Dolchschnecken

Gastrodontidae Tryon, 1866

Glanzschnecken (Zonitidae u.a.) Dolchschnecken (Gastrodontidae) Glanzschnecken (Oxychilidae) Daudebardien (Daudebardiinae)

 

Einleitung

 
Glanzschnecke (Aegopinella nitens) greift eine Laubschnecke
(Petasina unidentata) an.
Bild: © Stefan Haller, (schneckenfoto.ch).
Die Gattung Aegopinella und ähnliche Gruppen, wie etwa Retinella, sind kleine Schnecken mit glänzendem und durchscheinendem, meist weitmündigem Gehäuse, die vorwiegend räuberisch leben. Nur einige Arten können nach der Morphologie ihrer Gehäuse eindeutig bestimmt werden, bei anderen wird zusätzlich der Fundort und das Habitat, sowie schlussendlich eine anatomische Untersuchung des Genitalapparates wichtig.

Während diese und ähnliche Gattungen früher zu den Glanzschnecken (Zonitidae) gezählt wurden, ist heute ihr systematischer Status bis zum gewissen Grade unklar, je nachdem, welche systematische Quelle man zu Rate zieht. MolluscaBase zählt Aegopinella und andere Gattungen zu den Dolchschnecken (Gastrodontidae), zu denen z.B. auch die Gattung Zonitoides gehört. V. Wiese in der neuesten Ausgabe des Buches "Die Landschnecken Deutschlands" (s.u.) schließt sich dieser Ansicht an, im Gegensatz zum Naturportal Südwest des Naturkundemuseums Stuttgart, das Aegopinella und Retinella in der Familie Oxychilidae belässt.

Auf der vorliegenden Seite werden daher die Gattungen Aegopinella und Retinella mit den Dolchschnecken, wie Zonitoides, auf einer Seite zusammen gefasst.

Links und Literatur

Dolchschnecken - Gastrodontidae Tryon, 1866

Weitmündige Glanzschnecke - Aegopinella nitens (Michaud 1831)


Weitmündige Glanzschnecke (Aegopinella nitens).
Bild: © Stefan Haller, (schneckenfoto.ch).
 
 
Weitmündige Glanzschnecke (Aegopinella ni-
tens
). Bild: Helmut Nisters
Beschreibung: Die weitmündige Glanzschnecke besitzt ein hell bräunlich hornfarbenes Gehäuse. Dessen Gewinde ist flach kegelig, die Gehäusespitze ist nicht konvex (Unterscheidung zur etwas kleineren Aegopinella nitidula). Die Seitenlinie der leicht gerundeten Umgänge ist fast flach.

Vor der Mündung weitet sich der letzte Umgang deutlich (daher der Name), so dass er etwa dreimal so breit wie der vorige Umgang wird. Er ist abgeflacht und an der Mündung nicht absteigend. Die Mündung ist nur wenig schief. Der Nabel des Gehäuses (Umbilicus) ist weit und trichterförmig.

Maße: H: 4 - 5,5 mm; B: 8 - 11 mm (in den Alpen bis zu 14 mm); U: 4 - 4½. Information: Abkürzungen

Lebensraum und Verbreitung: Weitmündige Glanzschnecken leben in der Blattstreu und unter Steinen in feuchten Wäldern, sowohl im Tal, als auch an den Berghängen. Aegopinella nitens bevorzugt kalkreichen Untergrund, besonders in submontaner und montaner Höhenlage. Zudem ist Aeopinella nitens eine feuchtigkeitsliebende (hygrophile) Art, die in der Schweiz trockene sonnige Klimate, wie im Unterwallis und im Engadin, meidet.

Die weitmündige Glanzschnecke ist in den Alpen, den westlichen Karpaten, den deutschen und tschechischen Mittelgebirgen verbreitet. Der nördlichste Fundort liegt bei Bad Pyrmont im südlichen Niedersachsen. In den Alpen ist Aegopinella nitens bis in einer Höhe von 2300 m NN zu finden, tritt aber selten oberhalb von 1500 m NN auf.

 

Bedrohungssituation: In Niedersachsen ist die weitmündige Glanzschnecke als stark gefährdet eingestuft ( vgl. Gefährdungskategorien gemäß Roter Liste).

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Rötliche Glanzschnecke - Aegopinella nitidula (Draparnaud 1805)


Rötliche Glanzschnecke (Aegopinella nitidula).
Bild: Kristiina Ovaska. Quelle: CalPhotos.
 
Beschreibung: Wie der Name schon sagt, besitzt die Rötliche Glanzschnecke ein rötlich bernsteinfarbenes Gehäuse das nahe dem Nabel (Umbilicus) milchig weiß wird. Die Umgänge des Gehäuses nehmen regelmäßig zu und sind gerundet und die Gehäusespitze (Apex) ist (im Gegensatz zu Aegopinella nitens) konvex erhoben. Der letzte Umgang ist wenig erweitert, der Nabel ist weit.

Maße: H: 4 - 6 mm; B: 6 - 11; U: 3,5 - 4,5. Information: Abkürzungen

Lebensraum und Verbreitung: Die Rötliche Glanzschnecke lebt in der Bodenstreu zahlreicher geschützter Lebensräume, in Laub- und Nadelwald, am Fuß von Felsen und Mauern, auf feuchten Wiesen, in Gärten und am Wegrand. Aegopinella nitidula ist weitgehend unempfindlich gegen menschliche Einflüsse.

Sie lebt zum größten Teil von zerfallendem Pflanzenmaterial, allerdings zum Teil auch räuberisch: Sie stellt kleineren Gehäuseschnecken (bis zu einem Durchmesser von 4,5 mm) und Nacktschnecken (bis zu einer Länge von 17 mm) nach. Auch Regenwürmer und andere Würmer werden von der Rötlichen Glanzschnecke gerne gefressen.

Das Verbreitungsgebiet der Art erstreckt sich von den Azoren über Nordspanien, die Britischen Inseln und Frankreich bis nach Norddeutschland, Nordpolen und den Süden Skandinaviens. Südlich der Norddeutschen Tiefebene kommt die Art zerstreut bis in Oberschwaben, Nord-Bayern und Böhmen vor.

In Nordamerika, z. B. in British Columbia (Kanada) ist die Rötliche Glanzschnecke inzwischen eingeschleppt worden.

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Literatur

Kleine Glanzschnecke - Aegopinella pura (Alder 1830)


Kleine Glanzschnecke (Aegopinella pura).
Bild: © Stefan Haller, (schneckenfoto.ch).
 
Beschreibung: Die Kleine Glanzschnecke hat ein dünnwandiges, fast durchsichtiges, schwach glänzendes Gehäuse, dessen Oberfläche eine von einem Netz feiner Längslinien bedeckt ist, die von unregelmäßigen Querlinien gekreuzt werden (Mikroskop, Vergrößerung 35 - 40×). Die Umgänge des Gehäuses sind gewölbt, das Gewinde ist flach kegelig. Der letzte Umgang ist auf die Mündung zu wenig erweitert und fällt nahe der Mündung nicht ab. Nach oben ist er abgeflacht. Der Nabel ist weit, trichterförmig (fast ¼ des Gehäusedurchmessers) und leicht außerhalb des Mittelpunktes.

Maße: B: 3,5 - 5,0 mm; H: 2,0 - 2,7 mm; U: 3¾ - 4¼. Information: Abkürzungen

Lebensraum und Verbreitung: Die Kleine Glanzschnecke lebt in der Laubstreuschicht. Man findet sie um Pflanzen herum und unter Totholz in mäßig trockenen Wäldern im Gebirge und im Flachland, vor allem auf kalkreichem Untergrund. Die Paarung findet im Frühjahr statt, die ausgewachsenen Tiere sterben nach der Eiablage ab. Die Jungtiere werden nach zwei Jahren geschlechtsreif.

 Schwer, H. (1994). Populationsbiologie kleiner laubstreubewohnender Landgastopoden: Lebenszyklus und saisonale Abundanzdynamik am Beispiel von Aegopinella pura (Alder 1830). - Mitt. Dt. Mal. Ges. 54: 13-14.

Das Verbreitungsgebiet der Kleinen Glanzsschnecke erstreckt sich von Island über Mitteleuropa bis in den Nordiran, in Skandinavien vorwiegend an der Küste. Aegopinella pura kommt zwar in Festland-Italien und Sardinien vor, fehlt aber in Sizilien. Ebenso fehlt sie in der Südtürkei. Im ganzen Alpengebiet kommt sie einschließlich der Vorländer vor, ebenso in den Karpaten und ihren östlichen Ausläufern. In der Schweiz ist die Kleine Glanzschnecke bis in einer Höhe von 2300 m NN zu finden.

Links

Südalpen-Glanzschnecke - Retinella hiulca (Albers 1850)

 
Südalpen-Glanzschnecke (Retinella hiulca).
Bild: © Stefan Haller, (schneckenfoto.ch).

Südalpen-Glanzschnecken (Retinella hiulca), Paarung.
Bild: © Stefan Haller, (schneckenfoto.ch).
 
Beschreibung: Die Südalpen-Glanzschnecke wird größer als die einheimischen Aegopinella-Arten. Das Gewinde des Gehäuses ist relativ hoch, der Nabel ist eng. Der letzte Umgang ist erweitert und abgesenkt, die Umgänge sind gerundet (konvex).

Die Schnecke ähnelt Aegopinella ressmanni, einer großen Aegopinella-Art, allerdings ist sie noch größer. Ihr Gehäuse ist glänzender und weist keine deutlichen Wachstumsstreifen auf, ebenso wenig, wie die Netz-Skulptur, die man auch bei der Kleinen Glanzschnecke (Aegopinella pura) findet.

Maße: B: 10 - 14 mm; H: 6 - 7 mm; U: 4 - 4½. Information: Abkürzungen

Lebensraum und Verbreitung: Auch Retinella hiulca ist ein Bewohner der Laubstreuschicht. Die Art ist auf kalkreichem Untergrund in Wäldern, an schattigen Hängen mit Strauchvegetation, in Weinbergen zwischen Steinen, sowie in der Vegetation im Uferbereich der Bäche unter Steinen zu finden. Im Gegensatz zu Aegopinella pura lebt Retinella hiulca aber nur in Höhen bis 1100 m NN.

Wie der Name schon sagt, erstreckt sich das Verbreitungsgebiet der Südalpen-Glanzschnecke über die Südalpen der Schweiz (Südlicher Tessin, fast ausschließlich im Sottoceneri; Fundorte im Sopraceneri beruhen wahrscheinlich auf Einschleppungen) und Norditaliens (Lago Maggiore bis Comer See und Südrand der lombardischen Alpen).

Links

Dolchschnecken - Zonitoides Lehmann, 1862

 
Gewächshaus-Dolchschnecke (Zonitoides arboreus): Ontario,
Kanada. Bild: Andrew Jackson (iNaturalist/a>). 
Eine Besonderheit der Dolchschnecken (Zonitoides) ist ein "pfeilartiges verkalktes Reizorgan, das als Liebesdolch bezeichnet wird" (Falkner, 1990, S. 170), dem sie ihren deutschen, ebenso wie ihren wissenschaftlichen, Namen verdanken. Bei den Dolchschnecken befindet sich der Pfeilsack mit diesem "Liebesdolch" allerdings am unteren Teil des Penis, also im männliche Teil des Genitalapparats, im Gegensatz zu den meisten anderen Schneckengruppen, bei denen Pfeilsack und Liebespfeil im im weiblichen Teil des Genitalapparats entstanden sind! (Siehe auch "Der Liebespfeil").

Die meisten Dolchschnecken, die holarktisch verbreitet sind (vgl. Faunenprovinzen der Erde), sind kleine Schnecken, die zwischen mehreren Millimetern und etwa einem Zentimeter groß werden können. In Nordamerika kommen mehrere Arten vor, auch in Mittelamerika, auf den Kanarischen Inseln und auf Madeira ist die Familie zu finden. In Europa sind drei heimische Arten bekannt, sowie eine eingeschleppte Gewächshaus-Art: Zonitoides arboreus (s.u.). Die Tiere leben meist in Wassernähe.

Links

Literatur

Glänzende Dolchschnecke - Zonitoides nitidus (O. F. Müller 1774)
Englischer Name: Black gloss snail.


Glänzende Dolchschnecke (Zonitoides nitidus): Gmunden,
Oberösterreich. Bild: Jindřich Soukup (iNaturalist).
 
Beschreibung: Die Glänzende Dolchschnecke hat ein rötlich braunes Gehäuse mit quer verlaufenden Zuwachsstreifen. Der Nabel (Umbilicus) ist sehr weit und nimmt fast ein Viertel des Gehäusedurchmessers ein.
Die Schnecke selbst ist sehr dunkel gefärbt. Die charakteristische orangefarbene Manteldrüse kann man nahe der Mündung durch die Gehäusewand sehen. Jungtiere sind weißlich grau mit durchscheinenden hellbraunen Gehäusen.

Maße: H: 3,5 - 4 mm; B: 6 - 7 mm; U: 4¾ - 5. Information: Abkürzungen

 
Glänzende Dolchschnecke (Zonitoides nitidus) aus dem Kanton
St. Gallen (Schweiz). Bild: © Stefan Haller (schneckenfoto.ch).
Lebensraum und Verbreitung: Die Glänzende Dolchschnecke ist eine Feuchtigkeit liebende Schnecke, die meist in der Nähe von Gewässern, auf feuchten Wiesen und in Auwäldern zu finden ist, oft auch an im Wasser stehenden Pflanzen. Zonitoides nitidus besiedelt auch vom Menschen angelegte Lebensräume, wie zum Beispiel aufgelassene Steinbrüche, die unter Wasser stehen. Trotz seiner Ähnlichkeit mit den Glanzschnecken, ist Zonitoides nitidus ein Pflanzenfresser. Die Schnecken leben von zerfallenden Blättern, Pilzen, Wurzeln und Früchten, wobei nasse Blätter bevorzugt werden. An Pilzen hinterlässt die Schnecke charakteristische Fraßspuren - sie frisst tiefe Löcher in den Fruchtkörper des Pilzes, in denen sie mitsamt Schale verschwinden kann.

Die Glänzende Dolchschnecke ist holarktisch verbreitet und mit Ausnahme des äußersten Südens in fast ganz Europa zu finden. Selten ist die Art in Nordgriechenland und dem schottischen und nordenglischen Hochland. Sie fehlt in Nordschottland und auf den nahe liegenden Inseln. Eingeschleppt wurde die Glänzende Dolchschnecke auf Menorca.

Bedrohungssituation: In einigen Teilen Großbritanniens ist die Glänzende Dolchschnecke wegen der Trockenlegung ihrer Lebensräume im Rückgang begriffen.

Links

Gewächshaus-Dolchschnecke - Zonitoides arboreus (Say 1816)
 Englische Bezeichnung: Quick gloss snail.


Gewächshaus-Dolchschnecke (Zonitoides arboreus) aus Iowa.
Bild: Harlan Ratcliff.
 
Beschreibung: Die Gewächshaus-Dolchschnecke besitzt ein hell braun-gelbliches durchscheinendes Gehäuse, das schwach und unregelmäßig gestreift ist. Die Umgänge sind manchmal leicht gekielt. Der Nabel (Umbilicus) ist tief, aber viel enger als bei Zonitoides nitidus, nur etwa ein Siebtel des Gehäusedurchmessers. Die Schnecke selbst ist charakteristisch zweifarbig - Rücken, Fühler und obere Flanken sind blaugrau, untere Flanken und Fußsohle sind hellgrau gefärbt.

Maße: H: 1,7 - 3 mm; B: 4,5 - 6 mm; U: 4 - 4½. Information: Abkürzungen

 
Gewächshaus-Dolchschnecke (Zonitoides arboreus) aus Iowa.
Bild: Harlan Ratcliff.
Lebensraum und Verbreitung: Die Gewächshaus-Dolchschnecke kommt an waldigen Standorten (der wissenschaftliche Name bedeutet "Baum-Dolchschnecke") und auch feuchteren Lebensräumen in unterschiedlichen Höhenzonen vor, unter anderem ist sie auch in Kulturland, wie in Gärten, zu finden. Allgemein bevorzugt Zonitoides arboreus trockenere Standorte als Zonitoides nitidus. Aus Montana wird die Art aus einer Höhe von 1471 m NN berichtet.

In Nordamerika ist die Gewächshaus-Dolchschnecke unter dem Namen "quick gloss snail" häufiger als die Glänzende Dolchschnecke. Sie ist weit verbreitet: In Kanada ist sie von British Columbia im Westen bis nach Neufundland im Osten, durch die USA bis nach Mexiko und im Süden bis nach Costa Rica.

In Europa hingegen ist die Gewächshaus-Dolchschnecke, wie ihr Name schon sagt, eine so genannte Gewächshaus-Art, die vorwiegend mit importierten Pflanzen eingeschleppt in und nahe bei Gewächshäusern auftritt. Gerade auf Orchideenpflanzen sind Dolchschnecken oft zu entdecken, können diesen jedoch nicht unbedeutenden Fraßschaden zufügen. Eingeschleppt ist die Art aus Island und Schweden, Österreich und Ungarn, Deutschland und der Schweiz, sowie anderen Teilen der Welt (Australien, Kamtschatka, Japan, Hawaii, Israel, Südafrika) bekannt.

Entwichene Exemplare können zum Teil auch gut im Freien überleben. Frei lebende Populationen in Europa sind aber noch wenig erforscht. Bekannt aus neueren Berichten sind frei lebende Populationen aus Schweden (1956, 2003), Ungarn (2001), Mecklenburg-Vorpommern (2003) und Tschechien (2007). Ältere Berichte (vor 1920) erwähnen Finnland, Russland und Irland.

Links

Literatur

 


Mit Bildern von Stefan Haller:
http://www.schneckenfoto.ch.

Letzte Änderung: 25.09.2025 (Robert Nordsieck).