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Laubschnecken (Hygromiidae) Teil 1 |
Kartäuserschnecken, Laubschnecken |
Laubschnecken (Hygromiidae) I | Laubschnecken (Hygromiidae) II | Laubschnecken (Hygromiidae) III | Heideschnecken (Geomitridae) |
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Die Laubschnecken (Hygromiidae) sind eine sehr vielseitige Familie von Landlungenschnecken (Stylommatophora), die bei manchen, vor allem älteren, Autoren noch als Unterfamilie der Schnirkelschnecken (Helicidae) dargestellt wird. Laubschnecken sind klein bis mittelgroß, also im Allgemeinen etwas kleiner als Schnirkelschnecken. Bei vielen in der Laubstreu und an Bäumen lebenden Arten herrschen bräunliche Gehäusefarben vor, bei den trockenheitsliebenden (xerophilen) Heideschnecken sind die Gehäuse eher weiß mit dunkler Bänderung. Ebenso sind die Gehäuse bei Arten feuchter Standorte eher dünnschalig und oft behaart, bei den xerophilen Arten aber dickschalig und unbehaart. Ein Liebespfeil kommt bei zahlreichen Arten vor, aber keineswegs bei allen.
![]() Inkarnatschnecke (Perforatella incarnata). Bild: Robert Nordsieck. |
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![]() Große Laubschnecke (Monacha cantiana): West Midlands, Großbritannien. Bild: Lukas Large (iNaturalist). |
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![]() Zweizähnige Laubschnecke (Perforatella bidentata): Kaunas, Litauen. Bild: Romas Ferenca (iNaturalist). |
Man geht davon aus, dass in Europa ungefähr 50 Arten vorkommen. Die Familie ist insgesamt aber paläarktisch verbreitet: Von den Azoren und den Kanarischen Inseln über Europa und Nordafrika bis nach Zentralasien kommen Arten vor.
Hygromiidae in Österreich:
Systematische Aufstellung laut
CLECOM.
Systematisch ist im Bereich der Laubschnecken noch vieles unklar. Besonders über die Klassifizierung von Teilgruppen als Unterfamilien oder sog. Tribus (zwischen Unterfamilie und Gattung) herrscht nicht unbedingt immer Einigkeit.
Ordnung:
Stylommatophora
Unterordnung:
Helicina
Überfamilie:
Helicoidea
Familie:
Hygromiidae Tryon 1866
Familie Hygromiidae Tryon, 1866
Unterfamilie:
Hygromiinae Tryon, 1866
Tribus: Hygromiini
Tryon, 1866
Gattung:
Hygromia
Risso, 1826
Tribus: Perforatellini
Neiber, Razkin & Hausdorf, 2017
Gattung:
Perforatella
Schlüter, 1838 (früher Monachoides)
Unterfamilie: Trochulininae
Lindholm, 1927
Tribus Ciliellini
Schileyko, 1970
Gattung
Ciliella
Mousson, 1872
Tribus Monachaini
Wenz, 1930 (1904)
Gattung:
Euomphalia Westerlund, 1889
Gattung:
Monacha
Fitzinger, 1833
Tribus Trochulini
Lindholm, 1927
Gattung:
Noricella
Neiber, Razkin & Hausdorf, 2017
Gattung:
Petasina
H. Beck, 1847
Gattung
Trochulus
Chemnitz, 1786
Tribus Urticicolini
Neiber, Razkin & Hausdorf, 2017
Gattung:
Urticicola Lindholm, 1927
Quelle:
MolluscaBase eds. (2025):
Hygromiidae Tryon,
1866.
Die Heideschnecken hingegen, darunter die iauf der Seite Heideschnecken (Geomitridae) aufgeführten mittel- und osteuropäischen Gattungen Helicella, Xerolenta, Cernuella und Helicopsis, werden, wie in der 2015 veröffentlichten Arbeit von Razkin et al. beschrieben, heute aufgrund molekular genetischer Erkenntnisse nicht mehr zu den Laubschnecken (Hygromiidae) gezählt, sondern bilden innerhalb der Familie Geomitridae mehrere Unterfamilien und Tribus. Die systematische Einteilung wird auf der zuvor genannten Seite (vgl. auch Menü oben) beschrieben.
Erklärung der
Schalenmerkmale zur Bestimmung.
Kartäuserschnecke - Monacha cartusiana (O. F. Müller 1774)
![]() Kartäuserschnecke (Monacha cartusiana). |
![]() Bilder: Robert Nordsieck. |
Beschreibung: Die Kartäuserschnecke besitzt ein milchig grauweißes bis gelblich weißes Gehäuse, dessen Gewinde einen flachen Kegel bildet. In der Nähe der Mündung kann das Gehäuse braun oder rötlich gefärbt sein, durchscheinende schwach braune Bänder können sichtbar sein, die auf die Mündung zu verblassen. Der Nabel ist sehr eng und teilweise von der umgebogenen Lippe verdeckt.
Maße: B: 9 - 15 mm; H: 6 - 10 mm; U: 5 ½ - 6 ½.
Lebensraum und Verbreitung: Die Kartäuserschnecke bewohnt sonnige und trockene Gebüsche und Grashänge, Hecken und Straßenränder in niederen Lagen, oberhalb von 500 m NN ist sie selten.
Ihre Verbreitung erstreckt sich über das gesamte europäische Mittelmeergebiet und das Schwarzmeergebiet, aus dem Westen von Frankreich bis Südostengland und die südlichen Niederlande, in Deutschland im Rheintal, im Osten bis nach Ungarn und zerstreut in die Slowakei und Ostösterreich. Die Art wurde oft verschleppt und kommt daher oft auch an isolierten Standorten vor.
Neben anderen Schneckenarten kann Monacha cartusiana als Zwischenwirt für den Kleinen Leberegel, Dicrocoelium lanceolatum, dienen.
Große Kartäuserschnecke - Monacha cantiana (Montagu 1803)
![]() Große Kartäuserschnecke (Monacha cantiana). Bild: Brian Eversham (Quelle). |
Aus: Hlaváč, Peltanová (2010). |
Beschreibung: Die Große Kartäuserschnecke oder auch Kentische Schnecke hat ein cremeweißes bis braunrotes Gehäuse, das bei Jungtieren auf der Oberseite behaart sein kann. Die Umgänge sind etwas gerundet, das Gewinde kann flach oder fast kegelförmig sein. Die Mündung weist eine weißliche bis rötliche Mündungslippe auf, die aber deutlich weniger auffallend ist, als bei Monacha cartusiana. Der Nabel (Umbilicus) ist etwas weiter als bei Monacha cartusiana (s. u.), er nimmt etwa ein Elftel bis ein Siebtel des Gehäusedurchmessers ein.
Die Schnecke selbst ist hell gefärbt, der Vorderteil des Körpers ist rötlich mit graubraunen Fühlern. Das Tier kriecht langsam, ist leicht schreckhaft und sondert dann einen farblosen Schleim ab.
Maße: B: 16 - 20; H: 11 - 14 mm; U: 5 - 6.
Lebensraum und Verbreitung: Die Große Kartäuserschnecke lebt in der Krautschicht von Hecken, im Brachland und im Gebüsch. Man findet die Große Kartäuserschnecke auch am Straßenrand und an Eisenbahndämmen, selbst in Sanddünen kommt sie vor, allerdings ist sie nicht an waldigen Standorten zu finden. Monacha cantiana bevorzugt gut entwässerte kalkreiche Böden. Besonders Jungtiere verbringen oft lange Zeit im Trockenschlaf in der Höhe an Pflanzen hängend.
![]() Große Kartäuserschnecke (Monacha cantiana). Bild: Brian Eversham (Quelle). |
Ursprünglich stammt die Große Kartäuserschnecke aus Italien und Südfrankreich. Von dort wurde sie in Nordfrankreich, in Belgien, den Niederlanden und Norddeutschland, sowie im Osten Österreichs um Wien angesiedelt. In jüngster Zeit ist die Große Kartäuserschnecke als Neozoon auch in Tschechien aufgetaucht. Neu angesiedelte Populationen treten vor allem in neu angepflanzter Straßenrand- und Bahndammvegetation auf, da sie dort mit den Pflanzen eingeführt werden. Ähnlich, wie die Sandheideschnecke (Cernuella virgata) ist Monacha cantiana auch auf von Ruderal-Vegetation überwachsenem aufgelassenem Bahngelände zu finden.
In Großbritannien, von wo die Kentische Schnecke zum ersten Mal beschrieben wurde (s. u.), wurde sie während der späten Römerzeit von Bauern eingeschleppt. Besonders im Mittelalter fand die größte Ausbreitung statt, so dass die Kentische Schnecke in einem Gebiet in Süd- und Ostengland fast geschlossen vorkommt. Isolierte Vorkommen gibt es außerdem in Wales, im westlichen Mittelengland, sowie in Nordengland (Yorkshire) und Schottland. In Irland konnte sich die Schnecke nicht halten.
Bedrohungssituation: In Niedersachsen und zeitweilig in ganz
Deutschland ist die Große Kartäuserschnecke, aufgrund ihres zerstreuten
Vorkommens, vom Aussterben bedroht. (
Gefährdungskategorien gemäß Roter
Liste).
Inkarnatschnecke - Perforatella incarnata (O. F. Müller 1774)
![]() Inkarnatschnecke (Perforatella incarnata). Bild: Robert Nordsieck. |
![]() Inkarnatschnecke (Perforatella incarnata): Escublens, Schweiz. Bild: Nicolas Zwahlen (iNaturalist). |
![]() ![]() Perforatella incarnata. Bild: Helmut Nisters. |
Beschreibung: Der Name der Inkarnatschnecke rührt vom rötlich gefärbten Mündungsbereich ihres Gehäuses her. Dessen übrige Farbe hingegen ist weniger rötlich, meist gelblich hornfarben bis rötlichbraun. Die Oberfläche des Gehäuses ist fast glatt mit einer feinen Schüppchenstruktur. Das niedrig kegelförmig gewundene Gewinde verleiht dem Gehäuse eine gedrückte Kugelform. Die Mündungslippe ist beim erwachsenen Tier kräftig und am Unterrand schwellenartig verdickt. Der Nabel ist eng, aber offen und nur teilweise von der Mündungslippe verdeckt.
Maße: B: 13 - 16 mm; H: 9 - 11 mm.
Lebensraum und Verbreitung: Die Inkarnatschnecke ist eine Bodenschnecke, die in der Laubstreu mäßig feuchter Wälder, unter Gebüschen und in Felsgeröll lebt. Nur die Jungtiere kriechen in der Krautvegetation an Pflanzen empor.
Das Verbreitungsgebiet der mitteleuropäisch verbreiteten Schnecke reicht im Westen bis nach Mittelfrankreich, im Süden von den Südalpen bis nach Bulgarien, im Osten bis in die westlichen Karpaten. In der Norddeutschen Tiefebene kommt die Art bis an die Oder vor, im Norden bis ins südliche Schweden. Im Südosten Englands wurde die Inkarnatschnecke in prähistorischer Zeit von Bauern eingeschleppt.
Bedrohungssituation: Aufgrund der Veränderung der Landwirtschaft in
Großbritannien ist die Inkarnatschnecke im Südosten Englands seit Ende des 19.
Jahrhunderts stark zurück gegangen. Die meisten überlebenden Populationen werden
als bedroht betrachtet. In der Nordschweiz ist die Inkarnatschnecke gefährdet,
in der übrigen Schweiz wenig gefährdet. In England ist die Art selten (
Gefährdungskategorien gemäß Roter
Liste).
Systematik: Laut Adamcová et al. (2024) ist die Gattung Monachoides auf der Grundlage molekular genetischer Erkenntnisse aufzulösen und die Inkarnatschnecke ist als Perforatella incarnata einer neuen Gattung zuzuordnen.
Zweizähnige Laubschnecke - Perforatella bidentata (Gmelin 1791)
![]() Zweizähnige Laubschnecke (Perforatella bidentata) aus Rumä- nien. Bild: © Alexander Mrkvicka, Wien. |
![]() Perforatella bidentata. Bild: O. Gargominy. |
Von der Zahnlosen Haarschnecke (Petasina edentula) unterscheidet sich die Zweizähnige Laubschnecke durch ihre beiden Mündungszähne und durch ihr mehr kegelförmiges Gewinde.
Maße: H: 5 - 7 mm; B: 6,5 - 9 mm; U: 7 - 8.
Lebensraum und Verbreitung: Die Zweizähnige Laubschnecke lebt in sehr feuchten ursprünglichen Mischwäldern und Erlenbrüchen am Boden, in der Laubstreu und an Totholz. Die Art meidet menschlich beeinflusste Standorte. In Schleswig-Holstein kommt sie z.B. vorwiegend im östlichen Hügelland vor, im Westen nur vereinzelt, auf Kalkgrund.
Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Deutschland bis nach Schweden und die russische Region St. Petersburg bis Nowgorod, im Südosten bis in Wolgabecken und die östliche Ukraine (Charkow), sowie Rumänien.
Bedrohungssituation: In Deutschland ist die Zweizähnige Laubschnecke
als gefährdet eingestuft (
Gefährdungskategorien gemäß Roter Liste).
Links
LLiteratur
![]() Mit Bildern von Stefan Haller: http://www.schneckenfoto.ch. |
Letzte Änderung: 27.09.2025 (Robert Nordsieck).