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Meeresschnecken der Küsten

Felsküste bei Holyhead
Felsküste bei Holyhead
Felsküste auf Helgoland
Felsküste auf Helgoland
Strand auf der Ile d'Oléron
Strand auf der Ile d'Oléron
Gezeitenküste auf der Ile d'Oléron
Gezeitenküste auf der Ile d'Oléron

So unterschiedlich die Form der verschiedenen Küsten ist, so sehr unterscheiden sich auch die Schneckenarten, die diese bewohnen. Schneckenarten felsiger Steilküsten und der Brandungszone haben sich anders entwickelt, als die Arten des Wattenmeers. Unterschiede gibt es auch immer Verhalten küstenlebender Meeresschnecken. Manche tolerieren zeitweiliges Trockenfallen, andere kriechen bei erster Gelegenheit ins Wasser zurück and wieder andere verlassen das Wasser niemals.

Einige Meeresschneckengruppen werden auf gesonderten Seiten ausführlicher behandelt.

Napfschnecken (Patellidae, Patellogastropoda)

Napfschnecken (Patellidae) sind spezialisierte Bewohner der Brandungszone. Ihr kräftiger Fuß ermöglicht es ihnen, auch in der stärksten Brandung am Felsen den Halt nicht zu verlieren. Napfschnecken weiden den Algenbewuchs ihres Felsen ab und kehren immer wieder zu ihrem angestammten Ruheplatz zurück. Gegen zudringliche räuberische Wellhornschnecken (Buccinum undatum) setzen sie sich zur Wehr, indem sie den Fuß des Angreifers unter der Schale einklemmen.

Ausführliche Beschreibung: Napfschnecken (Patellidae).
Systematik der Gastropoda: Klade Patellogastropoda.

Kreiselschnecken (Trochidae, Vetigastropoda)


Graue Kreiselschnecke oder Friesenknopf (Gibbula cineraria).
Bild: Florence Gully, Nature 22: Gastéropodes 2.
 

Schnecken der Felsenküste sind auch zahlreiche Kreiselschnecken (Trochidae). Zu diesen gehört die Graue Kreiselschnecke (Gibbula cineraria), umgangssprachlich auch als Friesenknopf bezeichnet, die an den europäischen Küsten des Atlantiks auf dauernd vom Wasser bedeckten Hartböden bis in 100 m Tiefe vorkommt.

Die Genabelte Buckelschnecke (Gibbula umbilicalis) bewohnt einen ähnlichen Lebensraum, wie ihr grauer Verwandter. Allerdings ist sie toleranter für zeitweiliges Trockenfallen und Brackwasser mit niedrigem Salzgehalt.

Gibbula umbilicalis kommt ebenfalls im Atlantik, beispielsweise in der Bretagne und an den Westküsten Irlands und Großbritanniens, vor, aber nicht in der Nordsee.

Paolo Pizzolla: Gibbula umbilicalis.

Die Kreiselschnecken sind eine weltweit verbreitete Familie kleiner bis großer Meeresschnecken, die in tropischen, gemäßigten und arktischen Gewässern vorkommen. Sie besitzen einige charakteristische urtümliche Merkmale. So hat zum Beispiel ihr Herz zwei Vorhöfe, und die Befruchtung findet äußerlich statt. Ihr horniger Schalendeckel (Operculum) schließt die Mündung dicht ab.

Die Trochidae gehören zu den häufigsten Schneckenarten der atlantischen Küsten. Sie leben in der Mehrzahl als Algengraser und Detritusfresser, manche Arten auch als Filtrierer.

Taxonomie der Gastropoda: Klade Vetigastropoda: Trochidae.

Strandschnecken (Littorinidae, Caenogastropoda)


Große Strandschnecke (Littorina littorea).
Bild: Florence Gully,  Nature 22: Gastéropodes 2.
 
   

(Littorina obtusata) auf Blasentang (Fucus vesiculosus).
Bild: Florence Gully, Nature 22: Gastéropodes 2.
 

Strandschnecken (Littorinidae) sind angepasste Bewohner der Küstenzone, die sich an zeitweiliges Trockenfallen gewöhnt haben, ähnlich wie die Napfschnecken. Neben der großen Strandschnecke (Littorina littorea) leben mehrere kleinere Arten leben an den Küsten von Nord- und Ostsee in unterschiedlichen Tiefen: Littorina neritoides in der Spritzwasserzone, Littorina saxatilis in der Hochwasserzone und Littorina obtusata nahe der Ebbelinie. Strandschnecken sind Algenfresser, leben aber auch von kleinen Wirbellosen, zum Beispiel Seepockenlarven.

Die große Strandschnecke ist außerdem essbar und wird in großer Zahl, beispielsweise in Schottland (seit etwa 7500 Jahren), als Nahrung gesammelt, von wo jährlich 2000 Tonnen Strandschnecken exportiert werden. Neben den britischen Inseln ist die Strandschnecke auch in Frankreich (dort heißt sie "bigorneau") und in Belgien als Delikatesse verbreitet, zudem in der afrikanischen und asiatischen Küche zu finden.

Interessant ist, dass zahlreiche der nächsten Verwandten der Strandschnecken an Land leben, wie die Landdeckelschnecke (Pomatias elegans), die in der Bretagne auch recht weit ins Wasser geht. Man geht davon aus, dass einer der Entwicklungswege der Schnecken bei der Besiedlung des trockenen Landes über die Vorfahren der heutigen Strandschnecken führte. In der Geologie wird der Vorläufer der Ostsee nach den Fossilien, die man gefunden hat, als Littorina-Meer bezeichnet.

Wikipedia: Common periwinkle.

Strandschnecken kommen allerdings nicht nur an Felsenküsten vor, wie Napfschnecken, sondern man findet sie auch im Wattenmeer. In Friesland werden sie als Tinkeltuut bezeichnet.

Köster-Lösche, K.; Lösche, K.-H.: "Tinkeltuut und Co. Über Muscheln und Schnecken von Strand und Watt".

Taxonomie der Gastropoda: Klade Caenogastropoda: Littorinidae.

Meerohrschnecken (Haliotidae, Vetigastropoda)

 
Seeohrschnecke (Haliotis tuberculata).
Bild: Sylvie Danio, Nature 22: Gastéropodes 1.

Trotz ihres muschelähnlichen Aussehens sind Meerohren oder Seeohren (Haliotidae) aber deutlich erkennbar Schnecken: Ein winziges Gewinde verschwindet fast gegenüber der riesigen Endwindung. Die kleinen Öffnungen am Rand der Schale dienen dazu, dass das Atemwasser, das durch Wimpernwirkung in die Mantelhöhle gestrudelt wurde, diese wieder verlassen kann.


Seeohrschnecke (Haliotis tuberculata).
Bild: Florence Gully, Nature 22: Gastéropodes 1.
 

In Europa kommt nur das 9 cm lange Grüne Seeohr (Haliotis tuberculata, englisch: Green ormer) im Ärmelkanal vor, wo es im Gebiet der Kanalinseln an felsigen Küsten Rotalgen von Felsen abweidet.

Die Schalenoberfläche der ohrförmigen Schale ist grünlich bis gefleckt gefärbt. Im Gegensatz dazu ist die Innenseite von einer deutlichen Perlmuttschicht bedeckt. Die Meerohrschnecke Haliotis gigantea bildet sogar Perlen, wie eine Muschel.

Meerohrschnecken sind in letzter Zeit bekannt geworden, weil sie vielfach bedroht oder fast ausgestorben sind, da sie zum Beispiel in Südafrika als "white abalone" in großer Zahl gesammelt werden. Der muskulöse Fuß, mit dem sich die Schnecken am Felsen festhalten, gilt als Delikatesse. Besonders beliebt sind Meerohren auch in Japan, wo man sie fälschlich als Muschel betrachtet und, "Megai" (Haliotis gigantea) oder "Tokobushi" (Haliotis japonica) genannt, als Sashimi verzehrt.

Wikipedia: Seeohren.
Penny Avant: Green ormer (Haliotis tuberculata).

Taxonomie der Gastropoda: Klade Vetigastropoda: Haliotidae.

Pantoffelschnecke (Crepidula fornicata, Calyptraeidae, Caenogastropoda)

 
Pantoffelschnecken (Crepidula fornicata) bei der Paarung.
Bild: Keith Hiscock, Marine Life Network.

In spektakulären Paarungsketten findet man oft die Pantoffelschnecke (Crepidula fornicata). Sie wurde Ende des 19. Jahrhunderts aus Amerika eingeschleppt und verbreitete sich durch die allgemeine Erwärmung sehr stark.

Die Pantoffelschnecke wird als Austernpest bezeichnet, greift die Austern aber nicht an, sondern erstickt sie, wenn sie in großer Zahl auftritt, höchstens durch unverdaute Nahrungsbestandteile. Pantoffelschnecken ernähren sich von Plankton, das sie mit einem Schleimnetz aus dem Wasser fangen. Pantoffelschnecken wechseln im Verlauf ihres Lebens das Geschlecht: Die Larven verbreiten sich zwei bis vier Wochen planktontisch, bis sie sich als männliche Schnecken auf dem Ozeanboden ansiedeln. Die männlichen Pantoffelschnecken sind mobil, erst wenn sie sich später zu Weibchen umwandeln, werden sie sesshaft.

Taxonomie der Gastropoda: Klade Caenogastropoda: Calyptraeidae.

Wattschnecke (Peringia ulvae, Hydrobiidae, Caenogastropoda)


Wattschnecken (Peringia ulvae).
Bild: Florence Gully, Nature 22: Gastéropodes 2.
 

Die Wattschnecke (Peringia ulvae) ist nicht nur die kleinste, sondern auch die schnellste Schnecke im Watt. Wattschnecken werden nur 3 bis 6 mm groß und fressen organische Kleinteile im Watt. Durch ihren Kot tragen sie zur Bildung des Watts bei. Mit einem Schleimfloß lassen sie sich an der Wasseroberfläche treiben und können so Kilometer zurück legen.

Die Glatte Wattschnecke ist eine ausgesprochene Brackwasserschnecke, die das freie Meer, ebenso wie das Süßwasser meidet. In der Ostsee kann die Wattschnecke Brackwasser mit einem so geringen Salzgehalt, wie 0,15% ertragen. Auf einem Quadratmeter Watt kann man manchmal bis zu 20.000 Wattschnecken finden!

Die nächsten Verwandten der Wattschnecken leben im Süßwasser: Die dort lebenden Zwergdeckelschnecken (Hydrobiidae) sind kleine bis kleinste Schnecken, wie zum Beispiel die Quellschnecken (Belgrandiella) und die neuseeländische Zwergdeckelschnecke (Potamopyrgus antipodarum).

Der wissenschaftliche Name Peringia ulvae weist übrigens auf den Meersalat, Ulva lactuca, in dem sich die Schnecke oft versteckt, hin.

H: 6 mm; B: 3 - 3,5 mm; U: 6 - 7.

Schutzstation Wattenmeer: Die Wattschnecke.
News.de: Wo die schnellste Schnecke der Welt lebt.
 Angus Jackson: Hydrobia ulvae.

Taxonomie der Gastropoda: Klade Caenogastropoda: Hydrobiidae.

Wellhornschnecke (Buccinum undatum, Buccinidae, Caenogastropoda)

 
Wellhornschnecken (Buccinum undatum) bei der Paarung.
Bild: Paul Newland, Marine Life Network.

Ein räuberischer Bewohner des Wattenmeers ist die Wellhornschnecke (Buccinum undatum), ein Räuber und Aasfresser, der unter anderem die Muschelbänke heimsucht. Auch Wellhornschnecken werden vom Menschen gegessen, allerdings sind sie deutlich schwerer zu erreichen, da sie anders als die Strandschnecken vermeiden, sich zu weit vom Wasser zu entfernen. Bekannt sind die widerstandsfähigen Eipakete, die früher als Schwamm benutzt wurden.

Ausführliche Beschreibung: Wellhornschnecke (Buccinum undatum).
Taxonomie der Gastropoda: Klade Caenogastropoda: Buccinidae.

Netzreusenschnecke (Hinia reticulata, Nassariidae, Caenogastropoda)


Netzreusenschnecke (Hinia reticulata). Bild: Eric Walravens.
 

Auch die Netzreusenschnecke (Hinia reticulata) ist eine räuberische Schnecke, die auch Aas frisst. In der Nähe des Strandes kann man sie oft zu mehreren an toten Tieren fressend antreffen.

Im Gegensatz zur Wellhornschnecke lebt die viel kleinere Netzreusenschnecke (nur bis ca. 3 cm Gehäuselänge) aber im tieferen Wasser und gelangt in lebendem Zustand nie ans Ufer. Charakteristisch ist ihr langer Sipho, in dem Geruchssinneszellen Hinweise im Atemwasser auf nahe Beute  finden.

Die Netzreusenschnecke gehört zu den Schnecken, die einen gewissen Mindestsalzgehalt benötigen und in der Ostsee daher nur in bestimmten Räumen vorkommen, in denen das salzige Wasser aus dem Belt noch vorhält.

Die Gehäuse der Netzreusenschnecke mit dem charakteristischen Netzmuster, das durch überkreuzte Rippen entsteht, sind oft von symbiotischen Hydrozoen (Polypen), Podocoryne carnea, besiedelt.

Taxonomie der Gastropoda: Klade Caenogastropoda: Nassariidae.

Gerippte Scheinkaurischnecke (Trivia monacha, Triviidae, Caenogastropoda)


Gerippte Kaurischnecke (Trivia monacha) in ihrer gewohnten
Umgebung. Bild: Robert Keen, Marine Life Network.
 

Die Porzellanschnecken (Cypraeidae) (bekannter ist der Begriff Kaurischnecken) sind eine große, vorwiegend tropische Schneckenfamilie, zu der spektakuläre Exemplare gehören, deren schöne, in allen Farben des Regenbogens glänzende, an Porzellan erinnernde Gehäuse Sammler, Händler und Wissenschaftler gleichermaßen begeistern.

Verglichen mit ihren tropischen Verwandten sind die europäischen Kaurischnecken winzig und eher unscheinbar. Da sie zudem eine eigene Familie (Triviidae) bilden, bezeichnet man sie auch als Scheinkauris. Die englische Sprache macht diese Unterscheidung nicht: Sie nennt diese Schnecken einfach "European cowry".

Vom Mittelmeer über die Atlantikküste, die Bretagne, sowie an den Westküsten Britanniens und Irlands, kann man beispielsweise die bis zu 12 mm großen Schalen von Trivia monacha finden, die aufgrund ihrer drei charakteristischen Schalenflecken auch Kaffeebohnen-Schnecke ("spotted cowry") genannt wird.

 
Gerippte Kaurischnecke (Trivia monacha) an der Küste.
Bild: Florence Gully, Nature 22: Gastéropodes 1.

Porzellanschnecken, und ebenso Trivia monacha, zeichnen sich durch ein besonderes Gehäuse aus, dessen Endwindung alle weiteren Windungen überwächst und daher das typische Schneckengewinde verschwinden lässt. Im Röntgenbild kann man die inneren Windungen jedoch sehr gut erkennen.

Auch die Jungtiere bis zu einer Größe von 5 mm besitzen noch das typisch gewundene Gehäuse; ihre Gehäusemündung ist weit, nicht längs verlaufend und schlitzförmig, wie bei den ausgewachsenen Tieren.

Trivia monacha
Schale von Trivia monacha.
Bild: Holly Latham, Marine Life Network.
 

Die Gehäuse-Oberfläche der Kaffeebohnen-Schnecke ist von deutlichen Rippen bedeckt, die sich hell von der übrigen Schale abheben. Die Schnecke besitzt keinen Schalendeckel (Operculum). Wie bei den großen Porzellanschnecken auch, bedeckt der Mantel einen großen Teil des Gehäuses. Bei Trivia monacha ist der Weichkörper im Vergleich zur blass rötlichen Schale sehr farbenfroh gelblich bis orange rötlich gefärbt.

Trivia monacha ist ein kleiner Fleischfresser, der unterhalb der Küste und im so genannten Sublitoral von koloniebildenden Manteltieren oder Seescheiden (Tunicata) lebt. Nach der Paarung im Spätfrühling bis Sommer platziert das Weibchen in den leer gefressenen Seescheiden ihre flaschenförmigen Eipakete, aus denen frei schwimmende Veliger-Larven schlüpfen, die sich einige Monate durch das freie Wasser verbreiten.

Ein naher Verwandter, mit dem Trivia monacha gerne verwechselt wird, ist die nordische Kaurischnecke, Trivia arctica, die aber kleiner ist, und der die drei Kaffee-Flecken fehlen. Trivia arctica kommt im Wesentlichen im selben Verbreitungsgebiet wie Trivia monacha vor, ist aber weiter nach Norden verbreitet und im Norden auch häufiger.

Sonia Rowley: Trivia monacha.
Wikipedia: Europäische Kauri.
Wikipedia: Trivia arctica.

Taxonomie der Gastropoda: Klade Caenogastropoda: Triviidae.