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Die Weinbergschnecke

Helix pomatia Linnaeus, 1758

 

  Weinbergschnecke (Helix pomatia)
Weinbergschnecken (Helix pomatia) findet man nicht nur in Weinbergen.
Bild: Cornelia Kothmayer.
Die Weinbergschnecke (Helix pomatia) ist ein bekannter Vertreter der heimischen Tierwelt, aufgrund ihrer Größe auch mit dem bloßen Auge leicht zu erkennen und ihr Anblick ist uns daher von manch einem Spaziergang am Abend oder am frühen Morgen vertraut. Wer ist also diese große Schnecke mit dem kugeligen Gehäuse, die man oft auf kalkreichem Boden in der Wegrand- und Buschvegetation entdecken kann?

Außerdem ist die Weinbergschnecke eine der wenigen mitteleuropäischen Schneckenarten, die wirtschaftlich gezüchtet werden, übertroffen nur noch von ihrer Verwandten, der Gefleckten Weinbergschnecke (Cornu aspersum), die in Frankreich, einem der Mittelpunkte der europäischen Schneckenzucht, auch als Escargot Petit Gris bezeichnet werden. Zucht und Nutzung der Weinbergschnecke haben aber gerade in Süddeutschland und Österreich eine lange Tradition, die mindestens bis in Mittelalter zurück reicht.

Wirtschaftliche Schneckenzucht.
Die Geschichte der Schneckenzucht.

Historisch geht man davon aus, dass die Weinbergschnecke sich vor allem deswegen in Mitteileuropa ausbreiten konnte, weil durch die menschlichen Siedlungsbewegungen spätestens mit der Landnahmezeit der Germanen große Teile des herzynischen Urwaldes, der weite Gebiete Mitteuropas bedeckte, gerodet wurden, um Platz für Agrarflächen zu schaffen und erst dadurch die Buschlandschaften entstanden, in denen die Weinbergschnecke heute noch bevorzugt lebt.

Weinbergschnecke: Lebensraum.

Während in Großbritannien die Weinbergschnecke als "Roman Snail" bezeichnet wird, da sie vermutlich von den Römern auf den Britischen Inseln eingeführt wurde, und auf Französisch als "Escargot des Bourgogne" (Burgundische Schnecke), deutet die deutsche Bezeichnung Weinbergschnecke darauf hin, dass die Schnecken früher oft in Weinbergen gefunden wurden. Diese wiederum stehen oft auf fruchtbarem Kalkstein- oder Löss-Boden. Die Gründe, warum Weinbergschnecken, wie viele andere Schneckenarten, vor allem auf kalkreichem Boden vorkommen, sind vielfältig: Das im Kalkstein enthaltene Calciumkarbonat wird zum Bau der Schale verwendet, die an ausreichend feuchten Stellen reiche Vegetationsdecke dient den Schnecken als Schutz und als Nahrung.

Weinbergschnecke: Schale.
Weinbergschnecke: Ernährung.

  Links gewundene Weinbergschnecke
Schneckenkönig der Weinbergschnecke (Helix pomatia).
Bild: Robert Nordsieck. Vergrößern!
Während die Weinbergschnecke normalerweise eine rechts gewundene Schale hat, kann es in seltenen Fällen auch zu links gewundenen Exemplaren kommen. Diese bezeichnet man als Schneckenkönige. Sie treten etwa in einem Verhältnis von 1:40.000 auf.

Weinbergschnecke: Schneckenkönig.

Auch das Verhalten von Weinbergschnecken ist gut erforscht. Zwar ist das Liebesspiel der Weinbergschnecke nicht ganz so spektakulär, wie das des Tigerschnegels (Limax maximus), aber dennoch sehenswert. Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Weinbergschnecke dabei einen so genannten Liebespfeil einsetzen kann. Die Erkenntnis, welchen Zweck der Liebespfeil hat, ist dabei noch gar nicht so alt.

Weinbergschnecke: Fortpflanzung.


Im Frühjahr, wenn die Weinbergschnecken aus der Kältestar-
re erwacht sind, beginnt ihre Paarungszeit.
 
Junge Weinbergschnecke im Alter von wenigen Wochen.
Bilder: Robert Nordsieck.
 
Eiablage, Entwicklung der Jungen, Überwinterung und Trockenruhe sind, nicht zuletzt aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung der Weinbergschnecke, ebenfalls leicht zu beobachten und in zahlreichen Veröffentlichungen gut dokumentiert. Auch aus dem Biologie-Unterricht ist die Weinbergschnecke gut bekannt, mit Ausnahme vielleicht des spektakulären Schalen-Polymorphismus der Bänderschnecken (z.B. Cepaea nemoralis oder hortensis), der ebenfalls von didaktischer Relevanz ist.

Weinbergschnecke: Winterruhe und Trockenschlaf.

Systematisch gehört die Weinbergschnecke zur Familie der Schnirkelschnecken (Helicidae), gemeinsam mit den Bänderschnecken, der Baumschnecke (Arianta arbustorum) und einer großen Vielzahl vor allem mediterraner Schneckenarten, wie der Dünenschnecke (Theba pisana) und der Nudelschnecke (Eobania vermiculata).

Schnirkelschnecken (Helicidae).
Weinbergschnecke: Verwandte.

Schlussendlich soll die Weinbergschnecke hier als Beispiel für viele Landschnecken genauer beschrieben werden, immerhin ist die Biologie der Weinbergschnecke ist ein faszinierendes Kapitel der heimischen Naturgeschichte. Denn wer hätte gedacht, dass Weinbergschnecken Tausende von Zähnen besitzen, aber nur einen Fuß, mit dem sie dafür aber auch in Rückenlage und selbst über die schärfsten Messerklingen kriechen können?

Eine Schnecke auf "Messers Schneide".

Dass sie seit Jahrtausenden zu Speisezwecken gesammelt werden, macht die Weinbergschnecke zu einer unserer bekanntesten Schneckenarten. Dennoch sollte man keineswegs annehmen, dass wir alles über diese ungewöhnlichen Tiere wissen, da auch heute noch neue wissenschaftliche Entdeckungen auf dem Gebiet der Weinbergschnecken gemacht werden.





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Bild: Haus der Natur in Cismar.

Bestimmungskarten "Weichtiere Österreichs - Gehäuseschnecken" und
"Weichtiere Österreichs - Süßwasserschnecken und Nacktschnecken"

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Erhältlich im Naturhistorischen Museum in Wien und im Haus der Natur in Cismar, Deutschland.
Überblick über die deutschen und holländischen Bestimmungskarten: http://www.miniposter.hausdernatur.de/.




http://www.mollusca.de: Reichhaltige Seite der
Deutschen Malakozoologischen Gesellschaft
rund um die Weichtierforschung.

 


Molluskenforschung Austria

Österreichweite Plattform für Molluskenforscher.

 

Naturkundemuseum Stuttgart: Weichtiere
Naturkundemuseum Stuttgart: Weichtiere - Bestimmung, Systematik, Fundmeldungen


Weichtiere beim Naturschutzbund Deutschland (NABU)

Letzte Änderung: 01.10.2025 (Robert Nordsieck).