Die Europäische Auster (Ostrea edulis)

Ostrea edulis Linnaeus 1758

 
Um die Auster ranken sich zahlreiche Mythen. So sagt man ihr seit jeher eine aphrodisierende Wirkung nach. Selbst Casanova schrieb einst, dass der Genuss von mindestens 50 Austern – frisch und mit ihrem eigenen Saft – die Leistungsfähigkeit eines Mannes steigere. Sicher ist: Austern sind sehr nährstoffreich. Sie enthalten wichtige Vitamine (A, B1 und B2) sowie Mineralstoffe wie Kalzium, Magnesium, Zink, Eisen, Jod und Phosphor.


Bild: Peter Dyrynda.
 
Neben ihren gesundheitlichen Vorzügen gilt die Europäische Auster seit Jahrhunderten als Delikatesse – besonders geschätzt in der gehobenen Küche.

Eine einzelne Auster kann pro Jahr zwischen 600.000 und 3 Millionen Eier produzieren.

Entwicklung der Europäischen Auster

Nach der Eiablage treiben die Larven einige Wochen lang mit dem Plankton im Meer. Aus dem befruchteten Ei schlüpft zunächst die Trochophora-Larve, erkennbar an einem Wimpernkranz um die Körpermitte und einem kleinen Wimpernbüschel am hinteren Ende. Nach der ersten Metamorphose verwandelt sie sich in eine Larvenform mit zwei wimpernbesetzten, segelartigen Fortsätzen – den Veliger ("Segelträger"). Wie die Trochophora schwimmt auch der Veliger als planktonische Larvenform im freien Wasser.

Nach einer weiteren Metamorphose entsteht eine kleine zweiklappige Jung-Auster. Sie befestigt sich zunächst mit Byssusfäden an einem geeigneten Substrat und verklebt ihr Gehäuse dann dauerhaft mit einem selbst produzierten Kalkzement. Von diesem Platz wird sie sich in ihrem weiteren Leben nicht mehr lösen.

Austern ernähren sich, indem sie Plankton aus dem Atemwasser filtern. Dabei reichern sie allerdings auch Schadstoffe aus dem Meer an – darunter Schwermetalle wie Kupfer und Zink, die über Industrieabwässer ins Meer gelangen können.

Schwermetalle und andere Gefahren

 
Quelle: "Le jardinier de la mer".
Vor allem Kupfer und Zink können sich in hohen Mengen anreichern – gemessen wurden Werte von bis zu 20.000 ppm Kupfer und bis zu 60.000 ppm Zink. Für den Menschen ist dies gesundheitlich unbedenklich, kann jedoch den Geruch und Geschmack der Auster verändern und sogar zu einer grünlichen Färbung führen.

Deutlich gefährlicher ist eine Belastung mit Mikroorganismen. Da Austern häufig roh verzehrt werden, können krankheitserregende Bakterien oder Viren nicht durch Erhitzen abgetötet werden. Der Verzehr roher Austern kann deshalb im schlimmsten Fall zu schweren, sogar lebensbedrohlichen Infektionen führen.

Austernzucht und Artenwandel


Quelle: Ostréiculture à Cancale.
 
Als begehrte Meeresfrucht wird die Europäische Auster seit Langem kultiviert. Natürliche Austernbänke sind durch Überfischung und Krankheiten selten geworden. Nach dem kalten Winter 1920/21 waren lebende Europäische Austern kaum noch zu finden.

In den 1980er-Jahren wurde in Zuchtgebieten bei Sylt in der Nordsee die Pazifische Auster (Crassostrea gigas) eingeführt. Sie wächst schneller, verbreitet sich rascher und hat an manchen Orten die Europäische Auster verdrängt, indem sie deren Bänke überwächst.

Von der Auster zur Perle

Austern dienen nicht nur als Nahrungsmittel. Wie viele Muschelarten umhüllen sie Fremdkörper – etwa Parasiten oder eingedrungene Sandkörner – mit einer Schicht Perlmutt, der innersten Schicht ihrer Schale. Dieses Perlmutt wird von Drüsen im Mantelgewebe abgesondert. So schützt sich die Auster vor dem Eindringling – und bildet dabei eine Perle.

Perlen bildende Austern sind in der Natur inzwischen selten. Daher werden sie vom Menschen gezüchtet, etwa in Japan, wo Perlaustern in Aquakulturen ähnlich wie Speisemuscheln gehalten werden. Dabei setzt man gezielt kleine Fremdkörper ein, die von der Auster mit Perlmuttschichten umhüllt werden. So entsteht nach einiger Zeit eine Perle, die geerntet werden kann – ohne dass die Auster dafür getötet werden muss.

Links und Literatur