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Klingonische Schnecken

Klingonen beim Malakologie-Studium.
Klingonen beim Malakologie-Studium.
 

Was haben die Klingonen, die streitsüchtigen, aber ehrenhaften Gegenspieler der Föderation in der Fernsehserie Star Trek, mit Weichtieren zu tun? Man sollte meinen, wenig, da die Klingonen natürlich eine fiktive Gesellschaft sind.

 
Eine friedliche Hainbänderschnecke (Cepaea nemoralis).

Andererseits, wenn man sich die Zeit nimmt, die klingonische Gesellschaft zu betrachten, deren ganze Entwicklung durch Kampf und Konkurrenz von statten ging, und auf deren Heimatplaneten Qo'noS (sprich Kronos) es nach Aussage der Klingonen so viele fleischfressende und ansonsten gefährliche Tiere gibt, dass ein Angehöriger der Föderation ohne Schutz nicht einmal mit seinem Hund spazieren gehen würde, kann man sich lebhaft vorstellen, wie die Weichtierwelt dieses Planeten aussehen könnte. Und das interessanteste daran ist, man muss nicht einmal nach Qo'noS reisen, denn vergleichbare Weichtiere gibt es auf unserem Heimatplaneten zur Genüge.

Nehmen wir einmal die Schnecken. Eine Schnecke ist nach dem Dafürhalten der meisten Menschen ein friedliches kleines Tier, das im sprichwörtlichen Schneckentempo seiner Wege kriecht und vorwiegend von Salat lebt. Die harmlosen Schnecken werden von jedem verfolgt: Gärtner vergiften sie, Franzosen essen sie, und die heimische Tierwelt ist ihnen auch nicht gerade wohlgesinnt - Kröten, Blindschleichen, Igel und nicht zuletzt die Singdrossel, um nur einige zu nennen, stellen Schnecken nach.

Und dennoch gibt es auch bei den Schnecken Arten, die ohne weiteres vom Heimatplaneten der Klingonen stammen könnten. Kegelschnecken (Conidae) zum Beispiel zeichnen sich dadurch aus, dass die weichtiertypische Raspelzunge oder Radula bei ihnen zu einem einzigen hohlen Zahn umgebildet ist, der an seinem Ende eine Giftdrüse trägt. Mit dieser mikroskopischen Giftnadel erbeuten größere Kegelschneckenarten Fische, kleinere andere Weichtiere und Würmer.

 
Euglandina frisst eine Bradybaena similaris.
Bild: Bill Frank, Jacksonville Shell Club.

Kegelschnecke (Conus textile, links) frisst eine Kreiselschnecke
(Turbo sp.). Quelle: conchology.be (Guido T. Poppe).
 

An Land gibt es Raubschnecken vom Typ der rosigen Wolfsschnecke (Euglandina rosea), bei der man wirklich froh sein kann, dass sie nur wenige cm groß wird: Sie jagt andere Schnecken, verfolgt diese entlang ihrer Schleimspur, durch Gewässer und bis auf Bäume hinauf, und frisst sie anschließend ganz mitsamt Schale oder größere Beute auch stückweise, natürlich bei lebendem Leibe.

In ihrer Art sind die Wolfsschnecken und ihre Familie, die Oleacinidae, nicht die einzigen. In Südafrika wollte ein Gartenbesitzer eine Schnecke vor dem grausamen Tod unter dem Rasenmäher retten und wurde dafür mit einem blutigen Biss in den Daumen belohnt - es handelte sich um eine Raubschnecke: Natalina cafra.

Weitere Beispiele aus der Welt der Schnecken könnten etwa die Tritonshörner (Ranellidae) sein, die Seesterne jagen, oder Stachelschnecken (Muricidae), zu denen nicht nur die berühmten Purpurschnecken gehören, sondern auch der kleine Austernbohrer (Ocenebra erinacea), der seinen Namen seiner bevorzugten Jagdmethode verdankt, Austern und andere Muscheln anzubohren, um dann seine Beute ohne Gegenwehr auffressen zu können.

In dem folgenden Film von BBC Earth kann man gut erkennen, wie die Tulpenschnecke (Fasciolaria tulipa), übrigens selbst eine fleischfressende Schnecke, versucht, springend der riesigen Pleuroploca gigantea zu entkommen.

Giant Horse Conch and Burglar Hermit Crabs! Quelle: BBC Earth auf YouTube.

Pleuroploca gigantea übrigens ist zum Unglück der Tulpenschnecke, die größte Schneckenart der westlichen Hemisphäre, allerdings, obwohl auf Englisch als "horse conch" bezeichnet, keine Flügelschnecke (Strombus), sondern ein Verwandter der europäischen Wellhornschnecke (Buccinum undatum).


Wellhornschnecke (Buccinum undatum).
Bild: Peter Jonas, Unterwasser-Welt Ostsee.
 

Wenn eine Wellhornschnecke (Buccinum undatum) den Fuß in der Tür hat, ist meist alles vorbei - tatsächlich klemmen Wellhornschnecken ihren Fuß zwischen die geöffneten Schalenhälften einer Muschel, um diese dann ohne Gegenwehr auffressen zu können.

Gegen kleinere Raubschnecken, etwa eine Netzreusenschnecke (Hinia reticulata), können Muscheln sich schon wehren: Der Angreifer wird mit Byssusfäden gefesselt, bis er sich nicht mehr bewegen kann und am Ende vielleicht sogar verhungern muss.

Aber natürlich ist klingonisches Verhalten keineswegs auf Schnecken beschränkt. Betrachten wir doch einmal den Blauringkraken (z.B. Hapalochlaena lunulata). Hübsch ist er zweifellos anzuschauen, aber wie man sagt: "Die hübschesten sind die giftigsten". Kraken verwenden allgemein giftigen Speichel, um ihre Beute, meist andere Weichtiere und Krustentiere, zu lähmen und deren Gewebe aufzulösen. Der Speichel des Blauring-Kraken ist aber so giftig wie das Gift der zahlreichen Schlangen in seiner Heimat Australien. Und immer wieder kommen achtlose Strandspaziergänger zu Tode, die einen der unscheinbaren kleinen Kraken anfassen, die in einem Tidenpool die Flut abwarten, um ins Meer zurück kehren zu können. Die schönen blauen Ringe haben Blauring-Kraken nämlich nur, wenn sie wütend sind oder sich bedroht fühlen.

Trotz ihres überaus wirkungsvollen Giftes sind auch die Blauring-Kraken nicht gegen die Nachstellungen ihrer Feinde gefeit. Ein Film von Roy L. Caldwell zeigt beispielsweise, wie ein Clown-Fangschreckenkrebs (Odontodactylus scyllarus) einen Blauringkraken angreift, tötet und frisst. Zum einen ist der Krake viel kleiner als der Fangschreckenkrebs, aber außerdem scheint auch sein Gift keine Wirkung zu zeigen: Es wird zur Zeit erforscht, wie die Resistenz des Fangschreckenkrebses entsteht (ein Blauringkrake enthält genug Tetrodoxin, das Gift des Kugelfisches, um mehrere Menschen zu töten). Ähnliche Giftresistenzen gibt es zum Beispiel bei Schlangen, die giftige Molche fressen.

Peacock Mantis Shrimp kills Blue-ringed Octopus: Film von Roy L. Caldwell auf youtube.com.

Diese wenigen Beispiele lehren uns also, dass die interessantesten außerirdischen Lebensformen auf unserer Erde leben und manche davon selbst einem Klingonen die Schweißtropfen auf den Stirnschild treiben würden, wenn sie nur ein wenig größer wären...

Gewidmet dem Klingonenkreuzer Iw' wa'DIch und dem Freiburg StarTrek-Dinner!