This page in English!  

Muscheln (Bivalvia)

Bivalvia Linnaeus 1758
(Acephala Cuvier 1798, Pelecypoda Goldfuss 1820, Lamellibranchia Blainville 1824)

 
Miesmuscheln (Mytilus edulis). Bild: Ron Offermans. 

Einleitung

Klasse Artenzahl
Schnecken (Gastropoda) 43.000
Muscheln (Bivalvia) 10.000
Kopffüßer (Cephalopoda) 650
Kahnfüßer (Scaphopoda) 600
Einschaler (Tryblidia) 20
Käferschnecken (Placophora) 750
Furchenfüßer (Solenogastres) 230
Schildfüßer (Caudofoveata) 120
Weichtiere (Mollusca) 55.400
Artenzahlen der Weichtiere. Diagramm.
 

Geht man am Strand der französischen Bretagne spazieren, wird man kaum vermeiden können, am Strand die ausgedehnten Miesmuschelbänke zu bemerken. Tausende der schwarzblauen Muscheln besiedeln die küstennahen Bereiche des Meeres. Betrachtet man diese Muschelbänke, so scheint sich nichts zu regen, äußerlich ist kein Leben zu erkennen. Aber der Schein trügt. Schaut man genauer hin, so entdeckt man ein Weichtier, das sich in faszinierender Weise an eine besondere Form von Leben und Ernährung angepasst hat und so eine bedeutende Rolle im Rahmen des Ökosystems Küste spielt.

Muscheln scheinen den übrigen Weichtieren überhaupt nicht ähnlich zu sehen. Verglichen mit einer kriechenden Schnecke, besonders aber mit einem pfeilartig durchs Wasser schießenden Kalmar, erscheinen die Muscheln auf einem niedrigeren Stand des Lebens stehen geblieben zu sein. Bei näherer Betrachtung einer lebenden Muschel entdeckt man jedoch, dass die scheinbare Regungslosigkeit die Folge einer langen Anpassung an eine besondere Form des Lebens ist.

Im Gegensatz zu allen anderen Mollusken sind Muscheln Filtrierer, d.h. sie entnehmen dem umgebenden Meerwasser nicht nur Sauerstoff, sondern auch Nahrung. Diese Ernährungsmethode erwies sich als so erfolgreich, dass sich die Muscheln im Verlauf ihrer Evolution nicht nur über die unterschiedlichsten Lebensräume des Meeres, sondern auch bis ins Süßwasser ausbreiten konnten. 

Zusammenfassung


Bachmuscheln (Unio crassus) am Grund eines Baches.
Bild: S. Hochwald [1]
 

Muscheln leben ausschließlich im Wasser, allerdings hat sich diese Gruppe im Verlaufe ihrer Entwicklungsgeschichte mehrfach ins Süßwasser ausgebreitet, so dass es heute mehrere unabhängig voneinander entstandene im Süßwasser lebende Gruppen gibt, von denen eine die großen Flussmuscheln (Unionacea) sind.

Äußerlich ist schon ein charakteristisches Merkmal der Muscheln zu erkennen, die zweiklappige Schale, die meist das gesamte Tier aufnehmen kann. Die beiden Schalenklappen der Muschel hängen mit einem elastischen Schlossband (Ligament) zusammen, das im entspannten Zustand die Schalenklappen öffnet. Gegenspieler sind die starken Schließmuskeln, mit deren Hilfe die Muschel aktiv die Schale geschlossen hält.


Experiment mit Miesmuscheln. Im Glas links sind keine Mu-
scheln, im Glas rechts filtrieren Miesmuscheln das Wasser.

Muscheln atmen ausschließlich mit Kiemen, deren Bau allerdings unterschiedlich sein kann, so dass man nach dem Bau der Kiemen unterschiedliche Untergruppen unterscheiden kann. Außer zur Atmung dienen die Kiemen auch zur Nahrungsaufnahme; mit Ausnahme einiger aktiv Nahrung sammelnder Arten ernähren sich die meisten Muscheln durch Filtration des Atemwassers auf verdauliche Bestandteile. Dabei trennt die Muschel verdauliche von unverdaulichen Stoffen. Letztere werden wieder ausgeschieden und dem umgebenden Sediment hinzugefügt. Dadurch trägt die Muschel wesentlich zur Klärung des Gewässers bei. Miesmuscheln können z.B. bis zu 5 Liter Wasser pro Stunde filtrieren, Austern sogar bis zu 25 Liter. In den meisten Gewässerökosystemen nehmen Muscheln daher eine wichtige Stellung ein.

Die meisten Muschelarten sind getrennt geschlechtlich, allerdings gibt es einige zwittrige Gruppen (Hermaphroditen). Außerdem können besonders in Kolonien lebende Muscheln (z.B. Austern - Ostrea) durch einen Geschlechterwechsel zu Männchen werden, wenn in der Kolonie nicht nicht genug Männchen vorhanden sind, um das Überleben zu sichern. Während bei den meereslebenden und manchen süßwasserlebenden Muscheln Befruchtung und Entwicklung der Larven im freien Wasser stattfindet, führen besonders die süßwasserlebenden Flussmuscheln Befruchtung und anfängliche Larvenentwicklung im Mantelraum des Muttertieres durch. Die Flussmuschelverwandten (Unionacea) entwickeln sich über ein parasitisches Larvenstadium, das sich an einem Wirtsfisch festsetzt, im Gegensatz findet die Entwicklung der meisten anderen Muschelarten über planktontische Larven vom Trochophora- und Veliger-Typus statt.

Weichkörper

Mantel

 
Innenleben einer Muschel, schematisch, eine Schalenklappe entfernt. Farben vgl. 
Der Bau des Muschelkörpers
. Quelle: Biodidac, weitere Bearbeitung: R. Nordsieck.

Der Weichkörper der Muschel wird beidseitig von den Mantellappen bedeckt und geschützt. Der von den beiden Mantellappen gebildete Raum wird als Mantelraum bezeichnet. Meist sind die aneinander liegenden Mantelränder miteinander verwachsen, mit Ausnahme von zwei Öffnungen am hinteren Ende der Muschel, durch die Atemwasser und Nahrung in den Mantelraum gelangen, sowie einer Öffnung für den Fuß. Mit Ausnahme des Fußes befindet sich der übrige Weichkörper der Muschel im Inneren des Mantelraumes.

Der Mantelrand besteht aus drei Falten, die unterschiedliche Aufgaben erfüllen: Die äußerste Randfalte bildet Schale und Schalenhaut (Periostracum), die mittlere dient der Wahrnehmung sensorischer Aufgaben und die innere Falte reguliert den Wasserstrom in den Mantelraum.

Aufgrund der vorwiegend ortsfesten Lebensweise der meisten Muschelarten ist der Kopf mit Ausnahme der Mundregion zurückgebildet (deswegen nannte Cuvier 1798 die Muscheln Acephala - die Kopflosen).


Modell einer Jakobsmuschel (Pecten jacobaeus) aus dem
Naturhistorischen Museum in Wien. Bild: Robert Nordsieck.
 

Bei schwimmenden Muscheln, wie Kamm- (Pecten) und Feilenmuscheln (Lima), die genauere Informationen über ihre Umgebung brauchen, ist der Mantelrand mit einfachen Ocellen besetzt. Im Mantelrand der Riesenmuscheln (Tridacna) leben symbiotische Algen (Zooxanthellen), die von der Muschel geschützt werden, die im Gegenzug dafür in den Genuss der Photosyntheseprodukte der Algen kommt.

Die Atemöffnungen des Mantels sind bei grabenden oder bohrenden Muschelarten oft schlauchförmig verlängert, so dass die Muschel auch im Substrat mit Atemwasser und Nahrung versorgt ist. Die schlauchförmigen Mantelfortsätze bezeichnet man als Siphosn, man unterscheidet einen zuführenden Sipho (Ingestionssipho) und einen ausführenden Sipho (Egestionssipho). Beide können zu einer einziehbaren Doppelröhre verwachsen sein, die im ausgestreckten Zustand länger sein kann, als die Muschel selbst.

Sandklaffmuscheln (Mya arenaria) leben so z.B. eingegraben im Substrat des Wattenmeers und versorgen sich über die Siphos mit Nahrung. Werden sie aus dem Substrat ausgespült, müssen sie sterben. Im Gegensatz dazu lebt die Miesmuschel (Mytilus edulis) auf dem Substrat und besitzt daher keine Siphos. Wird sie vom Substrat bedeckt, muss sie ihrerseits sterben.

Kiemen


Das Innere einer geöffneten Auster (Ostrea edulis).

 

Die im Mantelraum liegenden Kiemen der Muschel dienen ihr nicht nur zur Atmung, sondern den meisten Arten außerdem zur Nahrungsaufnahme. Ihr Bau ist unterschiedlich und ermöglicht die Unterscheidung mehrerer Unterklassen:

  • Protobranchia: Die paarigen Fiederkiemen bestehen jeweils aus einem Schaft mit mehreren Kiemenblättchen.
  • Filibranchia: Vor und hinter dem Fuß hängen Kiemenfäden in zwei Reihen in den Mantelraum. Die Kiemenfäden, die sich U-förmig nach oben zurück krümmen, können untereinander durch Wimpern vernetzt sein.
  • Pseudolamellibranchia: Die netzartigen Blattkiemen dieser Gruppe sind durch seitliche Verwachsung der Kiemenfäden entstanden.
  • Eulamellibranchia: Die echten Blattkiemen dieser Gruppe sind durch echte, von Blutgefäßen durchzogene, Gewebebrücken zwischen den Kiemenfäden entstanden.

Das Blutgefäßsystem der Muscheln ist, wie bei den meisten Weichtieren, offen. Das Herz hat zwei Vor- und eine Hauptkammer.

Ernährung und Atmung

 


Atmung und Ernährung der Muscheln. Quelle: Aquascope.

Die urtümlichen Muscheln aus der Unterklasse Protobranchia sammeln mit verlängerten Mundlappen vom umgebenden Substrat essbare Partikel, wie Protozoen, Eier, Larven, und verdaulichen Detritus ein. Die Nahrung gelangt anschließend über eine Wimperrinne zur Mundöffnung. Im Gegensatz dazu ernähren sich die meisten höher entwickelten Muscheln ausschließlich durch Filtration ihres Atemwassers. Im Mantelraum gelegene Wimpern erzeugen einen gerichteten Wasserstrom, der durch eine Atemöffnung eintritt und durch die andere wieder austritt. Verdauliche Partikel im Atemwasser werden an den Kiemen aufgefangen und gelangen in einem Schleimpaket zur Mundöffnung. 

Aufgrund ihrer Ernährung durch Filtration kommen Muscheln mit sehr großen Wassermengen in Kontakt, was sie besonders empfänglich für im Wasser enthaltene Schadstoffe macht. Die Ansiedlung der Industrie an der Küste und im tiefer gelegenen Regionen des Landesinnern machen dies zu einem Problem besonders in Küstennähe lebender Meeresmuscheln, sowie der Süßwassermuscheln in Flüssen und Seen des Tieflandes.

Für den Menschen ist besonders wichtig, dass Muscheln dazu neigen, Schadstoffe in ihrem Organismus anzusammeln. Die Gifte die von der Industrie ins Wasser eingeleitet werden, finden wir also auf lange Sicht in den Miesmuscheln und Austern wieder, die wir essen wollen.

Fuß


Muschel gräbt sich mit dem Fuß im Untergrund ein. (vgl. Text).
 

Der Fuß der Muscheln kann, angepasst an Lebensweise und Fortbewegung, eine unterschiedliche Form haben, beispielsweise balkenförmig, zungenförmig oder wurmförmig. Schwimmende und festsitzende Muschelarten haben oft einen weitgehend zurückgebildeten Fuß. Bei manchen Arten (Miesmuschel Mytilus, Archenmuschel Arca, Kammuschel Pecten, Steckmuschel Pinna) befindet sich am Ende des Fußes eine Byssus-Drüse, die ein Sekret produziert, das im Wasser zu einem Faden erhärtet, mit dem sich die Muschel am Untergrund festheften kann. Die Byssusverbindung kann später gelöst werden, indem die Muschel die Fäden abtrennt (Mytilus) oder ganz abstößt (Perlmuschel Pinctada). Miesmuscheln nutzen ihre Byssusfäden auch zur Verteidigung, indem sie kleinere Schnecken (z.B. Reusenschnecken Hinia) damit einspinnt.

Fortbewegung

 
Feilenmuschel (Lima hians). Bild: Erling Svensen.

Obwohl Muscheln im allgemeinen als Tiere bekannt sind, die im erwachsenen Stadium ortsfest sind, gibt es auch in dieser Weichtiergruppe viele unterschiedliche Fortbewegungsformen. Viele im Erwachsenenstadium ortsfeste Muscheln können sich über kurze Entfernungen auf dem Substratuntergrund fortbewegen. Dabei wird der Fuß in den Untergrund geschoben, durch Einpressen von Körperflüssigkeit verankert und anschließend das ganze Tier nachgezogen. Auf diese Weise können Muscheln sich nicht nur auf dem Gewässerboden fortbewegen, sondern sich auch im Sediment eingraben. Miesmuscheln (Mytilus) nutzen auch ihren Byssusfaden, um sich fortzubewegen: Der Byssusfaden wird ausgeworfen, bis er am Untergrund festklebt; anschließend verkürzt die Miesmuschel den Faden stückweise und bewegt sich so auf dem Untergrund weiter.

Einige wenige Muschelgruppen (Nussmuschel Nucula, Meermandel Glycymeris, Plattmuschel Tellina, Venusmuschel Venus) besitzen einen echten Kriechfuß, ähnlich wie die Schnecken.

Manche Muschelarten (Kammmuschel Pecten [s.o.], Feilenmuschel Lima, rechts) können sich durchs freie Wasser schwimmend fortbewegen. Indem die Muschel ihre beiden Schalenklappen ruckartig zusammen presst, wird das in der Mantelhöhle befindliche Wasser ausgestoßen und die Muschel wird in der Gegenrichtung davon getragen. Am Mantelrand solcher Muschelarten befindet sich meist eine Vielzahl einfacher Ocellen, die Informationen über die Lichtverhältnisse in der Umgebung sammeln, sowie tentakelartige Fortsätze, mit denen die Muschel ihre Umgebung ertasten kann.

Fortpflanzung und Entwicklung


Glochidien der Bachmuschel (Unio crassus) in
den Kiemen einer Elritze (Phoxinus phoxinus).
Bild: Susanne Hochwald, Quelle: [2]
 

Die meisten Muschelarten sind getrennt geschlechtlich - es existieren also sowohl männliche, als auch weibliche Tiere. Befruchtung und anschließende Larvalentwicklung finden äußerlich im Wasser statt. Der Ausstoß von Eiern und Samenzellen kann z.B. bei der Riesenmuschel Tridacna hormonal koordiniert sein. Nach einer Entwicklung über ein Larvenstadium vom Trochophora- oder Veliger-Typus entsteht aus der Larve nach einer Metamorphose die Jungmuschel, die sich während ihres Heranwachsens einen passenden Ort sucht, an dem sie das Erwachsenenleben verbringen kann. Bei Miesmuscheln (Mytilus), Austern (Ostrea) und anderen koloniebildenden Arten bleiben die Jungmuscheln meist in der Nähe der Kolonie und befestigen sich anschließend nicht nur am Untergrund, sondern auch an anderen Muscheln. So entstehen z.B. die Muschelbetten der Miesmuschel (Mytilus), wie man sie aus dem Wattenmeer  kennt.

Die im Süßwasser lebenden Muschelarten zeigen sehr unterschiedliche Fortpflanzungs- und Entwicklungsmethoden. 

 
Glochidium der Bachmuschel (U. crassus).
Bild: Susanne Hochwald, Quelle: [2]

Diese Muschelgruppen, ebenso, wie die im Süßwasser und an Land lebenden Schneckengruppen, haben sich im Verlauf ihrer Entwicklung stark an die wechselhaften Lebensbedingungen, die das Süßwasser von den relativ konstanten Bedingungen im Meer unterscheiden, angepasst. Die Gruppe der Flussmuschelverwandten (Unionacea), zu denen die heimischen Großmuscheln (Maler-, Bach-, Teich- und Flussperlmuscheln) gehören, entwickelt sich über ein parasitisches Larvenstadium, die so genannten Glochidien, die sich zur weiteren Entwicklung erfolgreich an einem vorbeischwimmenden Fisch festheften müssen.

Im Gegensatz dazu sind die meisten im Süßwasser lebenden Kleinmuscheln (Erbsenmuscheln Pisidium und Kugelmuscheln Sphaerium) zwittrige Tiere, die lebende Larven gebären (Ovoviviparie). Die zu den Dreikantmuscheln gehörende Wandermuschel (Dreissena polymorpha) hingegen entwickelt sich, wie ihre meereslebenden Verwandten, über ein veligerähnliches planktontisches Larvenstadium.

Gehäuse

Die allgemein gültige systematische Bezeichnung der Muscheln (Bivalvia - die Zweiklappigen) bezieht sich auf die wichtigste charakteristische Eigenschaft der Muscheln: Ihre Schale besteht aus zwei einzelnen Schalenklappen. Die in Anpassung an die Lebensweise der Muscheln sehr unterschiedlich ausfallende Schale dient als wichtigstes Bestimmungsmerkmal. Sie kann eiförmig, elliptisch, keilförmig oder scheidenförmig sein. Die beiden Schalenhälften können einander sehr ähnlich sein, besonders wenn die Muschel aufrecht stehend lebt (z.B. Flussmuscheln), oder sehr verschieden sein, besonders bei einer seitlich liegenden Lebensweise, wie bei Austern (Ostrea) oder Kammuscheln (Pecten).

 
Schloss und Ligament einer Flussmuschel (Unio tumidus).
Bild: M. Kohl.

Beide Schalenhälften hängen hinten an einem elastischen Schlossband, dem Ligament, zusammen, das in entspanntem Zustand die Schale öffnet, indem es sich zusammenzieht. Gegen den Widerstand des Ligaments muss die Muschel ihre Schalenhälften aktiv mit Muskelkraft schließen. Dazu dienen ihr ein oder zwei Schließmuskeln, die man bei der geöffneten Muschelschale deutlich erkennen kann. Der innere Rückenrand der beiden Schalenklappen ist verbreitert und kann mit ineinander greifenden Zähnen versehen sein, die der Schale seitliche Stabilität gegen Verrutschen verleihen. Die Form dieses Schalenschlosses ist bei unterschiedlichen Muschelgruppen verschieden und erlaubt eine weitere Unterscheidung.


Schalenhälften der Großen Teichmuschel (Anodonta cygnea).
Quelle: M. Kohl.
 

Die Schalenklappen der Muschel umschließen meist den gesamten Weichkörper des Tieres. Von Kalk abscheidenden Zellen im Mantelrand wird rings um die Wirbel der Schale (Umbonen) weiteres Schalenmaterial angelagert, so dass die Schale einer Muschel zusammen mit dem Weichkörper des Tieres kontinuierlich weiter wächst.

Der größte Teil der Muschelschale besteht aus übereinander gelagerten prismenförmigen Kristallen des Kalkminerals Aragonit. Diese Schalenschicht, das Ostracum, kann äußerlich von einer organischen Schalenhaut bedeckt sein, die man als Periostracum bezeichnet. Zusätzlich dazu bilden manche Muschelarten eine innere Schicht, die aus plättchenförmig erstarrten Aragonitkristallen besteht. Diese dünnen Plättchen irisieren, sie reflektieren das Licht in vielen Farben. Umhüllt die Muschel einen Fremdkörper, der zwischen Mantel und Schale eingeschlossen wurde, mit diesem Material, so kann eine Perle entstehen, man bezeichnet die Hypostracum-Schicht daher auch als Perlmutt. Perlmuscheln gibt es im Meer (z.B. Pinctada), aber auch im Süßwasser (Margaritifera in Mitteleuropa und Nordamerika, Hyriopsis und Cristaria in Ostasien). Die menschliche Nutzung der Perlen in der Schmuckherstellung hat eine lange Geschichte; die Nutzung von Perlen aus dem Meer überwiegt die der viel selteneren Süßwasserperlen erheblich.

Wo die auf natürlichem Wege gebildeten Perlen nicht ausreichen, um die Nachfrage des Marktes zu befriedigen, werden Perlen inzwischen durch künstliches Einpflanzen von Fremdkörpern in Muscheln erzeugt und Perlmuscheln, ähnlich wie Miesmuscheln, auf Bänken (Aquakulturen) gezüchtet. Die Zucht von Muscheln auf Muschelbänken (besonders Austern und Miesmuscheln, die auch natürlich solche Bänke bilden) findet an nahezu allen Küsten der Welt statt.

Die Perlengewinnung aus der Flussperlmuschel (Margaritifera margaritifera) stellt ein ökologisch fragwürdiges und im Falle der europäischen Perlmuscheln ein fatales Unterfangen dar. In den Flüssen und Bächen ist die Flussperlmuschel heute, natürlich auch bedingt durch die steigende Wasserverschmutzung, zusammen mit der unkontrollierbaren Perlenwilderei über Jahrhunderte, so gut wie ausgestorben.

Nicht nur wegen der von ihnen produzierten Perlen gehören Muscheln für den Menschen zu den wirtschaftlich wichtigsten Weichtieren. Paläolithische Muschelhaufen (Køkkenmøddinger, dänisch für Küchenabfallhaufen), die man an menschlichen Siedlungsstätten ausgegraben hat, zeugen schon aus der Altsteinzeit von der Bedeutung von Muscheln (vorwiegend Herz- und Miesmuscheln) als menschliches Nahrungsmittel.

Quellenangaben: