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Atmung und Blutkreislauf

Die Atmung


Die Schalenmündung einer lebenden Weinbergschnecke. Aus
diesem Blickwinkel sind der Mantel und das Atemloch beson-
ders gut zu erkennen.  Bild: Robert Nordsieck.
 

Erst die Fähigkeit zur Atmung von Sauerstoff aus der Luft ermöglichte den Vorfahren der heutigen Weinbergschnecken schließlich den Übergang zu einem dauerhaften Landleben. Obwohl sich die heutigen Landschnecken im Verlauf der Erdgeschichte mehrfach und unabhängig voneinander sich aus im Meer lebenden Gruppen entwickelt haben (siehe auch "Landschnecken"), ist ihnen diese Fähigkeit jedoch gemeinsam.

Die Kammkieme (Ctenidium), das Atemorgan der Meeresschnecken, von denen die heutigen Landschnecken abstammen, ist bei ihnen zurückgebildet, da sie zur Luftatmung nicht geeignet ist. Dennoch findet auch bei den Landschnecken die Atmung in der Mantelhöhle statt. Sie wird daher auch als Atemhöhle bezeichnet.

Äußerlich ist die Mantelhöhle durch ihre große Atemöffnung, das Pneumostom, zu erkennen, das sich auf der rechten Seite des Mantels einer Weinbergschnecke nach außen öffnet und periodisch schließt. Wenn sie gerade nicht atmen muss, kann die Weinbergschnecke mittels eines Ringmuskels das Atemloch schließen, um nicht zuviel Wasser durch Verdunstung zu verlieren.

  Atmung der Weinbergschnecke.
Atmung bei einer Weinbergschnecke: Der Mantelhöhlenboden
dient als "Zwerchfell". Quelle: Kilias (1985).

Um einzuatmen, senkt die Weinbergschnecke bei geöffnetem Atemloch den Boden ihrer Mantelhöhle und schafft dort so einen Unterdruck - sauerstoffreiche Luft strömt ein (siehe Abbildung rechts).

Der Gasaustausch findet am Dach der Mantelhöhle statt. Dort ist das Gewebe der Mantelhöhle besonders dünn, so dass Sauerstoff (O2) aus der Atemluft in die Blutflüssigkeit diffundieren kann, die dort zirkuliert. In der Gegenrichtung diffundiert entsprechend Kohlendioxid (CO2) aus dem Blut in die Luft in der Mantelhöhle. Um den Gasaustausch zu unterstützen, schließt die Weinbergschnecke das Atemloch und hebt den Mantelhöhlenboden an. Der Luftdruck in der Atemhöhle steigt ebenso, wie der Anteil des Sauerstoffs, der aus der Luft in die Blutflüssigkeit gelangt.

Zum Ausatmen der verbrauchten Atemluft öffnet die Weinbergschnecke schließlich das Atemloch und hebt den Mantelhöhlenboden weiter an, so dass die Luft aus der Mantelhöhle gepresst wird. Der Boden der Mantelhöhle erfüllt für die Schnecke also eine ähnliche Aufgabe, wie das Zwerchfell eines Menschen.

Das Atemorgan der Weinbergschnecke wird in Analogie zur Lunge der Wirbeltiere ebenfalls als Lunge bezeichnet, obwohl es eher einem einzelnen Lungenbläschen ähnelt. Die Weinbergschnecke wird daher auch systematisch zu den Lungenschnecken (Pulmonata) gezählt, die außer an Land auch im Süßwasser vorkommen, wo sie durch ihre Fähigkeit zur Luftatmung optimal an die wechselhaften Umweltbedingungen angepasst sind.

Der Blutkreislauf

Herz und benachbarte Organe.
Herz und benachbarte Organe der Weinberg-
schnecke. Quelle: Kilias (1985).
 

Das Herz der Weinbergschnecke liegt im Herzbeutel (Perikard), am oberen Mantelrand, hinter der Mantelhöhle. Es verfügt über zwei Kammern (Vorkammer und Herzkammer), die beide durch einen kurzen Kanal verbunden sind, in dem eine Herzklappe das Zurückfließen der Blutflüssigkeit verhindert.

Die Herzschlagfrequenz der Weinbergschnecke hängt sehr stark von ihrer Körpertemperatur und ihrer Aktivität ab. Während der Winter- oder Trockenruhe wird die Herzschlagfrequenz stark reduziert, von 70 bis 80 Schlägen in der Minute bei einer aktiven Schnecke kann sie dann bis auf 5 Schläge in der Minute abnehmen.

Im sauerstoffarmen Zustand, wenn die Blutflüssigkeit der Weinbergschnecke in Richtung Lunge strömt, ist sie fast farblos. Erst, nachdem sie in der Lunge mit Sauerstoff aufgeladen wurde, verändert sich ihre Farbe ins Bläuliche. Das Blut der Weinbergschnecke ist deswegen blau, weil, im Gegensatz zum Hämoglobin des Menschen, der Blutfarbstoff der Weinbergschnecke Hämocyanin ist, ein ähnlicher Komplex aus mehreren Eiweißbausteinen und einem anorganischen Baustein zur Sauerstoffbindung, der im Hämocyanin jedoch ein Kupferatom ist, das im oxidierten Zustand blau, im reduzierten Zustand jedoch farblos, erscheint.

  Ausstrecken der Fühler durch Blutdruck.
Um eingezogene Fühler wieder ausstrecken zu können, setzt
die Weinbergschnecke den hydraulischen Druck der Blutflüssig-
keit ein. Bild: Robert Nordsieck.

Der Blutkreislauf der Weinbergschnecke ist, wie bei den meisten anderen Weichtieren, offen: Vom Herz fließt das Blut durch die Hauptschlagader, die Aorta, in den Körper. Die Aorta verzweigt sich weiter zu Arterien, die unterschiedliche Teile des Körpers mit Blut versorgen. Die kleinsten Blutgefäße, die Kapillaren, sind jedoch offen, so dass sich das Blut in die Körperhöhlen, die so genannten Lakunen, ergießt und die Organe direkt vom Blut umspült werden, das sich mit der Körperflüssigkeit vermischt. Man spricht bei der Blutflüssigkeit einer Schnecke daher auch von Hämolymphe. Kapillare Venen zapfen aus den Lakunen Blutflüssigkeit ab und transportieren sie zurück zur Lunge, wo sie wieder mit Sauerstoff aufgeladen wird.

Einen offenen Blutkreislauf, wie den der Weinbergschnecke, findet man grundsätzlich bei allen Weichtieren. Nur bei den höchstentwickelten Kopffüßern (Cephalopoda), z.B. bei den Kraken (Octopodidae), ist der Blutkreislauf mehr oder weniger geschlossen.

Das Blut der Weinbergschnecke dient jedoch nicht nur dem Transport der Atemgase. Es verleiht dem weichen Körper der Schnecke, dem ein Skelett fehlt, durch den Druck der Körperflüssigkeit gegen die Körperwand auch Form und Festigkeit. Man bezeichnet dies als Hydroskelett. Zusätzlich dient die Blutflüssigkeit der Weinbergschnecke auch als Hydraulikflüssigkeit, wenn ein eingezogenes Organ, etwa ein Fühler, durch den Druck der Blutflüssigkeit wieder ausgestreckt wird.