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Die Bachmuschel

Unio crassus Philippson 1778


Bachmuscheln (Unio crassus).
Bild: © Alexander Mrkvicka, Wien (mrkvicka.at).
 
 
Außenansicht der Bachmuschel (Unio crassus).
Bild: © Alexander Mrkvicka, Wien (mrkvicka.at).

Die Bachmuschel oder auch gemeine Flussmuschel (Unio crassus) galt lange als eine der häufigsten einheimischen Süßwasser-Muschelarten. Heute steht sie jedoch unter strengem Naturschutz und man geht davon aus, dass sie in 90% ihres ursprünglichen Verbreitungsgebiets, das große Teile Nord- und Mitteleuropas mit Ausnahme der östlichen, südlichen und äußersten westlichen Gebiete beinhaltete, ausgestorben ist.

Von den einheimischen Arten von Großmuscheln ist die Bachmuschel, neben der Flussperlmuschel, am meisten an saubere Fließgewässer gebunden. Die Großmuscheln werden auch als Najaden bezeichnet, und passend zu den namengebenden griechischen Flussgöttinnen, die ebenfalls für die Reinheit ihres Gewässers sorgten, ist die Bachmuschel genauso abhängig von der Sauberkeit ihres Gewässers, zu der sie durch ihre Filterwirkung auch selber beiträgt.

Kennzeichen

Bachmuscheln werden durchschnittlich 70 mm groß, allerdings hat man sowohl Kümmerformen von weniger als 60 mm Schalenlänge gefunden, als auch Großformen, die größer als 100 mm werden können. Die Größe, die eine Bachmuschel erreichen kann, hängt vorwiegend vom umgebenden Wassermilieu ab. Dazu gehören zum Beispiel die Versorgung mit Nährstoffen, aber auch die Wassertemperatur.

Die Schale der Bachmuschel ist meist nierenförmig. Besonders ältere Exemplare weisen einen Überzug aus Kalk, Eisen oder Mangan auf, was ihnen eine schwarze Farbe verleiht. Die normalerweise deutlich erkennbaren Wirbel der Schale nahe an der Verbindung zwischen beiden Schalenklappen sind bei älteren Exemplaren oft abgenutzt und wo die Schalenhaut (Periostracum) verschwunden ist, korrodiert. Bei jungen Tieren sind die Wirbel allerdings meist noch gut zu erkennen und zeichnen sich durch charakteristische runzlige Falten aus.

 
Bachmuschel (Unio crassus), im Boden eingegraben.
Bild: © Alexander Mrkvicka, Wien (mrkvicka.at).

Der Weichkörper der Bachmuschel ist hell gefärbt, die Kiemen sind gelblich bis orangefarben erkennbar. Während die große Einströmöffnung mit einem Papillenrand versehen ist, ist die darüber liegende Ausströmöffnung glattrandig. Die Siphos der Bachmuschel sind meist gräulich gefärbt.

Wie viele andere Muscheln auch kann die Bachmuschel ihren Fuß, der üblicherweise innerhalb der Schale bleibt, zur Fortbewegung ausstrecken. Dies nutzen sie, um ihre Position im Bachbett zu verändern und sich nach der Strömung auszurichten, während sie in Buchten meist quer zur Strömung sitzen.

Mehr Bilder von der Bachmuschel (Unio crassus).

Ernährung

Bachmuscheln sind Filtrierer, die im Flussbett eingegraben leben und sich mit Hilfe ihrer langen Siphos filtrierend von Plankton und Detritus ernähren. 

Fortpflanzung und Entwicklung

Bachmuscheln sind recht langlebig, sie können ein Alter von über 30 Jahren in Mitteleuropa, sogar über 90 Jahren in Nordeuropa erreichen. Bis zum gewissen Grade kann man das Alter von Bachmuscheln an den Zuwachsringen der Schale ablesen.

Bachmuschel (Unio crassus)
Glochidium einer Bachmuschel
Bild: Susanne Hochwald. [1]
 

Im Gegensatz zu manchmal bei der Flussperlmuschel (Margaritifera margaritifera) beobachteten Zwittern sind Bachmuscheln getrennt geschlechtlich. Die Samenzellen der Männchen gelangen über das Atemwasser in die Mantelhöhle des Weibchens, wo die Befruchtung stattfindet. Die befruchteten Eier gelangen dann aus den Gonaden des Weibchens in Brutkammern in den Kiemen, die so genannten Marsupien.

 
Elritzen (Phoxinus phoxinus) und Stichlinge (Gasterosteus aculatus),
Wirtsfische der Bachmuschel. [1]

Wie bei den meisten einheimischen Süßwassermuscheln entwickeln sich auch die Bachmuscheln über ein parasitisches Larvenstadium, das so genannte Glochidium. Glochidien hängen in ihrer Entwicklung von einer bestimmten Fischart ab, in deren Kiemen sie sich einnisten und dort ihre weitere Entwicklung zur Jungmuschel durchmachen. Die Glochidien der Bachmuschel sind etwa 0,2 mm groß und werden vom Weibchen in Paketen von etwa 1000 Stück abgesetzt. Die Gesamtmenge der von einer weiblichen Bachmuschel ausgesetzten Glochidien kann während einer Fortpflanzungsperiode etwa 1000 bis 56000 Stück betragen.

Innerhalb von 3 bis 6 Tagen nach ihrer Aussetzung müssen die Glochidien einen geeigneten Wirtsfisch gefunden haben, sonst sterben sie ab. Als Wirtsfische für die Bachmuschel kommen zum Beispiel Elritze (Phoxinus phoxinus), Groppe (Mühlkoppe, Cottus gobio), Dreistachliger Stichling (Gasterosteus aculeatus), Döbel (Leuciscus cephalus), Hasel (Leuciscus leuciscus) und einige andere Fischarten in Frage.

Die Lebensgemeinschaft der Bachmuschel [2]: PDF.


18 Monate alte Jungmuschel der Bachmuschel. [1]
 

Nach etwa 20 bis 30 Tagen fallen die Glochidien vom Wirtsfisch ab und verwandeln sich in einer Metamorphose zur Jungmuschel, die im Boden des Flusses heranwachsen, nach 1 bis 3 Jahren mit einer Größe von etwa 1 cm wieder hervorkommen und zur Lebensweise einer ausgewachsenen Muschel übergehen.

Verbreitung

Ursprünglich kommt die Bachmuschel in fast ganz Europa, im Schwarzmeergebiet und sogar in Mesopotamien vor. Auf den Britischen Inseln ist sie nur fossil nachgewiesen, in Italien und auf dem größten Teil der Iberischen Halbinsel fehlt sie. In Mitteleuropa unterscheidet man im Wesentlichen drei verschiedene Unterarten, die in den drei großen Fluss-Systemen vorkommen: Zum einen Unio crassus riparius im Rhein und Unio crassus crassus im Einzugsgebiet der nordischen Vereisung.

Im westlichen Fluss-System der Donau kommt Unio crassus cytherea bis nach Westösterreich und das westliche Niederösterreich vor. Weitere österreichische Unterarten sind lt. Roter Liste Unio crassus albensis aus dem östlichen Niederösterreich, dem Burgenland und der Steiermark, und Unio crassus decurvatus aus Kärnten. Übergangsformen zwischen Unio crassus cytherea und der Unterart albensis gibt es in der Thaya bei und oberhalb Drosendorf und im Bereich des Nationalparks Donauauen (vgl. auch Bilderfolge am Fuß der Seite!).

Reischütz, A.; Reischütz, P. L.: Rote Liste der Weichtiere (Mollusca) Österreichs. In: Wallner, R. M. (2007): Rote Listen gefährdeter Tiere Österreichs, Böhlau-Verlag. S. 363 ff.
Brigitte Stampfl, Robert Patzner: Die Situation der Gemeinen Flussmuschel (Unio crassus cytherea) im Bundesland Salzburg. BUFUS Info digital (Link).

Eine weitere Sonderform ist die große und dickschalige Unio crassus maximus, möglicherweise eine weitere Unterart, die ursprünglich aus Dänemark beschrieben wurde, aber auch in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg vorkommt.

Gefährdungssituation

 
Bisamratte (Ondathra zibethicus) (Bild: Leonard Lee Rue).

Die Bachmuschel gehört zu den am meisten gefährdeten einheimischen Muschelarten. Zwar wird sie auch als Gemeine Flussmuschel bezeichnet, da sie vormals sehr häufig war, allerdings in Mitteleuropa bestehen nurmehr wenige Restpopulationen. In Süd- und Osteuropa ist die Situation weniger hoffnungslos, so dass die Art dort zumindest überleben wird.

Die Gründe für ihre Gefährdung sind in besonderem Maße bei einer Einflussnahme durch den Menschen zu suchen.

Während die Bachmuschel ursprünglich nur den Fischotter (Lutra lutra) als Feind hatte, wirken sich mehrere eingeschleppte Tierarten negativ auf die Bachmuschelbestände aus, darunter die aus Amerika einschleppte Bisamratte (Ondathra zibethicus), der Waschbär (Procyon lotor) und der Amerikanische Nerz oder Mink (Neovison vison).

Zum anderen hat gerade die Überdüngung der heimischen Landwirtschaftsflächen und die daraus folgende steigende Schadstoffbelastung der Gewässer, sowie die zunehmende Einschwemmung von Bodenpartikeln in die Gewässer die Bachmuschel beeinträchtigt. Durch den Sedimenteintrag wird das Lückensystem des Gewässerbodens verstopft, mit entsprechenden negativen Folgen für die Jungmuscheln. Außerdem führen steigende Nitratgehalte in den Gewässern und der mangelnde Sauerstoffgehalt im Gewässerboden zum Absterben der Jungmuscheln.

Aus fischereiwirtschaftlichen Gründen eingeführte fremde Fischarten verdrängen zudem die einheimischen Fische und sind als Wirtsfische für die Glochidien der Bachmuschel nicht geeignet.

Infolge dieser Beeinträchtigung  sind die einheimischen Populationen der Bachmuschel häufig stark überaltert und nehmen daher mit dem Absterben der Altmuscheln immer mehr ab. Bachmuscheln werden inzwischen gezüchtet und ausgewildert.

Quellen und weiterführende Informationen:

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Außenansicht der Bachmuschel

Bilder: © Alexander Mrkvicka, Wien (mrkvicka.at).