst, sondern auch andere Muscheln, Flusskrebse und andere Tiere. Auch wirtschaftlich kann die Wandermuschel sich als schädlich erweisen, wenn sie die Anlagen von Wasserkraftwerken und Staudämmen verstopft. Ähnlich problematisch ist die erst in jüngerer Zeit aus Osteuropa eingeschleppte Quagga-Muschel (Dreissena bugensis).

Eine andere vor etwas längerer Zeit (Erstnachweis in Österreich 1999, in Deutschland 1983 in der Weser) eingeschleppte Muschelgruppe sind die ursprünglich asiatischen Körbchenmuscheln (Corbiculidae oder nach neueren Erkenntnissen Cyrenidae). Diese verlangen allerdings sauerstoffreiches Wasser, was trotz ihrer Fähigkeit zur Selbstbefruchtung im Allgemeinen zur Selbstregulation führt, so dass die Körbchenmuscheln im Allgemeinen nicht so schädlich sind, wie die Dreikantmuscheln.

Weichtiere mit Migrationshintergrund (Neobiota)
Weitergehende Informationen über Kleinmuscheln.

Systematik

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Trigonia sp., eine fossile Muschel aus den Trigonioidea, den
Vorfahren der heutigen Großmuscheln. Bild: Armin Bauer.
 
 
Systematik der einheimischen Süßwassermuscheln
(Stark vereinfacht!)
Bivalvia
Unterklasse Autobranchia
Infraklasse Heteroconchia
Subterklasse Palaeoheterodonta
Ordnung Unionida
Überfamilie Unioidea
Familie Unionidae
Unterfamilie Unioninae
Tribus Unionini
Gattung Unio
Tribus Anodontini
Gattung Anodonta
Gattung Pseudanodonta
Familie Margaritiferidae
Gattung Margaritifera

Subterklasse Euheterodonta
Ordnung Sphaeriida
Familie Sphaeriidae
Gattung Sphaerium
Gattung Pisidium
Ordnung Myida
Familie Dreissenidae
Gattung Dreissena
Ordnung Venerida
Familie Cyrenidae
Gattung Corbicula

Quelle: MolluscaBase (2025). Bivalvia Linnaeus, 1758.
Systematisch gehören Groß- und Kleinmuscheln zu zwei verschiedenen Teilen der Weichtierklasse Bivalvia.

Die Großmuscheln gehören zu den Palaeoheterodonta, die sich seit dem Erdmittelalter entwickelt haben. Die einzigen rezenten meereslebenden Vertreter dieser Unterklasse sind die Trigonioidea, eine kleine Gruppe, die in Überresten in der Nähe von Australien vorkommt und ansonsten nur fossil bekannt ist.

Im System rechts sind alle im Text erwähnten Gruppen hervorgehoben, so dass das System trotz starker Vereinfachung etwas übersichtlicher wird.

Die Flussmuschelverwandten bilden eine eigene Ordnung, die Unionoida. In dieser gehören alle einheimischen Großmuschelarten zu zwei Familien: Den Flussmuscheln (Unionidae) und den Flussperlmuscheln (Margaritiferidae). Alle Großmuscheln, ausgenommen die Flussperlmuscheln, gehören zu den Unionidae und innerhalb dieser Familie zu zwei verschiedenen Untergruppen (Tribus), nämlich den Unionini, zu denen die Gattung Unio und verwandte Gattungen gehören, sowie andererseits den Anodontini, zu denen die Teichmuscheln (Gattungen Anodonta und Pseudanodonta) gehören.

Im Gegensatz dazu gehören die Kleinmuscheln zu den Heterodonta, zu denen neben den genannten limnischen (süßwasserlebenden) Gruppen auch marine (meereslebende) Gruppen, wie Venusmuscheln (Veneroidea) und Herzmuscheln (Cardioidea) gehören. Im Gegensatz zu den Großmuscheln sind die in Mitteleuropa vorkommenden Kleinmuscheln deutlich heterogener, allerdings kommen ja auch mehrere eingeschleppte Arten vor.

So gehören die einheimischen Kugelmuscheln (Sphaeriidae) zur Ordnung Sphaeriida, hingegen die Dreikantmuscheln (Dreissenidae) zu den Myida, sind also weitläufig verwandt mit den meereslebenden Sandklaffmuscheln (Mya arenaria). Die Körbchenmuscheln (Corbiculidae oder Cyrenidae) schlussendlich gehören zu den Venerida, zu denen auch die meereslebenden Venusmuscheln (Veneridae), wie z.B. die Raue Venusmuschel (Venus verrucosa), gehören.

Literatur

Links

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Letzte Änderung: 11.08.2025 (Robert Nordsieck).